Im kommenden Mai will die Regierung darüber beschließen. Ein „Hartz IV für Kraftwerke“, also Geld ohne Gegenleistung, werde es mit ihm nicht geben, hat Wirtschaftsminister Gabriel den Strommanagern schon mal prophezeit.
Das Brisanteste an der Aufspaltung von E.On in ein neues grünes sowie in ein altes schmutziges Unternehmen ist jedoch die Ausgliederung der Atomsparte. „Dadurch könnte sich die Abdeckung der Rückstellungen mit Geldmitteln etwa halbieren, weil die Rückbau- und Entsorgungslasten zusammen mit den Kraftwerken vollständig in den abzuwickelnden Unternehmensteil verschoben werden, die Vermögenswerte aber nur zum Teil“, warnt Wolfgang Irrek, Professor für Energiewirtschaft an der Hochschule Ruhr West in Bottrop. „Zudem ist das Pleiterisiko des Unternehmensteils mit den Altlasten höher, weil dieser nach der Abtrennung nicht mehr durch die zukunftsträchtigen Geschäftsbereiche unterstützt wird.“
13,6 Milliarden Euro hat Teyssen für die Stilllegung seiner acht Kernanlagen zurückgestellt, 10,3 Milliarden RWE für sieben Meiler, 7,5 Milliarden EnBW für fünf und 2,0 Milliarden Vattenfall für zwei bereits abgeschaltete Atomstromer. Diese Beträge haben die Wirtschaftsprüfer bisher brav als ausreichend bestätigt.
Tadel für Geheimnistuerei
Doch ob die Einschätzung auch in zehn Jahren oder später gilt, daran gibt es erhebliche Zweifel. So sind die Kosten der Endlagerung schwach- bis mittelstark radioaktiven Abfalls kaum abschätzbar, seitdem in der niedersächsischen Grube Asse rostende Tonnen mit Atommüll leck schlugen. Die Sanierung wird vermutlich Milliarden verschlingen. An diesen Entsorgungskosten sind die Konzerne jedoch zu knapp zwei Drittel beteiligt.
„Generell haben doch alle, von den Konzernvorständen bis zu den Politikern, das Gefühl, dass die Rückstellungen nicht reichen, wenn von 2022 an über viele Jahre die Stilllegung läuft“, sagt ein ehemaliger E.On-Top-Manager. „Von daher ist es verständlich, dass E.On den Atombereich verselbstständigt, bevor die Kosten aufgrund neuer Erkenntnisse neu bewertet werden müssen.“
Selbst der Wert der Rückstellungen ist umstritten, da diese zum Teil in Kraftwerken angelegt sind. Zwar seien „in den Bilanzen der Energiekonzerne Stand heute genug Bargeld und kurzfristig liquidierbare Wertpapiere gespeichert, um die bisher angesetzten Kosten für Rückbau und Entsorgung zu decken“, sagt Energiewirtschaftler Irrek.
Bundesrechnungshof fordert bessere Prüfung
Doch haben E.On und die anderen drei Stromkonzerne in den vergangenen Jahren fast 6,3 Milliarden Euro auf ihren Kraftwerkspark abgeschrieben. In welchem Umfang dies die Rückstellungen für die AKWs mindert, ist unbekannt.
Der Bundesrechnungshof hat bereits 2011 die Geheimnistuerei gerügt und dass den Betriebsprüfern der Finanzämter das Fachwissen fehle, um die Angemessenheit der Rückstellungen zu beurteilen. Deshalb, so die Aufforderung an die Politiker, seien das Bundesamt für Strahlenschutz oder andere Fachbehörden einzubeziehen und ihnen die entsprechenden Auskunftsrechte zu verschaffen.
„Der Bundesrechnungshof hält eine bessere staatliche Prüfung der Rückstellungen und eine umfassende Information von Parlament und Regierung für geboten“, hieß es in dem Bericht. Geschehen, sagte Behördenpräsident Kay Scheller Anfang vergangener Woche dazu, sei in dieser Richtung bisher allerdings „nichts“.