Trump Media & Technology Group Wie wertvoll ist Trumps Medienfirma wirklich?

Der Mann hinter Truth Social: Donald Trump in der vergangenen Woche in New York. Quelle: via REUTERS

Das Medienunternehmen von Donald Trump legte in dieser Woche ein fulminantes Debüt an der Wall Street hin. Die Fakten aber rechtfertigen all das kaum. Selbst das einzige Alleinstellungsmerkmal der Firma könnte bald Geschichte sein.

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Wer kein Englisch spricht und dennoch Wert auf „offene, freie und ehrliche globale Konversation ohne Diskriminierung“ legt, hat es nicht leicht. Denn schon das zitierte Hauptversprechen der Social-Media-Plattform „Truth Social“ findet sich dort nur auf Englisch wieder. Andere Sprachversionen sind zwar stellenweise vorhanden – aber eben nur stellenweise. Wer von Deutschland aus auf Truthsocial.com surft, findet dort einen wilden Mix aus englischen und deutschen Satzteilen wieder. Ein Beispiel: „Truth Social erfordert, dass Mitglieder mindestens 18 years Jahre alt sind, um an der Plattform teilzunehmen.“

Wenn diese Übersetzung von einer Künstlichen Intelligenz stammt, dann von keiner besonders guten. So viel lässt sich im Jahr eins nach ChatGPT guten Gewissens sagen. Und es lässt sich eine angebracht scheinende Frage stellen: Wie bitte soll diese Webseite hier mehrere Milliarden Dollar wert sein?

Denn hinter Truth Social steht das Unternehmen Trump Media & Technology Group (TMTG), das neben der Social-Media-Plattform keine weiteren Medienangebote betreibt und davon offenbar auch keine plant. Die Medienfirma von Ex-US-Präsident Donald Trump legte am Dienstag ein fulminantes Börsendebüt an der Wall Street hin: Die Aktie stieg um 16 Prozent auf 57,99 Dollar. Das Unternehmen kam damit auf einen Börsenwert von rund acht Milliarden Dollar. Und laut dem Finanzdienst Bloomberg kamen am Mittwoch sogar noch weitere 959 Millionen Dollar an Börsenwert hinzu.

Gleich nach Börsenstart legt die Aktie des Medienunternehmens mächtig zu und macht den Ex-Präsidenten um einiges reicher. Das habe vor allem was mit Donald Trumps Fans zu tun, sagen Experten.

Nicht nur ein Blick auf Truthsocial.com macht skeptisch, auch Börsenanalysten mahnen Anleger zur Vorsicht: Es sei gut denkbar, „dass es bei TMTG in Zukunft zu erheblichen Kursschwankungen kommt“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters etwa Susannah Streeter, Managerin beim britischen Vermögensverwalter Hargreaves Lansdown. „Sobald der Kaufrausch unter den Trump-Anhängern nachlässt, werden die Anleger dazu gezwungen, sich eingehender mit den Fakten auseinanderzusetzen.“

Und angesichts dieser Fakten spricht wenig dafür, dass der aktuelle Börsenwert des Unternehmens auch nur ansatzweise gerechtfertigt ist: Laut einem Geschäftsbericht machte Truth Social in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres 49 Millionen Dollar Verlust. In diesem Zeitraum setzte die Firma gerade einmal 3,3 Millionen Dollar um – ausschließlich durch Werbeanzeigen, die auf Truth Social ironischerweise „Sponsored Truths“ genannt werden, gesponserte Wahrheiten also.

Dem seit längerem geplanten Börsengang am Dienstag war eine Fusion der Trump Media & Technology Group mit einer Unternehmenshülle vorausgegangen, der Digital World Acquisition Corp. All das verfolgte vor allem ein Ziel: dem verlustreichen Unternehmen eine dringend benötigte Bargeldspritze zu verschaffen.

Keine Erfolgsanzeichen

Aber wie erklären sich dann die Erfolge von Trump Media an der Wall Street? Das alles sei „schon sehr ungewöhnlich“, zitiert CNN den amerikanischen Finanzprofessor Jay Ritter, der sich seit über 40 Jahren mit Börsengängen befasst. Der naheliegendste Vergleich aus der Börsengeschichte, der dem Wissenschaftler einfällt, ist der mit der Aktie des Videospielhändlers Gamestop. In den vergangenen Jahren hatten sich wiederholt Nutzer auf der Internetplattform Reddit zusammengeschlossen, um deren Kurs gezielt in die Höhe zu treiben. Vor allem aus Spaß- und Provokationsgründen.

Was Trump Media angeht: „Ich gehe davon aus, dass der Aktienkurs irgendwann auf zwei Dollar je Aktie fallen wird oder sogar darunter liegen könnte, wenn das Unternehmen das Geld, das es durch die Fusion erhalten hat, verpulvert“, sagt Ritter weiter. Das zugrunde liegende Geschäft scheine „nicht viel wert zu sein“. Es gebe „keine Anzeichen dafür, dass dies ein großes, hochprofitables Unternehmen werden wird“.

Laut Daten des Analysedienstleisters Similarweb kommt Truthsocial.com im Februar 2024 auf fünf Millionen Aufrufe. Das entspricht weniger als 0,1 Prozent der Aufrufe, die im selben Zeitraum Twitter.com aufwies. Die durchschnittliche Verweildauer auf Truthsocial.com lag zudem bei weniger als fünf Minuten pro Nutzer. Und mehr als die Hälfte der Nutzer, die die Webseite aufriefen, kamen nicht über deren Startseite hinaus. Similarweb spricht an dieser Stelle von der sogenannten „Absprungrate“ – und die ist im Fall von Truth Social erstaunlich hoch. Zum Vergleich: Bei Twitter.com lag sie im Februar nur bei rund 32 Prozent.

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von Matthias Hohensee

Auch die App-Variante von Truth Social war im Februar vergleichsweise unerfolgreich. Laut Similarweb-Statistiken, aus denen CNN zitiert, hatte Truth Social im Februar 494.000 monatlich aktive US-Nutzer auf iOS und Android zusammen. Ein Bruchteil der 75 Millionen Nutzer von X (ehemals Twitter) und der 142 Millionen von Facebook.

Und: Zuletzt sind die Nutzerzahlen von Truth Social nicht gewachsen, sondern geschrumpft. Die Zahl der monatlich aktiven Nutzer sank im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 51 Prozent. Auch die Zahl der Besucher der Website von Truth Social ging im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent zurück.

Dabei ist Nutzerwachstum elementar für den Unternehmenserfolg – das räumte Trump Media jüngst selbst gegenüber den US-Regulatoren ein: „Um erfolgreich zu sein, braucht TMTG Millionen Menschen, die sich registrieren und die Plattform von TMTG regelmäßig nutzen“, schrieb das Unternehmen in seinem Risikobericht vor dem Börsengang.

Gefährdetes Alleinstellungsmerkmal

Bleibt die Hoffnung, dass eine Wiederwahl Donald Trumps als US-Präsident ein enormes Nutzerwachstum für Truth Social bringen könnte. Aber auch das ist fraglich. Mehr noch: Der Effekt könnte sogar ein exakt gegenteiliger sein, zeigt eine aktuelle Studie: Demnach könnte Truth Social wesentlich dazu beitragen, dass Trump letztlich gar nicht ins Weiße Haus zurückkehrt.

Trumps Beiträge auf Truth Social fänden im Vergleich zur Popularität seiner Tweets im Jahr 2016, also während Trumps erster Wahlkampagne, wenig Medienecho, so Josephine Lukito, eine der Co-Autoren der Studie. Und: Wenn es Medienberichterstattung gebe, dann komme sie von parteiischen Medien, die Trump politisch unterstützen, während die allgemeine Aufmerksamkeit für seine Kommentare in den sozialen Medien nach seinem Wechsel zu Truth Social zurückgegangen sei.

Für Trumps kommenden Wahlkampf könnte das ein Problem darstellen. Denn: Obwohl die Gesamtzahl der Berichte über Trump laut der Studie 2022 im Vergleich zu 2016 deutlich höher war, bezogen sechs Jahre später deutlich weniger der Nachrichten, die sich auf Trump bezogen, dessen Social-Media-Posts mit ein. Für Trump macht es das schwieriger, die amerikanische Wählerschaft jenseits seines harten Anhängerkerns mit seinen Botschaften zu erreichen. Bedeutet: Selbst ihr prominentestes Mitglied sollte sich die Nutzung der Plattform lieber noch einmal ganz genau überlegen.

Donald Trumps Account auf Truth Social Quelle: AP

Twitter und Facebook hatten den damals noch amtierenden US-Präsidenten Anfang 2021 von ihren Plattformen verbannt – unmittelbar nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington. Trump gründete daraufhin Truth Social. Inzwischen ist seine Sperre sowohl bei Twitter (inzwischen X) als auch bei Facebook aufgehoben. Dennoch postet Trump weiterhin ausschließlich auf Truth Social.

Auch, weil er sich dazu vertraglich verpflichtet hat: Eine Vereinbarung mit der von ihm selbst begründeten Plattform, die noch bis Februar 2025 gilt, schreibt vor, dass der Politiker frühestens sechs Stunden nach seinen Beiträgen auf Truth Social „nicht politische Kommunikation“ auf anderen Social-Media-Plattformen teilen darf. Was politisch ist und was nicht, liegt dabei allerdings ganz in Trumps eigenem Ermessen. Und: „Als Präsidentschaftskandidat können die meisten oder alle Beiträge von Präsident Trump in den sozialen Medien als politisch motiviert betrachtet werden“, räumt Trump Media in seinem Risikobericht ein.

Nicht auszumalen, was es für die Plattform bedeuten würde, sollte der Präsident tatsächlich nicht mehr exklusiv dort posten: „Wenn Präsident Trump an Popularität verliert oder es neue Kontroversen gibt, die seine Glaubwürdigkeit oder den Wunsch der Menschen, eine mit ihm assoziierte Plattform zu nutzen, von der er finanziell profitiert, beschädigen, könnte das Betriebsergebnis von TMTG negativ beeinflusst werden“, warnt das Unternehmen dazu selbst.

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Am Ende aber soll all das ohnehin keine Rolle spielen – zumindest, wenn es nach Trump Media selbst geht: Man lege keinen Wert auf „traditionelle Leistungskennzahlen wie durchschnittlicher Umsatz pro Nutzer, Ad Impressions und Preisgestaltung oder aktive Nutzerkonten, einschließlich monatlich und täglich aktiver Nutzer“, schiebt das Unternehmen kritische Anlegerfragen in seinem Börsenprospekt schon von vornherein weg.

Unklar bleibt nur, welche Metriken man seinem Geschäft dann stattdessen zugrunde legt.

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