Winterkorn vor Abgas-Ausschuss Die fragwürdige Demut des Martin W.

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Am ehrlichsten wirkte Winterkorn, als er schwieg

Man kann nun über die Bezeichnung „Schreckensregime“ sicher unterschiedlicher Meinung sein, aber nach einer offenen Diskussionskultur, in der ehrlich und ohne Vorbehalte über Probleme und Herausforderungen gesprochen wird, klingt das nicht.

Warum sonst sollten unmögliche Anforderungen verschwiegen und belastende Beweise verdreht worden sein? In Zeiten, in denen die Dokumente aus den USA ein organisiertes und professionelles Vertuschen des Skandals nahelegen, zeichnen diese Einblicke kein gutes Bild vom Innenleben des Konzerns.

Und auch Winterkorn selbst hinterlässt nicht den besten Eindruck. Er scheint selbst nach anderthalbjähriger Bedenkzeit immer noch der Meinung zu sein, dass intern nichts schief gelaufen ist. Die vermutlichen Abläufe, die die US-Ermittler rekonstruiert haben, taugen für einen spannenden Hollywood-Thriller. Er, der detailversessene Chef, will davon nichts mitbekommen haben.

Am ehrlichsten wirkte Winterkorn in einer Szene, in der er schwieg: Auf die Frage, ob ihm die Diskrepanz zwischen den kleinen AdBlue-Tanks und den langen Wartungsintervallen nicht aufgefallen sei, starrte er nur in den Raum und sagte nichts. Es dürfte eine Frage sein, die er sich in den vergangenen 16 Monaten sehr oft selbst gestellt hat. Und wie es scheint, ist selbst der begnadete Techniker Winterkorn nicht zu einer zufriedenstellenden Antwort gekommen – oder zumindest zu keiner, die er öffentlich verkünden will.

Doch das sind natürlich nur „Soft Facts“. Wer auf neue, harte Fakten gehofft hatte, wurde enttäuscht. Vermutlich lag das auch am Forum des Untersuchungsausschusses, der sich vor allem um die politische Aufklärung im Berliner Parteienwesen kümmert. So kam es, dass sich Winterkorn zum Ende der Sitzung „für die faire Behandlung“ bedankte.

Von den deutschen und amerikanischen Staatsanwälten sollte er das besser nicht erwarten.



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