Lufthansa Wie der Pilotenstreik die Belegschaft spaltet

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Die Bedrohung durch Ryanair scheint trügerisch weit weg

Am besten erklärt den plötzlichen Mangel an Solidarität mit der Anti-Piloten-Demo ein Schreiben der Verdi Jugend bei der Lufthansa Technik in Hamburg. Das vom Nachwuchs der Wartungstochter mit dem sozialistischen Lied-Vers „Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will“ unterzeichnete Schreiben bietet zwar wenig Verständnis für die hohe Gehaltsforderung der Cockpit-Kollegen.

Was Piloten bei Lufthansa, Condor & Co. verdienen
Pilot müsste man sein: Die ganze Welt sehen und dafür noch ordentlich Geld bekommen. Doch Pilot ist nicht gleich Pilot. Zwischen den einzelnen Fluggesellschaften gibt es ein deutliches Preisgefälle. Laut Pilotenvereinigung Cockpit bekommt ein Erster Offizier oder Kopilot anfangs ein Monatsgehalt zwischen 1500 Euro und 5000 Euro brutto. „Ein Kapitän – das wird man nach etwa 3 bis 20 Jahren als Erster Offizier – erhält je nach Luftverkehrsgesellschaft ein Anfangsgehalt zwischen 3000 Euro und 10.000 Euro“, so die Gewerkschaft. Quelle: dpa, Handelsblatt, Unternehmen Quelle: dpa
RyanairDie Piloten des irischen Billigfliegers gehören im Vergleich eher zu den Niedrigverdienern der Branche. 25.000 Euro bezahlt Ryanair seinen Kopiloten zu Beginn. Flugkapitäne ab dem 12. Berufsjahr erhalten anfangs 53.000 Euro. Ihr Maximalgehalt beläuft sich auf 85.000 Euro. Quelle: dpa
Air BerlinDie zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zahlt seinen Kopiloten zum Einstieg 45.000 Euro. Piloten bekommen bei Air Berlin zu Beginn 80.000 und in der Spitze bis zu 115.000 Euro. Quelle: dpa
Condor5050 Euro bekommt ein Condor-Kopilot zum Einstieg im Monat. Das macht eine jährliche Gesamtvergütung von 60.600 Euro. Ein Kapitän verdient zunächst 8700 Euro im Monat beziehungsweise 104.400 Euro im Jahr. In der Spitze kann sein Gehalt auf 135.600 Euro klettern. Quelle: dpa
British AirwaysDas Einstiegsgehalt der BA-Co-Piloten liegt bei 61.000 Euro. Piloten ab dem 12. Berufsjahr erhalten zunächst 77.000 Euro im Jahr. Im Laufe der Zeit kann ihr Gehalt auf bis zu 181.000 Euro steigen. Quelle: REUTERS
LufthansaLufthansa-Kapitäne gehören zu den Bestverdienern und können in der Spitze ein Jahresgehalt von bis zu 255.000 Euro bekommen – Zulagen inklusive. Schon zum Einstieg verdient ein Erster Offizier / Kopilot rund 55.500 Euro, mit Zulagen bis zu 73.000 Euro. Das Einstiegsgehalt eines Flugkapitäns ab dem 12. Berufsjahr beträgt 120.000 Euro. Quelle: dpa

Doch die Unterzeichner stört neben dem Versuch, die Belegschaft zum „Schulterschluss zwischen Mitarbeitern und Management“ aufzurufen, dass ihre Kollegen über die Gehaltsrunde den zweiten Teil des Cockpit-Kampfs übersehen: Die Verlagerung von Arbeit aus der heutigen Lufthansa mit ihren gut dotierten Tarifverträgen hin zu Billigtöchtern. „Das Schröpfen vom am besten verdienenden Teil unserer arbeitenden Belegschaft würde die Lohnspirale nach unten noch mehr anfeuern. Überall im Konzern werden unsere Tarifverträge angegriffen“, so das Schreiben.

Und am Ende heißt es: „Unterstützt die Demo unserer PilotInnen!“

„Damit sprechen die jungen Wilden der Wartung dem ganzen Konzern aus der Seele“, so ein führender Kenner der Lufthansa.

Das Dilemma: Zwar wird der Druck, unter dem die Lufthansa wirtschaftlich steht, immer offensichtlicher. So startet im kommenden Frühjahr etwa Erzrivale Ryanair ab dem Hauptdrehkreuz Frankfurt - und tritt damit direkt gegen die Lufthansa an. Einigen wie Kabinen-Gewerkschafter Baublies ist das bewusst. Er fordert darum ein schnelles Ende der Streiks und Verhandlungen zwischen Piloten und Lufthansa mit Hilfe eines Schlichters, bevor die Lufthansa in größere wirtschaftliche Probleme gerät: "Beide Seiten müssten sich erstmal wieder von ihren Dogmen verabschieden und dann an einen Tisch." Doch angesichts der in diesem Jahr für Lufthansa-Verhältnis ungewohnt üppigen Gewinne erscheint vielen anderen die Bedrohung noch weit weg.

„Das zeigt, dass Spohr trotz allem die Notwendigkeit für weitere Effizienzprogramme und den Aufbau der Billigplattformen noch nicht richtig vermittelt hat“, so der Konzernkenner. „Das mag nicht allein sein Versäumnis sein, weil seine Vorgänger die nötigen Veränderungen um des lieben Friedens willen auf die lange Bank geschoben haben“, so der Insider weiter. „Doch jetzt ist es Spohrs Problem und er muss in Sachen Veränderung jetzt nachlegen und nicht, wenn in der beginnenden Krise irgendwann mal alle mitziehen.“

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