Lkw-Kartell EU verhängt Rekord-Strafe

14 Jahre lang haben sich die größten Lkw-Bauer über Preise und Technologien abgesprochen. Dafür verhängt die EU eine Rekordstrafe. Daimler muss die höchste Einzelstrafe zahlen, ein anderes Unternehmen bleibt straffrei.

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Wen die EU-Kartellwächter zur Kasse gebeten haben
Ideal Standard – 326 Millionen Euro Quelle: DPA
Pilkington Group Quelle: PR
Siemens Quelle: DPA
Hoffmann-La Roche Quelle: REUTERS
Thyssenkrupp Quelle: Dpa
Iveco Quelle: REUTERS
Microsoft Quelle: DPA

Wegen unerlaubter Preisabsprachen müssen mehrere Lastwagenbauer eine Rekordstrafe von knapp 2,93 Milliarden Euro bezahlen. Betroffen sind Daimler, Iveco, DAF und Volvo/Renault, wie die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel mitteilte.

Die Münchner VW-Tochter MAN kommt als Hinweisgeber straffrei davon – im Raum stand eine Strafe von 1,2 Milliarden Euro. Die höchste Einzelstrafe entfällt mit rund einer Milliarde Euro auf Daimler. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager betonte, die Brüsseler Behörde habe mit der Rekordstrafe ein Ausrufezeichen gesetzt.

2011 hatte die EU-Kommission das Verfahren eröffnet und die Geschäftsräume von mehreren Unternehmen durchsucht. Dabei kam heraus, dass in die Absprachen auch Mitglieder der höchsten Führungsebenen der Firmen verwickelt waren und man sich dazu auch am Rande von Branchenmessen traf.

„Die Einigung beendet das EU-Kartellverfahren“, sagte eine Daimler-Sprecherin am Dienstag. Daimler bedauere die Vorfälle und habe Konsequenzen gezogen. So seien interne Kontrollen gestärkt und Mitarbeiter verstärkt geschult worden.

Die höchsten Kartellstrafen der EU-Kommission

Der Autobauer hatte 2011 eine erste Rückstellung in unbekannter Höhe für drohende Strafen aus dem Kartellverfahren vorgenommen, die 2014 um 600 Millionen Euro erhöht wurde. Im zweiten Quartal hat der Konzern weitere 400 Millionen Euro für „Aufwendungen im Zusammenhang mit rechtlichen Verfahren“ verbucht. Aus „prozesstaktischen Gründen“ lege der Konzern aber nicht offen, wofür diese Summe gedacht ist, so die Sprecherin. Zusammen genommen würden sich daraus aber Rückstellungen von mindestens einer Milliarde Euro ergeben.

Korruptionsaffäre bei MAN brachte das Verfahren ins Rollen

Auch Volvo hatte bereits ein Finanzpolster gebildet. Im Gegensatz dazu hat MAN kein Geld zur Seite gelegt. MAN war einige Jahre zuvor durch eine Korruptionsaffäre erschüttert worden, woraufhin fast der gesamte Vorstand einschließlich Konzernchef Hakan Samuelsson den Hut nehmen musste. Damals wurde das gesamte Unternehmen auf den Kopf gestellt und die internen Regeln guter Unternehmensführung verschärft. In diesem Zusammenhang soll MAN Insidern zufolge damals die EU eingeschaltet haben. Das Unternehmen dulde keine unlauteren Geschäftspraktiken oder gesetzes- beziehungsweise regelwidriges Verhalten, teilten die Münchner am Dienstag mit.

Das 1997 gegründete Kartell war nach Angaben der europäischen Wettbewerbshüter 14 Jahre lang aktiv, es gab Absprachen auf der höchsten Führungsebene. Die meisten Firmen räumen demnach ihre Schuld ein und haben einem Vergleich zugestimmt. Die EU-Kommission minderte die Geldbußen für Volvo/Renault, Daimler und Iveco, weil diese mit der Behörde bei ihren Ermittlungen zusammengearbeitet haben. Gegen Scania laufen die Ermittlungen weiter.

Der US-Produzent Paccar, dessen Lastwagen unter der Marke DAF fahren, erhielt eine Strafe von rund 753 Millionen Euro. Der schwedische Hersteller Volvo und der französische Konzern Renault, die beim Lkw-Bau zusammenarbeiten, müssen in dem Kartellverfahren insgesamt rund 670 Millionen Euro zahlen. Der italienische Konzern CNH mit seiner Lkw-Marke Iveco muss mit rund 495 Millionen Euro geradestehen. Die Geldbußen aus Brüssel wurden jeweils um zehn Prozent reduziert, weil die Firmen an dem Vergleich beteiligten. Strafmildern berücksichtige die EU-Kommission zudem, wenn die Unternehmen zur Aufklärung beitrugen.

Die Mitglieder des Kartells haben sich mehrere Formen unerlaubter Zusammenarbeit zuschulden kommen lassen. So haben sie ihre Verkaufspreise für mittelschwere und schwere Lastwagen abgesprochen und sich auch beim Zeitplan für die Einführung von Technologien zur Minderung schädlicher Emissionen verständigt. Die Kosten für diese Technologien gaben sie an ihre Kunden weiter.

EU-Wettbewerbskommissarin Vestager betonte die wirtschaftliche Bedeutung von Lastwagen für den Warentransport in Europa. „Daher kann nicht hingenommen werden, dass MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF, die zusammen etwa neun von zehn der in Europa produzierten mittelschweren und schweren LKW stellen, untereinander ein Kartell bilden, anstatt miteinander zu konkurrieren.“

Die bisher höchste Kartellstrafe von 1,4 Milliarden Euro verhängte die EU-Kommission 2012 gegen die Hersteller von Bildröhren für Fernsehgeräte und Computermonitore.

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