Retouren Deutschland im Rücksendewahn

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Wie sich Retouren vermeiden lassen

Für die Kunden ist der Service mittlerweile selbstverständlich. Und die Onlinehändler haben große Angst, dass sie Käufer verlieren, wenn sie Retouren erschweren. Gerade vor Weihnachten bieten sie deshalb einen Bonus und verlängern die Rückgabefristen, teilweise sogar bis Ende Januar. "Die Retourenquoten sind höher, weil die Händler die Hürden senken und den Komfort für den Kunden steigern", sagt Experte Wiedemann. "Da gilt: Besser ein glücklicher Kunde, der die Waren zurückschickt, aber beim nächsten Mal wieder kauft, als ein unglücklicher Kunde, der nie zurückkehren wird."

Dabei gibt es Wege, die Retourenquote zu senken. Detailliertere Beschreibungen und Abbildungen helfen, eine sichere Verpackung ebenfalls. Vor Weihnachten ist außerdem ein schneller Versand wichtig. Auch deshalb bieten Online-Giganten wie Amazon und Zalando mittlerweile in einigen Städten in Deutschland die Lieferung am gleichen Tag an.

Noch mehr Auswirkungen hat die Zahlungsweise: So liegt die durchschnittliche Retourenquote für Mode bei über 55 Prozent, wenn die Kunden per Rechnung zahlen können. Für Käufer, die ihre Bestellung Vorkasse leisten müssen, stürzt die Quote auf 30 Prozent ab. Doch kaum ein Händler wagt es, den Deutschen die Möglichkeit zu nehmen, erst nach der Lieferung zu zahlen.

Das Bestellen auf Rechnung hat in Deutschland im Gegenteil zu anderen Ländern Tradition: Der Hamburger Versandhändler Otto bot seinen Kunden bereits vor sechzig Jahren an, erst die Artikel im Katalog auszuwählen und später zu entscheiden, welche sie davon behalten und bezahlen wollen. In Frankreich beispielsweise ist das immernoch unüblich - die Rücksendequoten sind dort auch nur etwa halb so hoch.

Doch mittlerweile hat sich auch bei Otto die Haltung zu dem Thema geändert: So verlangte der Chef der Otto-Pakettochter Hermes, Hanjo Schneider, im vergangenen Jahr noch lauthals, er halte nicht viel von kostenlosen Rücksendungen. Der Verursacher sollte für die Kosten auch aufkommen. Geändert hat Otto an seinen Retourregeln nichts - dafür aber an seinen Arbeitsbedingungen: In Hanau in der Nähe von Frankfurt, sollen in den kommenden Jahren 300 Otto-Mitarbeiter ihren Job verlieren, berichtet die Lebensmittelzeitung.

Der Konzern will sein Retourenzentrum in dem Ort schließen. Seine Rücksendungen will Otto in Zukunft im tschechischen Pilsen sortieren und bearbeiten. Wohl auch, weil dort das Lohnniveau nicht so hoch ist wie in Deutschland. So spart sich Otto immerhin einen Teil seiner Kosten.

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