Energiepolitik "China ist neuer Windenergie-Weltmeister"

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Haben deutsche Firmen da überhaupt noch eine Chance?

Auch wenn chinesische Hersteller rund 80 Prozent des Marktes in China beherrschen und Peking neue National Champions aufbauen will, heißt das noch nicht, dass ausländische Unternehmen chancenlos sind. Ganz im Gegenteil: Die Kunden in China machen gerade jetzt ihre ersten Erfahrungen mit billigen chinesischen Produkte – und diese Erfahrungen sind alles andere als erfreulich. Die Windkraftanlagen sind störungsanfällig und qualitativ nicht besonders hochwertig. Die Verfügbarkeit, also die Zeit, in der die Anlage technisch funktionsfähig, chinesischer Windkraftanlagen, ist im Schnitt sieben Prozent niedriger als die Anlagen, die von internationalen Herstellern in China produziert worden sind. Darüber hinaus werden in Offshore-Windkraftanlagen wesentlich größere Windturbinen benötigt, die die Chinesen noch gar nicht bauen können. Der Markt und das Potential für ausländische Hersteller ist also vorhanden.

Wie sehen denn die Planungen von Offshore-Windparks in China aus?

Die Motivation für solche Windparks in China ist eine ganz andere als etwa in Deutschland. China ist groß und Windparkbetreiber müssen für große industriell betriebene Parks nicht unbedingt auf das offene Meer ausweichen. Zudem bekommen chinesische Windparkbetreiber das benötigte Land kostenlos. Es gibt drei wichtige Fördermaßnahmen für Windparks in China: Den Einspeisetarif, das kostenlose Land und die Halbierung der Mehrwertsteuer von 17 auf 8,5 Prozent für Windstrom. Hinzu kommt, dass es bisher auch keinen Mangel an geeigneten Standorten und keine Beschwerden über Lärm, Vogelschutz, Störung der Landschaft oder ähnliches gibt. Also wozu ein Offshore-Windpark mit wesentlich höheren Kosten?

Ist das als grundsätzlich Absage an die Offshore-Windkraft in China zu verstehen?

Nein, das ist es nicht. Das Problem beziehungsweise die Motivation für Offshore-Standorte liegt darin, dass die geeigneten Landstriche für Windparks, die im Norden oder Nordwesten Chinas liegen, zu weit davon entfernt sind, wo der Strom auch gebraucht wird: nämlich in den Großstädten an der östlichen Küste Chinas. Es gibt bisher keine Lösung für den teuren Transport.

Und wie verhält sich die Regierung?

Von Peking gibt es weder eine Planung noch Vorgaben, ob und wie viel Offshore-Windparks gebaut werden sollten. Die Zentren der chinesischen Offshore-Windparks sind Shanghai und die benachbarten Jiangsu- und Zhejiang-Provinzen. Die Jiangsu-Provinz allein plant bis zum Jahr 2020 Offshore-Windparks mit Kapazitäten von 7 Gigawatt bauen zu lassen. Das ist in etwa die Leistung von sechs großen Kernkraftwerken. Insgesamt wollen die Küstenprovinzen Chinas bis 2020 Kapazitäten von 32,8 Gigawatt im Offshore-Bereich errichtet haben.

Ist das die Chance für deutsche Windturbinenhersteller?

In der Tat. Offshore-Windparks sind besonders interessant für ausländische Anbieter, weil größere Turbinen gebraucht werden, die die chinesischen Hersteller noch nicht produzieren können. Auch die Stärke der ausländischen Produkte, die hohe Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit, kommen hier voll zur Geltung. Denn im herkömmlichen Windpark kann jeder Betreiber ein paar Ingenieure für 200 Euro im Monat beschäftigen, die den ganzen Tag an den billigen und störungsanfälligen chinesischen Turbinen herumschrauben. Im Offshore-Bereich geht das nicht mehr. Hier braucht man wartungsfreie Turbinen, da jede Reparatur teuer und aufwändig sein wird.

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