Erstmals seit der Finanzkrise muss Rupert Stadler einen kräftigen Gewinnrückgang vermelden, doch der Audi-Chef verbreitet Gelassenheit. „Ich bin tief entspannt“, verkündete Stadler heute in Ingolstadt anlässlich der Vorlage der Jahresbilanz für das vergangene Jahr. „Das Ziel von zwei Millionen verkauften Audis für 2020 gilt“, sagte der Vorstandschef. Im vergangenen Jahr hat Audi fast 1,6 Millionen Fahrzeuge abgesetzt, gegenüber 2012 ein Plus von acht Prozent.
Weit beunruhigender ist dagegen der Blick auf die Ertragsentwicklung: Für das Jahr 2013 präsentierte Stadler einen Gewinn nach Steuern von vier Milliarden Euro – acht Prozent weniger als im Vorjahr. Sicher, die hohen Investitionen in neue Fabriken, auch negative Währungseffekte drücken den Gewinn, aber eben auch ein verschärfter Wettbewerb mit steigendem Druck auf die Preise, erklärte Audi-Finanzvorstand Axel Strotbek.
Daimler, derzeit die Nummer Drei im Premium-Segment, hat mit seinen neuen C- und S-Klasse-Modellen zuletzt eine beeindruckende Offensive hingelegt. Die Stuttgarter steigern ihren Absatz derzeit deutlich stärker als Audi und könnten den Hersteller aus Ingolstadt demnächst sogar von Rang Zwei verdrängen. Stadler hält indes unverdrossen an seinem Ziel fest, BMW als Premium-Hersteller Nummer Eins ablösen zu wollen.
Leicht dürfte das nicht werden. Denn Audi hat mit tief liegenden strukturellen Problemen zu kämpfen. Anders als Konkurrent BMW, der mit seinem Vollelektro i3 immerhin einen beachtlichen Marketingerfolg erzielt hat, hat Audi keine schlüssige Strategie für die Entwicklung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben.
Antriebe mit Brennstoffzelle seien in Zukunft vorstellbar, sagt Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg. Gleichzeitig will Audi auf Benzinmotoren setzen, die mit schadstoffarmen Kraftstoffen wie e-gas und e-ethanol betrieben werden. Außerdem will Hackenberg den TDI-Dieselmotor weiter entwickeln, hat mit dem A3 g-tron ein Auto im Angebot, das wahlweise mit Benzin oder Erdgas fährt und mit dem A3 e-tron einen Plug-in-Hybrid. Um die Palette zu vervollständigen, will Hackenberg nun auch den R8 e-tron als Vollelektro bauen, wohl eher ein Liebhaber-Auto fürs Schaufenster, das Audi in Zukunft für einen hohen sechsstelligen Betrag anbieten will. Von allem ein bisschen und nichts richtig. So kann man die Strategie umschreiben.
Es fehlt an Strategie
Solche Einwände lässt man in Ingolstadt freilich nicht gelten. „Immerhin müssen wir bei unserer Strategie keine neuen Fabriken bauen, die erst gefüllt werden müssen“, sagt Entwicklungschef Hackenberg in Richtung der Konkurrenz aus München. Ob der i3 mit einer Reichweite von gerade Mal 160 Kilometern bei den Kunden ankomme, sei ohnehin fraglich.
Doch es ist nicht nur die fehlende Strategie zur Entwicklung alternativer Antriebe, die Audi künftig Probleme bereiten dürfte. Dem Premium-Anbieter aus Ingolstadt fehlen für die kommenden zwei Jahre auch neue Volumenmodelle. Einen Nachfolger des Roadster TT hat Audi im Programm, auch einen Stufenheckversion des A3. Neue Autos, mit denen der Hersteller den Rivalen Marktanteile abjagen könnte, fehlen dagegen. Die Volumenmodelle A4, A6, A8 sind bereits in der zweiten Hälfte ihrer Lebenszyklen angekommen.
Stadler habe zwar den Vertrieb spürbar vorangebracht, technologisch aber kaum Akzente gesetzt, bemängeln Kritiker. Man habe sich schlicht zu sehr auf den Erfolgen der Vergangenheit ausgeruht. Mit der Gelassenheit dürft es bei Stadler denn auch bald vorbei sein. Denn der Punkt dürfte kommen, an dem Volkswagen-Aufsichtsratschef und Firmenpatriarch Ferdinand Piech die Geduld verliert. Der Druck in Ingolstadt steigt.