Zukäufe und Forschung in dem Segment haben sich die Konzerne weit über eine Milliarde Euro kosten lassen. Für diese Investitionen in die Grüne Raubwanze, den Siebenpunkt-Marienkäfer und Co. gibt es vier handfeste Gründe.
1. Druck vom Handel
2006 geriet der Discounter Lidl in die Schlagzeiten. Greenpeace hatte publik gemacht, dass spanische Paprika in den Geschäften der Handelskette weit über die gesetzlichen Grenzwerte mit Spritzmitteln belastet waren. Die Folge waren massive Umsatzeinbußen.
„Die riesige öffentliche Diskussion damals und die Kritik am Einzelhandel haben zum Umdenken geführt“, entsinnt sich Ludger Breloh, gelernter Landwirt und Manager für den Einkauf bei der Rewe-Gruppe. Die sechs großen deutschen Handelsketten – Rewe, Edeka, Aldi, Lidl, Metro und Tengelmann – verpflichteten ihre Lieferanten daraufhin auf eigene, strengere Grenzwerte für chemische Spritzmittel. Meist dürfen die Erzeuger maximal 70 Prozent des gesetzlich festgelegten Wertes erreichen; Lidl gestattet sogar nur 30 Prozent.
„Wir haben den Erzeugern von Gurken, Tomaten und Paprika zudem ins Pflichtenheft geschrieben, neben chemischen Verfahren den biologischen Pflanzenschutz zu nutzen. So kam die Methode in den konventionellen Anbau“, berichtet Breloh. Verstöße gegen die internen Standards werden streng geahndet. Im Wiederholungsfall kündigen die Einzelhändler den Bauern die Lieferverträge.
Aber auch die andalusische Regionalregierung reagierte auf den Skandal. Zu wichtig ist der Gemüseanbau für die Region Almeria. Rund drei Millionen Tonnen Paprika, Tomaten, Zucchini und Auberginen reifen hier unter 300 Quadratkilometer Treibhausplastikplanen; eine Fläche unter der ganz München verschwinden könnte.
Riesige Werbetafeln links und rechts der Straßen informieren heute über Nützlinge, die Schädlinge fressen. Bauern werden im Umgang mit den Tierchen geschult. „Die ganze Produktion in Almeria wurde von chemischen Insektiziden auf 80 Prozent biologischen Pflanzenschutz umgestellt“, sagt der Agrarexperte Lucius Tamm, der am privaten Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau arbeitet. Tausende Marienkäfer fressen seither in den Gewächshäusern Läuse von Paprika- und Auberginenblättern; Tigerfliegen jagen Heuschrecken.
2. Mehr Treibhäuser
Ideal für den biologischen Pflanzenschutz sind Treibhäuser. „Denn auf dem Acker fliegen oder rennen die Nützlinge eher davon“, sagt Sabrina Sieger, Managerin beim niederländischen Weltmarktführer für Nützlinge, Koppert Biological Systems. In abgeschotteten Kulturen dagegen können sie nicht ausbüchsen. Deshalb lohnt ihr Einsatz gerade dort.
Analysten zufolge wird der Umsatz mit Produkten aus dem Gewächshaus bis 2016 auch darum weltweit um zehn Prozent jährlich zulegen. Bei einigen Nutzpflanzen ist der Freilandanbau bereits auf dem Rückzug. So pflücken Arbeiter in den USA bald mehr Tomaten in Treibhäusern als auf dem Feld.