Werner knallhart

Die Weihnachtsmann-Lüge diskriminiert DHL-Boten

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Eine wahre Weihnachtslegende

Das Gleiche gilt auch für den Weihnachtsmann und das Christkind. Als Erwachsene müssen wir uns hier ganz kühle Gegenfragen der Kleinen anhören und verstricken uns immer weiter im Lügengeflecht:

"Papa, bei Julia kommt nicht der Weihnachtsmann, sondern das Christkind. Wieso?"

"Wegen des Aufwands. Das schafft doch kein Mensch allein."

"Weihnachtsmann, wo ist denn dein Schlitten mit den Rentieren?"
"Öhm, der steht dahinten um die Ecke im Halteverbot. Ich muss dann mal weiter, hohoho."

Die Kinder nehmen das zur Kenntnis. Fertig. Aber seien wir ehrlich: Uns Erwachsenen macht das Theater einen Heidenspaß! Wir machen das für uns. Für ein bisschen kribbelige Weihnachts-Romantik, die uns an unsere eigene Kindheit erinnert.

Die Kinder aber brauchen all das nicht für das sagenhafte Weihnachtsgefühl. Baum schmücken, Lieder singen, Plätzchen backen, die traditionelle Lästerei über den trockenen Advents-Kuchen der Großtante und dann natürlich die Fragen aller Fragen: Was von der Wunschliste geht in Erfüllung? Dass Kinder auch ohne rotzfreche Lügen voller Vorfreude sind, beweist der eigene Geburtstag. Was konnte ich Tage davor vor lauter Glück nicht einschlafen! Ganz ohne irgendwelche Fake-Helden.

Eine ganz neue Studie zweier Ökonomen der Uni Oxford hat untersucht, was Kleinkinder im Alter von zwei bis drei Jahren ganz besonders glücklich macht: Geschichten erzählt und vorgelesen zu bekommen und - auf Platz 2 - gemeinsam einzukaufen. Noch vor dem Besuch auf dem Spielplatz. Das gemeinsame Erleben macht es aus (nicht das Geldausgeben). Zusammen mit den Eltern Weihnachtsgeschenke im Laden oder eben auch im Internet auszusuchen, könnte folglich das Kind zufriedener machen, als der Besuch vom Weihnachtsmann.

Wenn Sie nun aus schlechtem Gewissen oder inspiriert durch die Wissenschaft Ihre Lü-gen wieder kassieren wollen, empfiehlt sich für dieses Jahr eine sanfte Übergangslüge hin zur vollen Wahrheit Weihnachten 2017, damit Sie nicht ins Rudern kommen: "Liebes Kind! Du weißt ja noch nicht das Neueste: Heutzutage, da viele Kinderwünsche zu Weihnachten am praktischsten über den Online-Versandhandel abgewickelt werden, müssen hoch spezialisierte Logistikunternehmen weltweit dem Weihnachtsmann unter die Arme greifen. Das Christkind ist eh raus aus der Nummer wegen Kinderarbeit, die Rentiere dürfen aus Tierschutzgründen nicht mehr so hoch fliegen, deshalb wundere dich nicht: Die Geschenke bringt dieses Jahr vorab der Mann mit dem gelben Auto."

Ich finde, die Geschichte vom fröhlichen Paketboten, der vor Weihnachten zustellt, was die Verwandtschaft vorher im Internet bestellt hat, kann sich über Jahre hinweg durchaus als traditionelle Weihnachtslegende etablieren. Und diese Legende ist wahr!

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