Die meisten europäischen Frachtlinien haben gegenüber den Konkurrenten aus dem Nahen Osten kapituliert und ihre Lastenflieger verkauft. Sie füllen nur noch den Bauch ihrer Passagiermaschinen mit Paletten.
Die Lufthansa hingegen genießt einen guten Ruf, besonders beim Transport empfindlicher Güter, die keine Erschütterungen oder Temperaturschwankungen vertragen. Aber auch die Kranich-Linie prüft mittlerweile, einen Teil der Frachter abzustoßen.
Helfen würde das nur kurzfristig. Zwar ist der Transport von Ladung im Bauch der Passagiermaschinen billiger als in Lastenjets. „Doch mit eigenen Frachtern kann man auch Gefahrgüter transportieren, die an Bord von Passagierflugzeugen verboten sind“, sagt Cargo-Chef Gerber.
Dazu zählen Chemikalien oder Lithium-Akkus, die sich selbst entzünden könnten. Als umfassender Premiumanbieter kann Lufthansas Frachtsparte auch für Massenware höhere Preise erzielen, laut einer Schätzung aus Aufsichtsratskreisen bis zu 100 Millionen Euro im Jahr bei einem Cargo-Gesamtumsatz von gut 2,4 Milliarden Euro. Denn vielen deutschen Exportunternehmen ist die lufthanseatische Zuverlässigkeit einen Aufpreis wert.
Um den Vorteil trotz zunehmender Konkurrenz zu erhalten, will Gerber auf mehr Qualität setzen: „Wir sind in einem harten Wettbewerb und müssen handeln“, sagt er. Doch Gegenmaßnahmen, die schnellere Lieferung und niedrigere Kosten bringen sollen, haben in der Praxis ihre Tücken. So sollte die Zusammenarbeit mit All Nippon aus Japan dank abgestimmter Abfertigung für schnellere Lieferungen sorgen. Doch der Verbund wickelte in den ersten sechs Monaten nur 750 Sendungen ab.
Und auf das geplante neue Frachtzentrum in Frankfurt muss Gerber noch zwei Jahre warten. Eigentlich sollte der Bau in diesem Jahr starten, doch nun braucht die Passagiersparte das Geld für neue Jets.
Die Verzögerung dürfte ihn ärgern. Denn nur wenn er bei der Fracht Erfolg hat, hat Gerber eine Chance, in den Konzernvorstand aufzusteigen. Das gelang bisher immerhin dreien seiner vier Vorgänger.