WirtschaftsWoche: Herr O’Leary, Ihre Zentrale wirkt so wenig einladend wie früher. Und das, obwohl Sie jüngst eine neue warmherzige Ryanair versprochen haben. Was ist los?
O'Leary: Wie unsensibel von mir (öffnet die Arme). Lassen Sie sich in den Arm nehmen!
Wohl eher auf den Arm, oder?
Oh nein (holt eine Tüte Karotten und hält sie hin). Statt Zärtlichkeit vielleicht ein gesunder Snack?
Mal den Nonsens beiseite: Wo sehen wir die Veränderungen bei Ryanair, die Sie angekündigt haben?
Na gut, dann also deutscher Ernst. Ja, Ryanair verändert sich, aber nicht über Nacht, sondern schrittweise. Einige Neuerungen sind kosmetisch, andere grundlegend.
Zur Person
O’Leary, 52, ist seit 1994 Chef von Europas nach Passagieren größtem Billigflieger Ryanair. Sein Aktienanteil von rund vier Prozent macht den ehemaligen Wirtschaftsprüfer zu einem der reichsten Männer Irlands. Auf seiner Farm züchtet der vierfache Vater Rinder und Rennpferde.
Wieso machen Sie nun einen Schwenk zu mehr Service, nachdem Sie die Idee Anfang des Jahres noch verlacht haben?
Hätte ich doch nur geahnt, wie viel Freude und kostenlose Aufmerksamkeit das bringt. Dann wäre ich schon längst herzenswarm und kuschelig geworden. Aber wenn wir Europas größte Fluglinie werden wollen, müssen wir auch größere Airports wie Madrid, Warschau und Brüssel-Zaventem anfliegen. Dafür brauchen wir neben mehreren Flügen pro Tag auf einer Route auch mehr Service für Geschäftsreisende und anspruchsvollere Urlauber.
Wie wollen Sie Vielflieger überzeugen?
Wir sind die günstigste und pünktlichste Linie Europas. Jetzt bieten wir den Service, den Vielreisende wollen: feste Plätze, umbuchbare Tickets und die Möglichkeit, gegen Gebühr bei der Sicherheitskontrolle den schnelleren Fast-Track zu nutzen.
Für 15 Euro pro Flug, wie üblich?
Nein. Aber auch wenn wir für diese Extras höhere Preise verlangen, kosten unsere Tickets im Schnitt nur die Hälfte dessen, was die etablierten Linien verlangen.
Wann gibt es bei Ryanair Vielfliegerprogramme und Gratis-Champagner an Bord?
Nie, nur bei Kundenbindungsprogrammen schließe ich nichts aus. Aber wir machen kein bürokratisches Monster wie das Lufthansa-Vielfliegerprogramm Miles & More, sondern aufgrund des bisherigen Reiseverhaltens ein maßgeschneidertes Angebot aus Rabatten und besserem Service.
Hohe Gebühren etwa für aufgegebenes Gepäck treffen Familien. Bleibt das so?
Nein. Die neue gefühlvolle Ryanair bietet vom Frühjahr an einen Familienservice wohl mit einer eigenen Webseite und niedrigeren Gebühren für Sitzreservierung oder aufgegebenes Gepäck. Unsere 175 Euro pro Flug für eine fünfköpfige Familie sind nicht nett. Vielleicht streichen wir für Kinder diese Gebühren sogar ganz. Zudem sind wir weniger streng, wenn ein Koffer etwas größer ist als erlaubt. Wir wollen ja den Kunden nicht unnötig ans Bein pinkeln.