Intel-Chef Brian Krzanich hat im vergangenen Jahr offenbar eine große Anzahl Aktien seines Unternehmens verkauft. Das berichten mehrere US-Medien unter Berufung auf Pflichtmitteilungen an die Börsenaufsicht. Der Konzern sei zu diesem Zeitpunkt bereits über die massiven Sicherheitslücken seiner Computerchips informiert gewesen, die am Mittwoch öffentlich wurden.
Krzanich habe durch den Verkauf gut 39 Millionen Dollar, umgerechnet 32,4 Millionen Euro, erhalten. Der Manager halte seitdem nur noch die Minimalmenge an Aktien, die vertraglich vorgeschrieben sei, exakt 250.000 Aktein. Wie bei amerikanischen Top-Managern üblich war der Verkauf vorher geplant gewesen - die Anweisung sei aber erst Ende Oktober erfolgt, wie aus Unterlagen bei der US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht. Die von Forschern entdeckte Sicherheitslücke war Intel bereits seit dem Sommer bekannt.
Unter dem Strich dürfte sich Krzanich über den frühen Verkauf seiner Intel-Aktien gleich doppelt ärgern. Hätte er nämlich die Aktien erst nach Bekanntwerden der Sicherheitslücke verkauft, wäre der Insiderverdacht gar nicht erst entstanden. Und nachdem sich die Aktie seit ein paar Monaten prächtig entwickelt haben, hätte er auch noch mehr Geld für sein Aktienpaket bekommen können. Den Zahlen der Nasdaq zufolge muss er Ende November knapp 890.000 Aktien verkauft haben. Die hatte er teilweise aus Aktienoptionen erhalten und ihn pro Stück zwischen 12 und 26 Dollar gekostet. Beim Verkauf erzielt Krzanich Durchschnittskursee von 44,05 und 44,55 Dollar pro Aktie. Im Dezember aber schwang sich die Aktie bis auf 47,64 Dollar auf. Zum Börsenschluss am Mittwoch - nach Bekanntwerden der Sicherheitslücken bei Intel-Chips - kosten die Papiere immer noch bei 45,26 Dollar. Ein Dollar mehr je Aktie wäre also vielleicht drin gewesen.
Chipgigant Intel in Zahlen
Im Dezember 2016 hatte Intel 106.000 Mitarbeiter. Ungefähr die Hälfte von ihnen arbeitete in den USA.
Quelle: Intel Annual Report 2016
Die drei größten Abnehmer von Intel-Produkten gemessen am Umsatz sind Dell mit 15 Prozent, die Lenovo Gruppe mit 13 Prozent und HP mit 10 Prozent.
Quelle: Intel Annual Report 2016
Intel und seine Tochterunternehmen haben weltweit insgesamt 27 Niederlassungen. Unter anderem in Delaware (USA), in Costa Rica und Hong Kong.
Quelle: intel.de
Intel landet mit einem Umsatz von 59,4 Millionen US-Dollar auf dem 54. Platz des "Forbes-Rankings" der größten Unternehmen weltweit.
Quelle: "Forbes"
In China erwirtschaftet Intel mit 13,97 Millionen US-Dollar den größten Anteil seines Umsatzes. Mit geringem Abstand folgen die USA, Singapur und Taiwan.
Quelle: Intel Annual Report 2016
Der operative Gewinn von Intel ist von 2014 (15,34 Millionen US-Dollar) bis 2016 (12,874 Millionen US-Dollar) um 2,47 Millionen US-Dollar gesunken. Den größten Gewinn seiner Unternehmensgeschichte machte Intel im Jahr 2011 mit 17,47 Millionen US-Dollar.
Quelle: Intel
Seit Mai 2013 ist Brian Krzanich der Chef von Intel. Damit ist er der sechste CEO. Seine erste Stelle bei Intel trat der 57-Jährige im Jahr 1997 an.
Quelle: newsroom.intel.com
Im ersten Quartal 2017 verkaufte Intel 70 Prozent der Grafikchips weltweit. Seine Hauptkonkurrenten in diesem Bereich sind sind AMD (circa 13 Prozent) und Nvidia (circa 15 Prozent).
Quelle: Jon Peddie Research / statista
Andererseits ist ein massiver Aktienverkauf eines Vorstandschefs und damit des ranghöchsten Insiders eines Unternehmens auch immer ein fatales Signal an die Märkte. Schon im Dezember monierte die beliebte US-Börsenseite "The Motley Fool", dass Krzanichs Abverkauf seiner Intel-Aktien die Botschaft innewohnt, dass selbst die Unternehmensführung nicht an die Perspektiven des Chipherstellers glaubt. Zu dieser Zeit hatten nämlich Krzanich und sein Finanzvorstand mehrfach angekündigt, Intels Börsenwert bis 2021 auf mindestens 220 Milliarden Dollar zu steigern, zunächst war sogar von 300 Milliarden Dollar dei Rede gewesen. Aktuell hat Intel einen Börsenwert von 206 Milliarden Dollar. Natürlich, so die Einschränkung, könne ein Aktienverkauf auch immer ganz persönliche Gründe haben, die nichts mit den Marktaussichten des Konzerns oder dem aktuellen Börsenkurs zu tun haben müssen.
Eine Intel-Sprecherin sagte der Website „Marketwatch“, die Verkäufe hätten nichts mit den Sicherheitslücken zu tun. „Brians Verkauf hängt damit nicht zusammen“. Er sei nach dem vorgegebenen Plan automatisiert ausgeführt worden.
Sicherheitslücke besteht bereits seit zwei Jahrzehnten
Der Intel-Kurs war nach ersten Berichten über die Chip-Schwachstelle am Mittwoch um 3,39 Prozent gefallen. Die Aktie notierte am Donnerstag auch vorbörslich im Minus.
Am Mittwoch waren zwei Sicherheitslücken in Computerchips von Milliarden Geräten einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, durch die vertrauliche Daten abgeschöpft werden können.
Forscher demonstrierten, dass es möglich ist, sich Zugang zum Beispiel zu Passwörtern, Krypto-Schlüsseln oder Informationen aus Programmen zu verschaffen. Die Tech-Firmen sind dabei, die bereits seit zwei Jahrzehnten bestehende Lücke mit Software-Aktualisierungen zu stopfen. Komplett kann man das Problem aber nur durch einen Austausch der Prozessoren beheben.
Intel-Sicherheitslücke: Das sind die Angriffsszenarien
Benutzeranwendungen und das Betriebssystem sind eigentlich grundsätzlich voneinander isoliert. „Meltdown“ durchbricht diese Isolierung. Dieses Angriffsszenario ermöglicht es einem Programm, auf den Speicher und damit auch auf die geheimen Daten anderer Programme und des Betriebssystems zuzugreifen.
Wenn der Computer über einen betroffenen Prozessor verfügt und ein nicht gepatchtes Betriebssystem verwendet, ist es nicht sicher, mit sensiblen Informationen zu arbeiten, denn sie könnten durchsickern. Dies gilt sowohl für Personal Computer als auch für die Cloud-Infrastruktur. Gegen „Meltdown“ kann ein Software-Update helfen. Nach bisherigen Erkenntnissen sind nur Intel-Chips betroffen - aber fast alle seit 1995.
Das Angriffsszenario „Spectre“ durchbricht die Abschirmung zwischen verschiedenen Anwendungen. Es ermöglicht einem Angreifer, auch fehlerfreie Programme zu manipulieren, damit sie ihre sensiblen Daten preisgeben.
Paradoxerweise erhöhen die bislang verwendeten Sicherheitsüberprüfungen sogar die Angriffsfläche und können Anwendungen anfälliger für „Spectre“ machen. Allerdings ist dieses Angriffsszenario schwerer auszunutzen als „Meltdown“. Gleichzeitig ist es aber auch komplizierter, ein allgemeines Gegenmittel gegen dieses Angriffsszenario zu entwicklen. Immerhin ist möglich, die Ausführung von bereits bekanntgewordenen Schadprogrammen, die auf „Spectre“ basieren, durch Software-Patches zu verhindern.
Auf lange Sicht könnte Intel daher von der Sicherheitslücke sogar profitieren, wenn etwa Unternehmen schneller als geplant ihre bisherigen Computer gegen neue mit Prozessoren der nächsten Generation austauschen. Ein Fehler betrifft Experten zufolge nur Chips des Branchenführers Intel, ein anderer aber auch Mikroprozessoren von AMD und des Chip-Entwicklers ARM. Damit sind Laptops, PCs, Smartphones, Tablets und Internet-Server gleichermaßen bedroht.
Für die deutschen Unternehmen dürften dem Digitalverband Bitkom zufolge keine größeren Kosten durch die Schwachstellen in Computerchips entstehen. "Die Belastung der deutschen Wirtschaft durch die jüngst bekanntgewordenen Sicherheitslücken in Mikroprozessoren dürfte gering ausfallen", sagte der für IT-Sicherheit zuständige Bitkom-Experte Nabil Alsabah am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Anbieter von Betriebssystemen haben in den vergangenen Monaten bereits daran gearbeitet, die nun enthüllten Hardware-Lücken über Softwarelösungen zu schließen."
Betriebe, aber auch Privatnutzer sollten jetzt die Betriebssysteme ihrer Geräte möglichst schnell aktualisieren, um mögliche Angriffe zu vermeiden. So habe etwa Microsoft bereits ein Update für sein Betriebssystem Windows 10 veröffentlicht. Auch Google habe dies bereits für die eigenen Android-Handys getan, ebenso Apple für sein Betriebssystem MacOS.