Zwischen den Hauptquartieren von Italiens beiden größten Banken liegen nicht einmal 20 Minuten Fußweg, und doch Welten. Während Branchenprimus Unicredit mitten in den Wirrnissen von Europas Bankenkrise steckt, tut sich in einer kleinen Seitenstraße gleich hinter der Mailänder Scala ein Stück heile (Banken-)Welt auf. Hier residiert mit Intesa Sanpaolo Italiens zweitgrößte Bank und, wenn man so will, ein kleines Bankenwunder. Denn ausgerechnet dieses führende Institut aus der derzeit problematischsten Volkswirtschaft des Euro-Raums schlägt sich ziemlich prächtig.
Die Bank schnitt im Sommer im Stresstest der Europäischen Zentralbank mit einer Kapitalquote unter Stress von 10,2 Prozent deutlich besser ab als viele deutsche Banken. Zwar fiel der Überschuss der Bank im zweiten Quartal um vier Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, weil die Bank höhere Rückstellungen für notleidende Kredite bilden musste. Allerdings sind sich Bankanalysten einig: mittelfristig geht es für die Bank wieder aufwärts. Carlo Messina ist Vorstandschef dieser Bank. Wie besteht er in Italiens unseliger Bankenlandschaft?
Herr Messina, Sie sind ein echtes Unikat: Der einzige Bank-Chef Italiens, der sich derzeit keine Sorgen um die Zukunft seiner Bank machen muss. Warum geht es Ihnen besser als der Konkurrenz?
Wir haben durch die Fusion aus Banca Intesa und Sanpaolo IMI bereits vor einigen Jahren eine starke Gruppe geschmiedet. Ein Vorteil ist sicher, dass die Gruppe vor allem in dem erfolgreichen Teil Italiens geformt wurde, der vergleichbar ist mit der Wirtschaftskraft Deutschlands.
Teure juristische Niederlagen der Deutschen Bank
Das Geldhaus legt einen Streit mit der Stadt Mailand über umstrittene Zinswetten gegen eine Millionen-Zahlung bei. Insgesamt erhält die italienische Wirtschaftsmetropole 455 Millionen Euro. Die Entschädigungszahlung teilen sich vier Banken.
Der Konzern steht für zwielichtige Hypotheken-Geschäfte der US-Tochter MortgageIT gerade. Um eine Klage aus der Welt zu schaffen, fließen 202 Millionen Dollar.
Die EU-Kommission bestraft mehrere Finanzinstitute wegen der Manipulation von Zinssätzen wie dem Libor mit Bußen von insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Die Deutsche Bank muss mit 725 Millionen Euro die größte Zahlung leisten.
Das Institut zahlt 1,9 Milliarden Dollar in einem Streit um Hypothekenpapiere in den USA. Die beiden staatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac fühlten sich bei Hypothekengeschäften aus den Jahren 2005 bis 2007 übers Ohr gehauen.
Die Bank zieht einen teuren Schlussstrich unter den Dauerstreit um die Pleite des Kirch-Medienkonzerns. Insgesamt 925 Millionen Euro kostet der am Oberlandesgericht München besiegelte Vergleich. Damit beendete die Bank die juristische Auseinandersetzung um eine Mitverantwortung für die Pleite des Kirch-Konzerns 2002.
Der deutsche Branchenprimus legt 450 Millionen Euro für die Rückzahlung von Gebühren bei Verbraucherkrediten zurück. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass Bearbeitungsgebühren für Konsumentenkredite zusätzlich zu den Zinsen unzulässig sind.
Die Deutsche Bank muss wegen ihrer Verstrickung in den Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden US-Dollar zahlen. Das Institut verständigt sich mit Behörden in den USA und Großbritannien auf einen Vergleich. Es ist die höchste bislang verhängte Buße gegen eine Bank in diesem Fall.
Der Deutschen Bank droht eine weitere Milliardenstrafe. Im Streit um dubiose Hypothekengeschäfte vor der Finanzkrise fordert das US-Justizministerium 14 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro).
Nachfolgend eine Übersicht der teuersten Rechtsstreitigkeiten.
Die Kraft des Standorts alleine macht aber noch keine gute Bank aus. Fragen Sie mal bei der Deutschen Bank nach…
Wir haben sicher rechtzeitig, noch vor der großen Krise im Euro-Raum, reagiert und schon da eine deutliche Kapitalerhöhung durchgeführt. Als Italien dann Ende 2011 in die Krise rutsche, waren wir ein einer guten Position, was das Kapital angeht. Wir haben dann ganz bewusst entschieden, die Krise zu nutzen, um zu den Marktführern in Euroland aufzuschließen. Und da sind wir seitdem gut vorangekommen. Wir haben zum Beispiel unser Kosten-Einkommen-Verhältnis konsequent verbessert und sind da jetzt bei 50 Prozent. Wir haben zudem das Risikoprofil der Gruppe verbessert. So haben wir unser Engagement in italienischen Staatsanleihen um die Hälfte reduziert, von 100 Milliarden Euro auf 50 Milliarden.
Wollen Sie aus weiteren Staatsanleihen raus?
Unser Anteil ist derzeit richtig. Aber wenn sich die Lage ändert, dann würden wir das wieder verändern. Ganz raus werden wir aber nicht gehen. Es gehört zum Spiel, einen Teil der Staatsanleihen zu halten.
Kapital erhöht, Kosten gesenkt, Risiken abgestoßen – haben Sie auch konstruktiv in das Geschäft investiert?
Wir haben entschieden, das Wealth Management auszubauen. Es gibt hier im Norden Italiens sehr viele wohlhabende Menschen, mit denen wollen wir zusammenarbeiten. So können wir aus einem Zins-Margen-Geschäft ein Gebührengeschäft machen.
Gibt es im Gegenzug auch Geschäftsbereich, die Sie abstoßen möchten?
Nein. Wir sind gut aufgestellt. Ein strategisches Ziel ist sicher, den Anteil notleidender Kredite zu reduzieren. Die haben sich zwar im letzten Stresstest der EZB nicht als besonders problematisch erwiesen. Aber klar ist auch: wir möchten aus diesen Aktivitäten. Wert wiederherstellen.
Wie bei allen italienischen Banken handelt es sich auch bei Ihren notleidenden Krediten vor allem um Darlehen an kleine und mittlere Unternehmen. Wie abhängig ist Ihr Risiko vom Zustand des Landes?
Die italienische Realwirtschaft wächst ja. Das Bruttoinlandsprodukt legt um 0,5 Prozent zu. Die Situation ist für uns also gut. In den vergangenen neun Monaten haben wir das Verhältnis von notleidenden Krediten zu guten Krediten bereits um einen Prozentpunkt verbessert. Wir glauben, dass sich dieser Wert in den nächsten zwei bis drei Jahren weiter deutlich verbessern wird.
Ihre Kennziffern sind gut, Ihr Aktienkurs leidet aber dennoch. Ihre Botschaft scheint also an den Märkten nicht anzukommen.
In dem Umfeld, in dem wir uns befinden, helfen eine einmalige Dividendengeschichte und gute Zahlen alleine nicht. Wenn die Kurse aller Banken fallen, fallen eben die Kurse aller Banken. Das ist wie in der Schule: Auch wenn Sie Klassenbester sind, gehören Sie zur Klasse. Ich glaube dennoch, dass wir nicht unzufrieden sein müssen. Schauen Sie sich unser Kurs-Buchwert-Verhältnis an, da stehen wir im Vergleich zu anderen Banken im Euro-Raum gut da. Aber klar ist auch: Da ist Luft nach oben.
Ist es ein Problem, dass Investoren derzeit eher auf die Klasse an Banken schauen und nicht auf die einzelnen Institute?
Das ist eine Art der Vereinfachung, die passieren kann. Aber man darf auch nicht vergessen: Die Banken in Italien, die wirklich leiden, haben einen Marktanteil in Italien von vielleicht zehn Prozent. Und für die haben wir mit dem Rettungsfonds Atlante, in den Banken, Versicherungen und Stiftungen einzahlen, ja ein gutes Rettungsinstrument.
"Der italienische Rettungsfonds ist stark genug"
Im Fall der wohl größten Krisenbank Europas, der Monte dei Paschi die Siena, hatte man zuletzt nicht den Eindruck, dass das italienische Bankensystem sich selbst helfen kann.. Glauben Sie noch daran?
Der Abbau der notleidenden Kredite über den Rettungsfonds wird funktionieren. Der zweite Schritt, die Kapitalerhöhung, wird sicher schwieriger. Dafür brauchen Sie private Investoren und die sind derzeit zögerlich. Aber das eigentliche Geschäftsmodell der Bank funktioniert ja, sie ist die Nummer drei im italienischen Markt. Insofern glaube ich: In fünf Jahren ist das eine gute Bank.
Ist der italienische Rettungsfonds Atlante stark genug, die Bank zu unterstützen. Zuletzt war immer wieder von neuen Kapitalaufstockungen die Rede.
Der Fond ist stark genug, die drei größten Problembanken Banca Popolare di Veneto, Monte dei Paschi und Banca Popolare di Vicenza zu stützen. Dafür bekommt er noch einmal frisches Geld.
Haben Sie daran Anteil?
Wir haben beschlossen, 150 Millionen Euro zusätzlich zu geben, sodass wir am Ende eine Milliarde hineingeben, aber mehr nicht.
Wäre es nicht einfacher, beherzt einige Banken zu schließen. Italien hat schließlich so viele wie kein anderes Euro-Land.
Also zunächst ist das italienische System dem deutschen gar nicht so unähnlich. Aber klar, wir haben eindeutig zu viele Banken. Wir müssen Fusionen fördern, Synergien schöpfen.
Sie könnten einige der kleineren Banken übernehmen.
Ich werde keine Bank übernehmen, die kein Wert schafft. Wir sind zwar eine italienische Bank, aber 65 Prozent unserer Investoren kommt aus dem Ausland. Denen muss und will ich gerecht werden. Ich werde nur machen, was im Interesse unserer Investoren ist. Wir sind ja keine öffentliche Bank.
Wie lange wird die Konsolidierung des italienischen Bankensektors noch dauern?
Ich denke, nicht mehr als zwei oder drei Jahre.
Die meisten italienischen Banken hängen am ganz klassischen Einlagegeschäft. Gibt es vor dem Hintergrund des Niedrigzinsumfeldes da überhaupt eine Lösung?
Sie haben da ein deutliches Margenproblem im Nullzins-Umfeld. Erst wenn die Zinsen wieder steigen, löst sich das Problem. Und in zwei Jahren werden wir steigenden Zinsen haben, denn die derzeitige Situation ist nicht nachhaltig.
Naja, das Zinsumfeld wird sich so lange nicht ändern, wie die EZB glaubt, fehlende politische Reformen durch geldpolitische Maßnahmen ausgleichen zu müssen. Und wenn man sich die italienische Politik anschaut, scheint dort nicht mit schnellen Reformen zu rechnen zu sein.
Wir haben doch gar keine Alternative angesichts unserer Staatsverschuldung. Wir haben natürlich Stärken, die international unterschätzt werden: die Vermögenssituation der Privathaushalte etwa. Aber wir haben in der Tat auch einen großen Schwachpunkt, das ist die öffentliche Verschuldung. Wir brauchen deswegen Reformen, die Wachstum generieren und Schulden reduzieren. Ministerpräsident Matteo Renzi macht da den richtigen Job. In seinen zweieinhalb Jahren Amtszeit hat sich mehr getan als in den 20 Jahren zuvor.
Anfang Dezember wird es ein Referendum über die Verfassungsreform Renzis geben. Gefährdet das die politische Stabilität?
Das wird übertrieben bewertet. Es ist doch völlig normal, dass jemand, der Reformen durchziehen will, auch mal ein Referendum abhält. Das wird sicher kein Wendepunkt in Italiens Geschichte sein. Investoren und Journalisten sind da auch manchmal etwas panisch.
Das sagten Experten zur drohenden US-Strafe für die Deutsche Bank (vor der Entscheidung)
"Die Deutsche Bank wird diese Strafe nicht ohne Kapitalerhöhung bezahlen können. Das Eigenkapital von derzeit gut 60 Milliarden Euro sollte nicht weiter sinken. Das würde das Vertrauen in die Solidität weiter erschüttern. Die Gewinne der Bank sind derzeit so niedrig, dass sie kaum ausreichen werden, die Lücke zu füllen. Jetzt rächt sich, dass Bankenaufsicht und Bankenregulierer in den letzten Jahren nicht auf eine stärkere Erhöhung des Eigenkapitals der Deutschen Bank gedrängt haben."
"Jetzt kommt es mit Blick auf die Bank und die Beschäftigten darauf an, dass die Rechtsstreitigkeiten und damit verbundenen Unsicherheiten schnell gelöst werden. Wir erwarten, dass man einen angemessenen Kompromiss finden wird."
"Ich rechne damit, dass die Deutsche Bank am Ende vier bis 5,5 Milliarden Dollar bezahlen muss - das ist etwas mehr als bisher erwartet. Da wir im US-Wahlkampf sind, kann die Summe aber auch höher ausfallen - etwa sechs oder sieben Milliarden Dollar. Auch der Streit der EU mit Apple und Google kann durchaus dazu führen, dass die Summe höher ausfällt als vergleichbare Strafzahlungen von US-Banken.
Alles über sieben Milliarden Dollar wäre für die Deutsche Bank sehr gefährdend. Die Deutsche Bank müsste sich dann Gedanken machen, ob sie im normalen Geschäft noch mehr Risiken abbauen kann. Wenn alle Stricke reißen, müsste die Deutschen Bank ihre Kronjuwelen verkaufen - die Vermögensverwaltung - oder eine Kapitalerhöhung in Angriff nehmen. Die Deutsche Bank muss die Probleme in jedem Fall aus eigener Kraft bewältigen. Ich bin ziemlich sicher, dass es keine Staatshilfen geben wird.
Die deutsche Politik sollte sich nicht in die Verhandlungen über die Höhe der Strafe einmischen. Frankreich hat einst Öl ins Feuer gegossen, als es bei einer Milliarden-Strafe für BNP Paribas in den USA intervenierte. Das hat nichts gebracht, sondern die ganze Sache nur noch verschärft."
"Wenn die Strafe am Ende fünf Milliarden Euro oder mehr beträgt, wird die Deutsche Bank nicht um eine Kapitalerhöhung herumkommen. Investoren wollen nicht, dass die Kapitalquote der Bank zu nah an den Mindestanforderungen der Regulierer liegt."
"Wir erwarten, dass das mögliche Verhandlungsergebnis deutlich unterhalb des ersten Vergleichsvorschlags liegen wird. Eine Strafzahlung von rund 2,5 Milliarden Dollar würden wir als akzeptables Ergebnis einstufen. Eine Strafzahlung oberhalb der bestehenden Rückstellungen würde die Wahrscheinlichkeit einer Kapitalerhöhung unseres Erachtens erhöhen."
"Das Justizministerium hat die Deutsche Bank dazu auserkoren, ihren Teil beim Stopfen des enormen US-Haushaltsdefizits beizutragen."
"Angesichts der prekären Finanzlage einiger europäischer Banken, von denen die Deutsche eine des risikobehaftetsten und systemrelevantesten ist, ist dies verstörend und wirkt kurzsichtig und unnötig strafend." Selbst ein Drittel der angedrohten Strafe von 14 Milliarden Dollar wäre eine schwere Last für eine Firma mit einem Börsenwert von rund 18 Milliarden Euro. "Gigantische Forderungen unterminieren Banken, drohen einige der am meisten globalisierten, systemrelevanten Institute zu destabilisieren, just als ein Cocktail neuer Regulierungen und ultra-niedriger Zinsen die Ertragskraft zerstören. Es gibt Spekulationen um eine neue Ära der 'Auge-um-Auge'-Handelskriege. Die Deutsche Bank könnte der Prügelknabe für den Angriff der EU-Kommission auf Apple sein."
Die Märkte scheinen aber immer sensibler auf solche politischen Ereignisse zu reagieren.
Das liegt auch daran, wie stark politische Leader solche Ereignisse inszenieren. Renzi scheint ja mittlerweile selbst die Bedeutung herunterzuspielen. Und das ist sinnvoll.
Lange Zeit hat die EZB gerade Südeuropa Luft verschafft. Mittlerweile scheinen auch viele der bisherigen Nutznießer der unkonventionellen Geldpolitik die Schwächen zu sehen. Sie auch?
Gerade im Vermögensmanagement hat es durchaus Vorteile, wenn man in einem Niedrigzinsumfeld arbeitet, einfach, weil mehr Beratungsbedarf bei den Kunden besteht. Aber Banken, die in dem Bereich nicht so stark sind, haben echten negativen Druck. Dieses Umfeld setzt also auf Dauer Banken und Versicherungen zu. Die ganze Strategie ist langfristig nicht nachhaltig. Wir brauchen noch ein Jahr mit diesen niedrigen Zinsen, danach müssen wir wirklich evaluieren, ob es etwas gebracht hat. Es wäre schon besser, wenn wir in den nächsten zwei oder drei Jahren wieder in ein normales Umfeld kommen.