Olympische Spiele Sotschi wird zum Milliardengrab

In Sotschi haben Unternehmer die teuersten Olympischen Spiele aller Zeiten finanziert. Hinter den Kulissen laufen sie Sturm, da sie wohl auf den Folgekosten der Putin-Festspiele sitzen bleiben.

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Der Deutsche Eric Frenzel springt beim FIS-Weltcup-Nordische-Kombinationen im Skigebiet Russki Gorki im russischen Krasnaja Polyana Quelle: dpa

Skifahren in Sotschi war bis vor wenigen Jahren wahren Sportsleuten vorbehalten. Die durften ihre Bretter selbst den Hang hinaufschleppen, denn Gondeln gab es keine. Ein Feldweg führte entlang eines Bergflusses zu ein paar Holzhütten. Das war der Ort Krasnaja Poljana, bis Milliardär Wladimir Potanin beim Skilaufen in Österreich eine Idee kam: In den Bergen oberhalb des Schwarzmeer-Badeorts Sotschi wollte er einen Skiort nach alpinem Vorbild bauen. Gesagt, getan. Er konnte ja nicht wissen, worauf er sich eingelassen hatte.

13 Jahre später ist aus Potanins Traum ein pittoresker Kurort mit Weltklasse-Skigebiet geworden. Krasnaja Poljana, zu Deutsch „schöne Lichtung“, trägt nun den Kunstnamen Rosa Chutor, der nach Alpen klingen soll. Vom 7. Februar an lädt Russland die Welt dorthin zu den Olympischen Winterspielen. Kremlchef Wladimir Putin will das Sportfest benutzen, um Russlands Image in der Welt aufzupolieren. Bedanken kann er sich bei Potanin. Dass der konkrete Pläne für den Bau des modernen Skisportzentrums in der Tasche hatte, dürfte beim Erfolg der Olympia-Bewerbung 2006 eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Für Potanin allerdings ist der Traum von einst zum Fass ohne Boden geworden. Ihn und andere Oligarchen, darunter Oleg Deripaska und Wiktor Wekselberg, hat die Vorbereitung der Spiele viel mehr Geld gekostet als geplant. Um gut Wetter bei Putin zu machen, bauten sie Hotels, Skigebiete und Infrastruktur – der Kremlboss erwartet das als Akt des Patriotismus und zum Dank für wirtschaftliche Freiheit, die er ihnen lässt. Man kann das als Marketingmaßnahme verstehen, und bisher hat sich das stets gelohnt. Diesmal aber laufen die Kosten so sehr aus dem Ruder, dass einigen Investoren Millionenverluste drohen.

Wer die Olympischen Spiele in Sotchi finanziert

Allein Potanin, dessen Gesellschaft Interros für den Bau von Rosa Chutor 300 bis 350 Millionen Dollar veranschlagt hatte, wird am Ende mehr als zwei Milliarden Dollar gelöhnt haben – in erster Linie, weil aus einem einfachen Skigebiet ein Olympia-Austragungsort wurde mit Zuwegen, Schneekanonen, weiteren Hütten und Pisten, die ohne die Spiele nicht nötig gewesen wären. Nach den Spielen steht der nächste Umbau an, denn die Olympia-Pisten sind zu steil, als dass Anfänger dort Skilaufen könnten.

Hinzu kommt: Bauausführer und Lieferanten verlangten Mondpreise für Gewerke in Sotschi, wo angesichts des Zeitdrucks selten Zeit für ordentliche Ausschreibungen blieb. Zudem greift Korruption dort gern um sich, wo viel Geld im Spiel ist: Die Gesamtkosten der Spiele, die Moskau einst mit zwölf Milliarden Dollar bezifferte, summieren sich auf 51 Milliarden Dollar. Davon sei ein Drittel als Schmiergelder in den Taschen von Beamten oder Putin nahestehenden Baulöwen gelandet, behauptet Gian Franco Kasper, Schweizer IOC-Mitglied und Präsident des Ski-Weltverbands FIS.

Im Selbstbedienungsladen Sotschi dürften die Oligarchen selbst Opfer der Korruption geworden sein. Zwar herrscht landläufig die Meinung vor, die unter Russen verhassten Oligarchen hätten sich das Budget für Olympia unter den Nagel gerissen, um sich eine goldene Nase zu verdienen – so wie sie einst die Sowjetwirtschaft filetierten. In Sotschi allerdings hat Putin die Superreichen verdonnert, als Investoren aufzutreten und nicht als Bauträger. Sie verbauen ihr Eigenkapital und teuer verzinste Bankkredite. So müssen sie zusehen, dass sich die Projekte rasch amortisieren.

Schon jetzt steht fest: Die Spiele werden sich kaum rechnen. Wegen fehlender oder naiv kalkulierter Nachnutzungskonzepte bei überbordenden Kosten verschiebt sich der Return on Investment auf den Sankt Nimmerleinstag. „Es wird 30 Jahre dauern, bis sich die Objekte rechnen“, sagt ein Beteiligter, „wenn überhaupt.“

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