Ein Mitarbeiter soll im Atomkraftwerk Philippsburg 2 Messeinrichtungen für Strahlenschutz kontrollieren. Nun stellt sich heraus: Er täuschte die Überprüfung nur vor. Das Kraftwerk soll bis auf Weiteres nicht mehr betrieben werden - es ist derzeit wegen einer turnusmäßigen Revision ohnehin nicht am Netz.
Wie das baden-württembergische Umweltministerium mitteilte, hatte der Betreiber EnBW bei Untersuchungen festgestellt, dass ein Mitarbeiter eine wiederkehrende Prüfung an einem Störfallmonitor zwar in einem Prüfprotokoll dokumentiert, tatsächlich aber gar nicht durchgeführt hatte.
Nachforschungen ergaben demnach zudem, dass die Kontrolle in sieben weiteren Fällen nur vorgetäuscht wurde. Der Energiekonzern betonte, die Funktionstüchtigkeit der Einrichtungen sei gewährleistet. Das habe durch frühere und spätere Prüfungen nachgewiesen werden können. Der Mann war demnach über einen externen Dienstleiter im Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg beschäftigt.
Das Umweltministerium als zuständige Aufsichtsbehörde reagierte mit einer aufsichtlichen Anordnung. Damit solle EnBW nach einer noch ausstehenden Anhörung vorläufig untersagt werden, das Kraftwerk wieder anzufahren.
„Meines Wissens nach ist es das erste Mal, dass eine vorgeschriebene Prüfung in einem deutschen Kernkraftwerk offenbar bewusst vorgetäuscht wurde“, erklärte Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). „Das ist hochgradig beunruhigend und nicht akzeptabel.“
Welche deutschen Atomkraftwerke demnächst vom Netz gehen
Philippsburg II (Baden-Württemberg, EnBW)
Bruttoleistung: 1468 MWe
Inbetriebnahme: 13.12.1984
Grohnde II (Niedersachsen, EnBW)
Bruttoleistung: 1430 MWe
Inbetriebnahme: 01.09.1984
Brokdorf (Schleswig-Holstein, E.On/Vattenfall)
Bruttoleistung: 1480 MWe
Inbetriebnahme: 08.10.1986
Gundremmingen C (Bayern, RWE/E.On)
Bruttoleistung: 1344 MWe
Inbetriebnahme: 26.10.1984
Isar II (Bayern, E.On/Stadtwerke München)
Bruttoleistung: 1485 MWe
Inbetriebnahme: 15.01.1988
Emsland (Niedersachsen, RWE/E.On)
Bruttoleistung: 1400 MWe
Inbetriebnahme: 14.04.1988
Neckarwestheim II (Baden-Württemberg, EnBW)
Bruttoleistung: 1400 MWe
Inbetriebnahme: 29.12.1988
Nach derzeitigem Kenntnisstand hätten die vorgetäuschten Prüfungen zwar keine sicherheitsrelevanten Auswirkungen und auch die Emissionsüberwachung sei gewährleistet gewesen. „Aber bevor die EnBW nicht nachgewiesen hat, dass die Anlage vorschriftsmäßig und sicher betrieben wird, darf sie nicht mehr angefahren werden. Außerdem erwarte ich von der EnBW Vorkehrungen, um solche Täuschungen künftig auszuschließen“, erklärte Untersteller.