Doch ob damit auch die Umrüstung der Stadtbusse möglich ist, ist noch unklar. Das Ergebnispapier sagt dazu nur, dass mit dem Geld aus dem Fonds für jede Region „ein individueller Masterplan“ entwickelt werden soll, „mit Digitalisierung, Intelligenten Verkehrssystemen, intermodalen Mobilitätslösungen sowie mit zunehmender Automatisierung und Vernetzung im Individual- und Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)“. Von Umrüstungsinvestitionen ist also nicht die Rede.
Es wäre nötig, denn auch im Nahverkehr gibt es Nachholbedarf. Von den rund 22.500 Nahverkehrsbussen in Deutschland fahren zwar 89 Prozent mit einer grünen Plakette, die derzeit die Einfahrt in Umweltzonen in Städten erlaubt. Doch die geben den gesetzlichen Stand von 2007 wieder und berücksichtigen ohnehin ausschließlich den Feinstaub. Sie sagen nichts über den Ausstoß von Stickoxiden.
Eine grüne Plakette bekommt auch ein Euro-4-Motor. Sollte die Politik irgendwann eine blaue Plakette für Stickoxidemissionen einführen, wäre der öffentliche Nahverkehr schnell in der Defensive.
Bei den Euro-6-Motoren, die mit guter Abgasnachbehandlung tatsächlich kaum noch Stickoxide ausstoßen, sieht die Lage ganz anders aus. Derzeit gibt es 4337 Busse mit Euro-6-Antrieb. Das entspricht einem Anteil von knapp 20 Prozent. Anders als im Pkw-Bereich wird die Abgasreinigung nicht einfach abgeschaltet, um den Harnstoff AdBlus zu sparen. Die Tanks der Dieselbusse sind größer und die Kontrollen bei Nutzfahrzeugen strenger.
Die Organisation International Council on Clean Transportation (ICCT), die den VW-Dieselskandal in den USA aufgedeckt hat, sagt sogar, dass Lkw und Busse in Deutschland sauberer sind als Pkw. Demnach stoßen moderne Lkw und Busse im Schnitt etwa 200 Milligramm Stickoxide pro Kilometer aus, Dieselautos mit Euro-6-Norm aber rund 500 Milligramm.
Fragen und Antworten zum Diesel-Gipfel
Autobauer und die Bundes- und Landesregierungen wollen auf dem Diesel-Gipfel Maßnahmen beschließen, um Fahrverbote in Großstädten zu vermeiden. Dazu liegen bereits mehrere Vorschläge auf dem Tisch. Sie reichen von der millionenfachen Nachrüstung älterer Dieselwagen bis hin zu staatlichen Prämien für den Umstieg auf umweltschonende Autos.
Quelle: Reuters
Die Autobauer möchten den Aufwand am liebsten auf die Nachrüstung älterer Selbstzünder per Software-Update beschränken. Daimler hat angekündigt, europaweit drei Millionen Diesel-Fahrzeuge mit der älteren Abgasnorm Euro 5 und dem neueren Standard Euro 6 in die Werkstätten zu rufen. Volkswagen will sogar vier Millionen Wagen in die Werkstätten rufen. Darin sind bereits die 2,6 Millionen Autos enthalten, die die Wolfsburger ohnehin wegen des Dieselskandals in Deutschland mit einer neuen Software nachrüsten müssen. Die VW-Tochter Audi hat zudem bereits europaweit die Umrüstung von bis zu 850.000 Fahrzeugen versprochen, von denen ein Großteil auf Deutschland entfällt. Hinzu kämen rund 600.000 Fahrzeuge mit der älteren Euro-5-Abgasnorm, die ebenfalls nachgerüstet werden sollen.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat bereits deutlich gemacht, dass die Software-Nachbesserung nur ein erster Schritt sein kann. Sie fordert, dass die Autobauer die Fahrzeuge in einem weiteren Schritt auch bei der Hardware nachrüsten, also technische Umbauten vornehmen. Das ist teurer. Von den Autobauern werden auf dem Gipfel Aussagen erwartet, wann und wie sie dazu in der Lage sind.
Durch ein Software-Update soll die Motorsteuerung so verändert werden, dass sich der Stickoxid-Ausstoß verringert. Ein ähnliches Verfahren wurde bereits bei der Reparatur der von Volkswagen manipulierten Fahrzeuge sowie bei Modellen mit auffällig hohen Abgasen anderer Hersteller angewandt, vor allem von Mercedes. Bei diesen sank der Schadstoffausstoß im Schnitt um rund ein Viertel.
Für die neue Software fallen, umgerechnet auf das einzelne Fahrzeug, weniger als 100 Euro Kosten an, die Werkstattkosten pro Auto schätzen Branchenkenner auf bis zu 300 Euro. Die Software kann aber nur bei etwa der Hälfte der Euro-5-Diesel überhaupt eingesetzt werden. Und: Das neueste Niveau Euro 6 wird damit nicht erreicht. Die Kosten dafür lägen Schätzungen zufolge insgesamt bei etwa einer bis 1,5 Milliarden Euro.
Viel teurer und technisch nur bei wenigen Autos machbar wäre eine Hardware-Lösung. Motor und Abgasstrang müssten durch einen SCR-Katalysator und einen Harnstoff-Tank ergänzt werden. Dafür reicht der Platz im Fahrzeug in der Regel nicht. Die Kosten lägen nach Branchenschätzungen bei 1500 bis 3000 Euro pro Auto.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der im Aufsichtsrat von VW sitzt, hat Anreize für einen Umstieg auf moderne Diesel oder Elektroautos vorgeschlagen. Denkbar seien steuerliche Anreize oder eine Art Klimaprämie, die von Industrie und Staat angeboten würde. Die IG Metall spricht sich zusammen mit Betriebsräten in der Automobilindustrie für eine "Öko-Prämie" aus, um alte Selbstbrenner schneller auszutauschen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) brachte eine Reduzierung der Kfz-Steuer für moderne Euro-6-Diesel ins Gespräch. In der Bundesregierung stoßen solche Kaufanreize aber auf Widerstand.
Dobrindt hat zudem einen Fonds in dreistelliger Millionenhöhe, gefüllt von Bund und Branche, gefordert. Damit soll Kommunen geholfen werden, mit technischen Lösungen den Verkehr flüssiger zu steuern und damit den Schadstoff-Ausstoß zu begrenzen. Die Industrie kann dem wenig abgewinnen.
Der Gipfel soll Regierungskreisen zufolge vier Expertenrunden einsetzen, deren Ergebnisse nach der Bundestagswahl in Gesetzestexte fließen könnten. Eine Runde soll sich mit "Kommunalem Verbesserungsmanagement" befassen, eine mit "Digitalisierung", eine mit den technischen Details der Nachrüstung. Besonders umstritten war eine Runde mit dem Arbeitstitel "Transformation der Autoindustrie", wo der beschleunigte Weg hin zu alternativen Antrieben vorgezeichnet werden soll.
Im Klartext: Ein moderner Bus braucht zwar viel mehr Diesel-Kraftstoff, hat aber einen deutlich niedrigeren Schadstoffausstoß als ein einzelner neuer Diesel-Pkw.
Hinzu kommen ein paar wenige Brennstoffzellen-Hybride und Elektrobusse. Doch deren Anzahl liegt bei unter 100 Stück in Deutschland: Es sind eher Busse, die in Pilotprojekten fahren. Großstädte wie Hamburg, Köln und Bonn experimentieren damit.
Mehr als drei von vier Bussen sind also noch mit Euro-5-Motoren und schlechteren Antrieben unterwegs. Aber Bronnenberg und der Padersprinter machen es vor: Die Umrüstung ist machbar, wenn man es will.