Als Apple im Januar 2007 das erste iPhone vorstellte, waren nicht nur die Funktionen, sondern auch die Preise revolutionär: Das Smartphone wurde in Deutschland ausschließlich in Verbindung mit einem Telekom-Vertrag für mehrere hundert Euro angeboten. Zum Vergleich: Das zu dem Zeitpunkt aktuelle Sony Walkman-Handy W880i kostete vertragsfrei rund 350 Euro. Trotz des hohen Preises ging die Rechnung für Apple auf: Rund sechs Millionen Mal verkaufte sich das Gerät bis zur Einführung des Nachfolgemodells.
Die Preise für Smartphones aus dem High-End-Bereich haben sich seit 2007 kaum geändert. Die aktuellsten Top-Modelle werden vertragsfrei für rund 600 Euro angeboten. Die Gründe hierfür liegen in den Produktionskosten: Diese ändern sich von einer Gerätegeneration auf die nächste kaum. Das lässt sich zumindest bei iSuppli herauslesen. Die Hardwareanalysten erstellen bereits seit Jahren Liste sämtlicher Kosten der Herstellung eines Smartphones - von der Verpackung über das Mobilfunkmodul bis hinzu Speicher und Display.
Die Produktionskosten des iPhone 5
Die Herstellung des 1800mAh-Akkus kostet für alle iPhone-5-Modelle 4,50 US-Dollar.
6,50 US-Dollar für die 16-, 32- und 64 GB-Modelle
Die Produktionskosten liegen bei allen Modellen bei 44 US-Dollar.
Für die Herstellung der Kameras (8 Megapixel und 1,2 Megapixel) wurden in allen Kategorien 18 US-Dollar fällig.
33 US-Dollar für alle Versionen des neuen iPhones.
Die Produktionskosten für die NAND Flash belaufen sich beim 16 GB-Modell auf 10,40 US-Dollar, beim 32 GB auf 20,80 US-Dollar und beim 32 GB auf 41,60 US-Dollar. Die Produktion der DRAM kostete für alle Modelle 10,45 US-Dollar.
8,50 US-Dollar kostet die Produktion der Netzführung in allen Bereichen.
Der A6-Prozessor kostet in der Produktion für alle Modelle 17,50 US-Dollar.
Für jede Kategorie müssen 34 US-Dollar investiert werden.
Für die Hardware BTv4.0 + Dual-Band Wireless-N werden jeweils 5 US-Dollar fällig.
Für Bauteile und Zusammenbau, in der Branche als Bill of Materials (BOM) bezeichnet, ergab sich für das iPhone im ersten Analysejahr ein Wert von etwa 230 Dollar. In den Folgejahren wiederholte iSuppli das Prozedere. Und fand heraus: Meist lagen die Produktionskosten der Geräte bei rund 200 Dollar - trotz neuer Technologien und fortschreitender Entwicklung. Bei anderen Herstellern sind vergleichbare Zahlen erkennbar. So lag die BOM des Samsung Galaxy S3 bei rund 200 Dollar, die des Google Nexus 5 bei gerade einmal 150 Dollar.
Die versteckten Kosten
Würden nur die Produktionskosten den Endpreis eines Smartphones ausmachen, müssten viele Geräte weit unter ihren Verkaufspreisen angeboten werden. Doch diese machen nur einen Teil der Gesamtkosten aus. Je nach Anbieter kommen Marketing- sowie Entwicklungs- und Lizenzkosten dazu - und diese sind schwierig zu beziffern.
Samsung zum Beispiel schlüsselt in seinen Quartalszahlen nicht konkret auf, wie viel Geld in Werbung gesteckt wird. Konkurrent Apple geht mit solchen Zahlen ebenfalls vorsichtig um. Doch 2012 musste der Konzern aus Cupertino seine Marketingkosten im Rahmen eines Gerichtsprozesses offiziell preisgeben. Dabei zeigte sich: Seit Einführung des iPhones im Jahr 2007 wurden insgesamt 647 Millionen Dollar in Werbung für das Smartphone gesteckt. Allein im Geschäftsjahr 2011 sollen es laut Apple-Zahlen 228,6 Millionen Dollar gewesen sein. Bei einem Absatz von rund 100 Millionen iPhones in dem Geschäftsjahr entfielen auf jedes Gerät folglich Marketingkosten von 2,28 Dollar.
Woran die Billig-Anbieter sparen
Die Entwicklungskosten lassen sich hingegen nur schätzen. Apple leistet sich einen großen Entwicklerstab, bringt regelmäßig eigene Neuerungen und stellt sogar das Prozessordesign selbst her - die Marge für jedes verkaufte iPhone soll laut Analysten am Ende bei rund 45 Prozent liegen. Das liegt über dem Durchschnitt der Branche, die ihre Geräte je nach Ausstattung 100 bis 200 Dollar unter dem von Apple angesetzten Preis anbieten.
Viele Anbieter des unteren Preissegments machen es sich einfacher. Statt selbst Bauteile zu entwickeln, greifen sie auf vorhandenes Material anderer Hersteller zurück.
Die Folge: Geräte gleicher Preiskategorie unterscheiden sich oft nur noch im Design, während die technischen Spezifikationen gleich sind. Oft konzentrieren sich die Anbieter auf einen bestimmten Aspekt der Funktionspalette, zum Beispiel Kamera oder Prozessorleistung. Dafür sparen sie an anderen Stellen und verbauen qualitativ schlechtere Kameras oder weniger Flash-Speicher, um die Produktionskosten zu senken.
Und vor allem im Billigsegment setzt sich ein Trend durch: Da der interne Speicher neben Display und Prozessor eines der teuersten Bauteile ist, verbauen die Hersteller nur geringe Mengen Flashspeicher in den Geräten. Will der Nutzer mehr, muss er diesen dann über einen Kartensteckplatz selbst erweitern. Ein weiteres Einsparpotential liegt in den Vertriebskosten. Ein Beispiel dafür ist aktuell der chinesische Marktführer Xiaomi. Er verzichtet auf Zwischenhändler, stattdessen verkauft er seine Geräte in China vor allem über den eigenen Onlinehandel. Hersteller wie Microsoft und Apple leisten sich hingegen Ladenlokale, in denen die Produkte präsentiert und verkauft werden. Diese Kosten müssen durch die Geräte wieder eingespielt werden.
Ein Einsparpotential bietet außerdem die klassische Werbung. Statt in Fernseh-, Zeitungs- und Internetwerbung zu investieren, bedient etwa Xiaomi die sozialen Netzwerke und nutzt Mund-zu-Mund-Propaganda. Zudem sind bei Xiaomi die Margen beim Geräteverkauf sehr knapp kalkuliert. So kostet ein technisch mit Samsung und HTC vergleichbares Gerät nur etwa 350 Euro – während die Konkurrenz die Geräte für rund 500 Euro anbietet. Vor allem die Hersteller im Niedrigpreissegment fahren diese Strategie geringer Margen, darunter asiatische Hersteller wie ZTE und LG.
Das Ende der hohen Margen?
Die hohen Margen anderer Hersteller sind wahrscheinlich nicht mehr lange zu halten, erwartet Francisco Jeronimo vom Marktforschungsunternehmen IDC. Ein Grund hierfür sei eine neue Käuferschicht: Jene, die ein einfaches Tastenhandy gegen ein neues ersetzen müssen. „Diese Käufer entscheiden sich meist für ein billiges Smartphone, da sie die teuren Funktionen der hochpreisigen Geräte gar nicht benötigen“, sagt Jeronimo.
Zudem ändert sich die Marktsituation. Laut des Marktforschungsunternehmens Canalys verliert Samsung in den Entwicklungsmärkten China und Indien seine Marktführerschaft an Billig-Hersteller wie Xiaomi oder den indischen Hersteller Micromax. Laut IDC wird Indien der am schnellsten wachsende Markt der aufstrebenden Wirtschaftsstaaten sein. Grund hierfür seien steigende Löhne und günstigere Smartphones.
Eine Veränderung des Marktes bemerkt auch Nicolas Biagosch, Geschäftsführer des Mobilfunkanbieters simyo. „Dominierten früher noch sehr hochpreisige Topgeräte weniger Hersteller den Smartphone-Markt, so gibt es heute eine sehr viel größere Bandbreite an Smartphones.“
Wie Netzanbieter um Smartphone-Verkäufe kämpfen
Weltweit wurden laut dem Marktforschungsunternehmen Gartner 2012 700 Millionen Smartphones abgesetzt. Ein Jahr später war es eine Milliarde - in diesem Jahr wird erwartet, dass 1,2 Milliarden Geräte neue Besitzer finden werden. Das Wachstum der Branche verlangsamt sich merklich, der Bedarf nach neuen Geräten sinkt. „Wir befinden uns in Europa gerade in einer schwierigen Phase. Der Markt entwickelt sich kaum weiter“, sagt Francisco Jeronimo, Forschungsleiter beim Marktforschungsunternehmen IDC. „Einige Hersteller werden ihre Margen verringern müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben.“ Dies betrifft vor allem Hersteller mit hohen Fixkosten für Forschung und Entwicklung: Samsung, Apple und Microsoft.
Balance halten
Die Zukunft gehört den Herstellern, die das Gleichgewicht zwischen Marge und Marktnähe am besten herstellen können. Der durchschnittliche Verkaufspreis für ein Smartphone wird laut Schätzungen von IDC in den kommenden Jahren sinken. Aktuell liegt dieser auf dem westeuropäischen Markt bei 420 Dollar, bis 2018 soll er auf etwa 290 Dollar sinken. In den Entwicklungsstaaten sieht es ähnlich aus: Dort soll der durchschnittliche Preis für ein Gerät von 314 auf 267 Dollar sinken.
Ein Gerät könnte den Markt in den kommenden Monaten revolutionieren: Auf der Mobile Asia Expo stellte das Softwareunternehmen Mozilla ein Smartphone zum Preis von 25 Dollar vor. Dieses soll vor allem in die Schwellenländer gehen und den Wechsel von konventionellen Handys auf Smartphones erleichtern. „Die größte Herausforderung für die Industrie wird der Mittelweg zwischen günstigen Komponenten und einer guten Nutzererfahrung sein“, prognostiziert Jeronimo.