Stelter strategisch

Banken shorten, statt Bitcoin kaufen

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Am Mittwoch kostete der Bitcoin über 11.000 Dollar, fiel aber in einem Flash-Crash um 20 Prozent. Überzeugt von der Bitcoin-Technologie? Dann strategisch Finger weg von Banken und taktisch Finger weg von Bitcoin.

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Bitcoin-Münze Quelle: REUTERS

„Was halten Sie von Bitcoin?“ wurde ich schon oft gefragt. Dabei hängt die Häufigkeit der Frage eindeutig mit der Kursentwicklung zusammen. War sie vor einem Jahr noch selten, so begegnet sie mir nach einem Kursanstieg von mehr als 700 Prozent alleine in diesem Jahr fast täglich. Ohne ein Experte für Kryptowährungen zu sein, finde ich die Blockchain-Technologie zumindest sehr interessant. Erlaubt sie doch die lückenlose und fälschungssichere Dokumentation von Transaktionen. Ganze Geschäftsprozesse lassen sich auf diese Weise abbilden und man kann sich vorstellen, dass in Zukunft Grundbücher und Notariatstätigkeiten anders aussehen oder gar völlig in die digitale Welt abwandern.

Auch als Zahlungsmittel mögen die Kryptowährungen überleben und den lang gehegten Traum wahr machen, globale privat organisierte Währungen zu haben, die zu einander im Wettbewerb stehen und deshalb anders als unsere heutige Geldwirtschaft frei von staatlicher Manipulation (also konstanter Entwertung) zu sein. Theoretisch eine attraktive Vorstellung, deren praktische Realisierung angesichts der Interessen von Staaten und Notenbanken jedoch sehr unwahrscheinlich ist. Staaten werden beispielsweise bei Steuerzahlungen immer auf Leistung in Euro, Dollar, Pfund oder Yen bestehen.

Bitcoin kaufen?

Stellt sich die Frage, ob man in Bitcoins investieren sollte. So attraktiv die Technologie ist, so schwer ist es den fairen Wert zu bestimmen. Zwar steigen die Produktionskosten wegen des immer höheren Stromverbrauchs beim „Mining“ der Coins mit immer größerer Rechenkapazität an. Schon heute verbrauchen die Produzenten von Bitcoins mehr Strom als Irland und hielte das derzeitige Wachstum an, würde schon 2020 die weltweite Stromproduktion nur noch zum „Mining“ von Kryptowährungen herangezogen werden. Aus den damit unweigerlich steigenden Kosten entsprechend steigende Preise herzuleiten, ist jedoch nicht zulässig. Nicht selten konnte man in Rohstoffmärkten erleben, dass die Preise unter den Produktionskosten lagen.

Knappheit als Argument überzeugt auch im Umfeld explodierender Schulden und Geldmengen nicht. Denn dann müsste beispielsweise Gold deutlich höher notieren und parallel zur Ausweitung von Geldmengen und Schulden steigen. Wie wenig sich die natürliche Knappheit von Gold in den relativen Preisen niederschlägt, verdeutlicht folgende Rechnung: Um die Staatschulden der USA auf einen Schlag zu tilgen, bräuchte es eine Aufwertung der Goldbestände der USA um 70.000 US-Dollar pro Unze. Für Italien und Frankreich genügten 25.000 US-Dollar, um alle Schulden zu tilgen, während Deutschland schon bei 18.000 US-Dollar alle Staatsschulden los wäre.

Dies zeigt die Bedeutung der Goldvorräte, die diese Länder in den Nachkriegsjahren aufgebaut haben. Griechenland könnte erst bei einer Aufwertung um 80.000 US-Dollar je Unze alle Schulden tilgen, für Japan müsste der Preis des Goldes um rund 410.000 US-Dollar steigen, um den Staatsschulden zu entsprechen.

Obwohl wir wissen, dass Staaten und Private untragbare Schuldenlasten angehäuft haben und weiterhin anhäufen, geben wir uns mit Goldpreisen um die 1300 US-Dollar die Unze zufrieden. Zwar mögen die Kryptowährungen relativ knapper als Gold sein, im Unterschied zu Gold verfügen sie jedoch nicht über eine mehr als 6000 jährige Tradition als Wertaufbewahrungsmittel und können nicht in der Hosentasche (über Grenzen) transportiert werden.

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