Der frühere Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, hat seine Flüge auf Firmenkosten vom Wohnsitz in Bielefeld zur Firmenzentrale in Essen verteidigt. Der 61-jährige Manager sagte am Montag im Untreue-Prozess vor dem Essener Landgericht, er sei damals am Wochenanfang mehrfach drei bis vier Stunden zu spät ins Büro gekommen, weil er wegen Bauarbeiten am Kamener Kreuz mit dem Auto im Stau gestanden habe. Dies sei in der damaligen Finanzkrise für das Unternehmen aber nicht tragbar gewesen.
Die Prozesse rund um Thomas Middelhoff
In dem am 6. Mai 2014 begonnenen Strafprozess geht es um Untreue in 49 Fällen. Middelhoff soll auf Firmenkosten Flugzeuge für private Zwecke gechartert haben. Middelhoff bestreitet das. Es habe stets einen dienstlichen Anlass gegeben.
Das Ehepaar Middelhoff hat das Bankhaus Sal. Oppenheim auf einen dreistelligen Millionen betrag verklagt. Sie fordern die Rückabwicklung ihrer Beteiligungen au Investmentfonds und die Freigabe von rund 23 Millionen Euro Festgeld, die das Geldinstitut eingefroren hat.
Der Insolvenzverwalter des Arcandor-Konzerns klagt vor dem Oberlandesgericht Hamm gegen Middelhoff und andere ehemalige Arcandor-Vorstände auf Schadenersatz. Das Landgericht Essen hatte 2012 bescheinigt, dass die Manager beim Verkauf eines Warenhauses ihre Pflichten verletzt hatten. Middelhoff fordert im Gegenzug vom Insolvenzverwalter 120 Millionen Euro wegen geschäftsschädigender Handlungen.
Die Staatsanwaltschaft Bochum ermittelt neben dem Verdacht auf Insolvenzverschleppung gegen Middelhoff auch wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften des Arcandor-Konzerns. Außerdem sollen die damaligen Spitzenmanager zu unrecht Millionenboni bekommen haben. Ermittler aus Köln werfen Middelhoff zudem Beihilfe zur Untreue beim Zusammenbruch des Bankhauses Sal. Oppenheim vor. Middelhoff weist alle Vorwürfe zurück.
Der Umstieg vom Dienstwagen auf Privatjets und Hubschrauber sei deshalb im Interesse der Firma gewesen. Ausschlaggebend sei für ihn dabei der Gedanke gewesen: „Der Chef muss an Deck sein und in stürmischer See das Ruder in der Hand halten.“
Middelhoff betonte, seine Verspätungen seien Stress für alle Beteiligten gewesen. Sein Pressesprecher habe dann den Vorschlag gemacht, den Stau einfach zu überfliegen. „Ich habe es getestet und fand es klasse“, sagte Middelhoff. „Wie durch Zauberhand kam ich plötzlich pünktlich an.“
Die Staatsanwaltschaft Bochum wirft Middelhoff vor, den inzwischen pleitegegangenen Handelskonzern mit betriebsfremden Kosten in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro belastet zu haben. Darunter sind auch 28 Flüge zwischen seinem Wohnsitz in Bielefeld und der Firmenzentrale in Essen mit Gesamtkosten von mehr als 80.000 Euro.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Kosten für den Weg zum Arbeitsplatz grundsätzlich vom Arbeitnehmer selbst zu tragen sind. Dies gelte auch für Middelhoff.
Dem widersprach der Manager. Als Vorstand eines Multi-Milliarden-Konzerns sei er in der Lage gewesen, sich für das effizienteste Verkehrsmittel zu entscheiden. Er habe auch keine Zweifel gehabt, dass die Nutzung des Fluggeräts durch seinen Arbeitsvertrag gedeckt sei.