Für das audiophile Lager sind das aber eher schlechte Nachrichten. Doch hier naht die Rettung. Denn DAB+ ist durchaus in der Lage, hochwertige Soundqualität zu produzieren, und zwar bei Bitraten ab etwa 128 kBit/s. Das DAB+-Klassik-Programm des Bayerischen Rundfunks beispielsweise wird mit 144 kBit/s gesendet. Die oben erwähnten Tricks SBR und PS bleiben außen vor. Außerdem kommt ein anderer klanglich besserer Codec (AAC-LC) zum Einsatz. Das hört sich auch über gute Kopfhörer schon sehr CD-ähnlich an. Olaf Korte vom Fraunhofer Institut IIS meint: "Bitraten von 128 bis 160 kBit/s mit dem Codec AAC-LC würde ich CD-nahe Qualität zusprechen".
Das wäre dann übrigens auch gegenüber UKW ein klanglicher großer Fortschritt. Zu hoffen bleibt, dass die Digitalradiosender zumindest bei anspruchsvoller Musik auf klangmindernde Tricks verzichten, auch wenn das Bandbreite beansprucht und damit mehr Geld kostet.
Der Wiwo-Praxistest
Was das Digitalradio in der Praxis leistet, hat die Wiwo-Redaktion anhand von drei Radios aus drei Geräteklassen ausprobiert. Ein Radiowecker von Pure, ein Kofferradio von Roberts und ein hochwertiges Stereo-Tischradio von Noxon mussten auf den Prüfstand. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus: Trotz großer Preisunterschiede ist die Qualität des DAB+-Empfangs bei den Geräten ungefähr gleich. Die Zeiten, in denen besonders empfindliche und trennscharfe Empfangsmodule einem UKW-Radio besseren Empfang als der Konkurrenz ermöglichten, sind bei DAB+ offensichtlich vorbei.
Für den Klang wichtiger als die Signalqualität sind die Verstärkermodule und die Lautsprecher der Geräte. Da führt oft der Rotstift sein unfreundliches Regiment. Wer ein Digitalradio anschafft und auf guten Sound Wert legt, sollte also im Datenblatt vor allem auf die verwendete Lautsprecher- und Verstärkertechnik schauen.
Bei den kleineren Koffer- und Tischradios lässt sich aber meistens gar nicht beurteilen, ob der DAB+-Klang wirklich fast so gut ist wie von CD. Denn die Sound der kompakten Geräte ist generell nicht gut genug, um mögliche Unterschiede auch deutlich hörbar zu machen.
Der Wiwo-Praxistest zeigt daneben, dass manchmal ein paar Zentimeter über noch ausreichenden Empfang entscheiden können. Das ist ein entscheidender Vorteil der Digitaltechnik: Auch schwacher Empfang ab etwa 20 Prozent der maximalen Signalstärke genügt für klaren rauschfreien Klang.
Fazit: Das Radio lebt
Die Versprechungen des Digitalradios sind zwar recht vollmundig, teilweise aber auch berechtigt. Wenn der Ausbau der DAB+-Sendestationen fortschreitet, dürfte der Empfang in entlegenen Regionen noch stabiler werden. Auf der Haben-Seite steht auch das größere Klangpotenzial gegenüber UKW – sofern es von den Sendern denn genutzt wird. Mit den schicken Digitalradios ist eine neue Geräteklasse entstanden, die mit Netzwerkanschluss und Internetradio noch mehr Informationen und Unterhaltung ins Wohnzimmer bringt. Das gute alte Radio wird also auch in Zukunft zur Grundausstattung eines jeden Haushalts gehören.