Chip-Sicherheitslücke Intel-Chef verkaufte massenweise eigene Aktien

Intel-Chef: Brian Krzanich verkaufte massenweise eigene Aktien Quelle: dpa

Intel-Chef Brian Krzanich hat im vergangenen Jahr Aktien seines Konzerns im Millionenwert verkauft. Pikant: Der Chiphersteller soll damals bereits über die massiven Sicherheitslücken informiert gewesen sein.

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Intel-Chef Brian Krzanich hat im vergangenen Jahr offenbar eine große Anzahl Aktien seines Unternehmens verkauft. Das berichten mehrere US-Medien unter Berufung auf Pflichtmitteilungen an die Börsenaufsicht. Der Konzern sei zu diesem Zeitpunkt bereits über die massiven Sicherheitslücken seiner Computerchips informiert gewesen, die am Mittwoch öffentlich wurden.

Krzanich habe durch den Verkauf gut 39 Millionen Dollar, umgerechnet 32,4 Millionen Euro, erhalten. Der Manager halte seitdem nur noch die Minimalmenge an Aktien, die vertraglich vorgeschrieben sei, exakt 250.000 Aktein. Wie bei amerikanischen Top-Managern üblich war der Verkauf vorher geplant gewesen - die Anweisung sei aber erst Ende Oktober erfolgt, wie aus Unterlagen bei der US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht. Die von Forschern entdeckte Sicherheitslücke war Intel bereits seit dem Sommer bekannt.

Unter dem Strich dürfte sich Krzanich über den frühen Verkauf seiner Intel-Aktien gleich doppelt ärgern. Hätte er nämlich die Aktien erst nach Bekanntwerden der Sicherheitslücke verkauft, wäre der Insiderverdacht gar nicht erst entstanden. Und nachdem sich die Aktie seit ein paar Monaten prächtig entwickelt haben, hätte er auch noch mehr Geld für sein Aktienpaket bekommen können. Den Zahlen der Nasdaq zufolge muss er Ende November knapp 890.000 Aktien verkauft haben. Die hatte er teilweise aus Aktienoptionen erhalten und ihn pro Stück zwischen 12 und 26 Dollar gekostet. Beim Verkauf erzielt Krzanich Durchschnittskursee von 44,05 und 44,55 Dollar pro Aktie. Im Dezember aber schwang sich die Aktie bis auf 47,64 Dollar auf. Zum Börsenschluss am Mittwoch - nach Bekanntwerden der Sicherheitslücken bei Intel-Chips - kosten die Papiere immer noch bei 45,26 Dollar. Ein Dollar mehr je Aktie wäre also vielleicht drin gewesen.

Chipgigant Intel in Zahlen

Andererseits ist ein massiver Aktienverkauf eines Vorstandschefs und damit des ranghöchsten Insiders eines Unternehmens auch immer ein fatales Signal an die Märkte. Schon im Dezember monierte die beliebte US-Börsenseite "The Motley Fool", dass Krzanichs Abverkauf seiner Intel-Aktien die Botschaft innewohnt, dass selbst die Unternehmensführung nicht an die Perspektiven des Chipherstellers glaubt. Zu dieser Zeit hatten nämlich Krzanich und sein Finanzvorstand mehrfach angekündigt, Intels Börsenwert bis 2021 auf mindestens 220 Milliarden Dollar zu steigern, zunächst war sogar von 300 Milliarden Dollar dei Rede gewesen. Aktuell hat Intel einen Börsenwert von 206 Milliarden Dollar. Natürlich, so die Einschränkung, könne ein Aktienverkauf auch immer ganz persönliche Gründe haben, die nichts mit den Marktaussichten des Konzerns oder dem aktuellen Börsenkurs zu tun haben müssen.

Eine Intel-Sprecherin sagte der Website „Marketwatch“, die Verkäufe hätten nichts mit den Sicherheitslücken zu tun. „Brians Verkauf hängt damit nicht zusammen“. Er sei nach dem vorgegebenen Plan automatisiert ausgeführt worden.

Sicherheitslücke besteht bereits seit zwei Jahrzehnten

Der Intel-Kurs war nach ersten Berichten über die Chip-Schwachstelle am Mittwoch um 3,39 Prozent gefallen. Die Aktie notierte am Donnerstag auch vorbörslich im Minus.

Am Mittwoch waren zwei Sicherheitslücken in Computerchips von Milliarden Geräten einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, durch die vertrauliche Daten abgeschöpft werden können.

Forscher demonstrierten, dass es möglich ist, sich Zugang zum Beispiel zu Passwörtern, Krypto-Schlüsseln oder Informationen aus Programmen zu verschaffen. Die Tech-Firmen sind dabei, die bereits seit zwei Jahrzehnten bestehende Lücke mit Software-Aktualisierungen zu stopfen. Komplett kann man das Problem aber nur durch einen Austausch der Prozessoren beheben.

Intel-Sicherheitslücke: Das sind die Angriffsszenarien

Auf lange Sicht könnte Intel daher von der Sicherheitslücke sogar profitieren, wenn etwa Unternehmen schneller als geplant ihre bisherigen Computer gegen neue mit Prozessoren der nächsten Generation austauschen. Ein Fehler betrifft Experten zufolge nur Chips des Branchenführers Intel, ein anderer aber auch Mikroprozessoren von AMD und des Chip-Entwicklers ARM. Damit sind Laptops, PCs, Smartphones, Tablets und Internet-Server gleichermaßen bedroht.

Für die deutschen Unternehmen dürften dem Digitalverband Bitkom zufolge keine größeren Kosten durch die Schwachstellen in Computerchips entstehen. "Die Belastung der deutschen Wirtschaft durch die jüngst bekanntgewordenen Sicherheitslücken in Mikroprozessoren dürfte gering ausfallen", sagte der für IT-Sicherheit zuständige Bitkom-Experte Nabil Alsabah am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Anbieter von Betriebssystemen haben in den vergangenen Monaten bereits daran gearbeitet, die nun enthüllten Hardware-Lücken über Softwarelösungen zu schließen."

Betriebe, aber auch Privatnutzer sollten jetzt die Betriebssysteme ihrer Geräte möglichst schnell aktualisieren, um mögliche Angriffe zu vermeiden. So habe etwa Microsoft bereits ein Update für sein Betriebssystem Windows 10 veröffentlicht. Auch Google habe dies bereits für die eigenen Android-Handys getan, ebenso Apple für sein Betriebssystem MacOS.

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