Möglichkeiten für Patienten Wenn Ärzte pfuschen

Wenn die Heilung nicht so komplikationslos wie erhofft erfolgt, geht mancher Kranker auf die Barrikaden. Nicht alles ist dabei sinnvoll. Das können Sie tun, wenn Sie an der Qualität Ihres Arztes zweifeln. 

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Ein Mann mit OP-Narbe Quelle: dpa

Gerade erst gab die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) zu Protokoll, dass  Ärzte und Kliniken Patienten in Deutschland regelmäßig ohne ausreichenden Grund medizinische Leistungen verweigerten. Das gehe aus der Analyse von 75 000 UPD-Beratungsgesprächen hervor. Im Mai berichtete der Medizinische Dienst der Krankenkassen, dass er sich 2012 mit rund 12 500 Patientenbeschwerden von gesetzlich Krankenversicherten auseinandersetzen musste. In knapp einem Drittel aller Fälle habe sich der Verdacht des Patienten auf eine falsche Behandlung bewahrheitet.

Irren ist menschlich. Doch bei ärztlichen Irrtümern von Kunstfehlern zu reden ist Schönfärberei der Mediziner-Lobby. Tatsache ist aber auch, unter diesem Himmel gibt es für keinen Hungerleider und für keinen Milliardär die  Garantie auf eine erfolgreiche Behandlung. Jeder Krankheitsverlauf ist individuell, viele medizinische Faktoren spielen dabei eine Rolle. So bitter es ist: Oft haben Patienten schlicht ganz großes Pech. Bei einer Verkettung unglücklichster Umstände manchmal sogar tödliches Pech. Auch das muss man akzeptieren.

Das Recht auf Zweitmeinung

Wer glaubt, dass seine Malaisen aber nicht darin, sondern in Ärztepfusch begründet sind, sollte einige Punkte klären.

Während der Behandlung:

Wie ausführlich hat der Arzt im Vorfeld einer Behandlung oder einer Operation über die Risiken aufgeklärt?  Hat er dem Patienten kommentarlos den abzuhakenden Aufklärungsbogen übergeben oder ihn zu Nachfragen ermuntert und sie sorgfältig beantwortet?

Wenn Zweifel auftauchen, haben Versicherte das Recht auf die Zweitmeinung durch einen anderen Facharzt. Fasst der behandelnde Arzt das als Misstrauensvotum auf? Verweigert er die dem Patienten zustehende Übergabe wichtiger Unterlagen wie Röntgenbilder oder Laborbefunde? Kein gutes Zeichen.

Wenn auch ein zweiter Arzt die Fragwürdigkeit der ersten Behandlung bestätigt, kann sich die Einschaltung unabhängiger Gutachter durch den Patienten lohnen. Das sollte kein Schuss aus der Hüfte sein. Wer sich auf diesen Weg begibt, braucht Langmut. Bis es zu einer Entscheidung kommt, kann es Jahre dauern.

Für gesetzlich Krankenversicherte empfiehlt sich der Kontakt zu ihrer Krankenkasse. Die hilft weiter, wenn die Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen eingeschaltet werden sollen. Wie das funktioniert, findet sich im Internet.

Privatpatienten sollten ihre Versicherung zu Rate ziehen.

Gutachter sind besser als ihr Ruf

Die am häufigsten falsch behandelten Krankheiten
Platz 10: Uterus myomatosusKnapp zwei Drittel aller Fehler, die von den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer 2011 anerkannt wurden, ereigneten sich in Krankenhäusern. Auf Platz 10 der dort am häufigsten fehlbehandelten Krankheiten ist Uterus mymatosus. Dahinter verbergen sich Myome der Gebärmutter, die am häufigsten gutartigen Tumore bei Frauen. 21 Mal behandelten Krankenhaus-Ärzte diese Krankheit vergangenes Jahr falsch.Woran die zahlreichen Fehler in Krankenhäusern liegen, hat die WirtschaftsWoche bereits im April analysiert. Quelle: Fotolia
Platz 9: Gallenstein23 Mal wurden in Krankenhäusern vergangenes Jahr Gallensteine, also Cholelithiasis, falsch behandelt. Quelle: Fotolia
Platz 8: Oberflächliche VerletzungenWunden und Schrammen wurden 2011 in deutschen Krankenhäusern 26 mal falsch behandelt – womit sie auf Platz 8 landen. Bei Fehlbehandlungen in Arztpraxen erreichen oberflächliche Verletzungen Platz 10. Niedergelassene Ärzte behandelten sie nur zehn Mal falsch. Quelle: REUTERS
Platz 7: HandfrakturKnochenbrüche an der Hand behandelten Krankenhausärzte vergangenes Jahr 30 Mal falsch. Damit erreichen Handfrakturen Platz 7. Bei Fehlbehandlungen durch niedergelassene Ärzte erreichen Handfrakturen Platz 8. Sie behandelten diese Knochenbrüche 12 Mal falsch. Quelle: dapd
Platz 6: Schulter- und OberarmfrakturNur einmal mehr pfuschten Krankenhaus-Ärzte bei Brüchen an Schulter und Oberarm: Hier gab es 31 Fehlbehandlungen im Jahr 2011. Bei niedergelassenen Ärzten kommen Pfuschereien in diesem Bereich gar nicht in den Top 10 vor. Quelle: Fotolia
Platz 5: Unterschenkel- und SprunggelenkfrakturGanze 21 Mal häufiger wurden Brüche an Unterschenkel- und Sprunggelenken falsch therapiert. Hier gab es 2011 in deutschen Krankenhäusern 52 Fehlbehandlungen. In Praxen gab es bei Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen sogar mit 15 Fällen die zweithäufigsten Fehlbehandlungen. Quelle: dpa-tmn
Platz 4: OberschenkelfrakturMit 63 Pfuschereien in Krankenhäusern landen Oberschenkelfrakturen auf Platz 4. In niedergelassenen Praxen kommen Oberschenkelfrakturen nicht in den Top 10 der Fehlbehandlungen vor. Quelle: dpa

Eine Alternative ist die "Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler", die bei den regionalen Ärztekammern angesiedelt sind. Wie das abläuft, erklärt die Seite der Ärztekammer Nordrhein-Westfalen gut. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, befürchtet der Volksmund in solchen Fällen. Aber die ärztlichen Gutachter sind oft besser als ihr Ruf.

Sinnvoll kann auch der Kontakt zur einer unabhängigen Patientenorganisation sein, beispielsweise besagter UPD oder dem Patientenschutzbund.

Eines aber ist in Deutschland nachweisbar und wird von vielen Experten des Gesundheitswesens beklagt: Es bleibt für Patienten schwierig, Ärzten Fehler nachzuweisen. Daran ändert auch das im Frühjahr in Kraft getretene Patientenschutzgesetz bedauerlich wenig. Noch immer liegt die Beweislast zu einem großen Teil beim Kranken.

Eines sollten Patienten grundsätzlich nur mit größter Vorsicht goutieren und sich niemals darauf berufen: Arztbewertungen im Internet.

Zum einen greifen mehr frustrierte als zufriedene Patienten in die Tastatur um die Leistung ihres Arztes zu kommentieren. Wenige zornige Bewertungen sind also nicht repräsentativ. Zum anderen lassen sich positive Arztbewertungen schlicht kaufen.

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