Galeria Kaufhof Ein Pedant soll den Markt aufmischen

Wolfgang Link, der neue Europachef von Kaufhof-Eigner HBC, soll das Luxus-Outlet Saks Off 5th in Deutschland etablieren und Kaufhof wieder fit machen – nebenbei erschreckt er vielleicht auch ein paar Betriebsräte.

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So sieht es bei Saks Off 5th aus
Der kanadische Kaufhof-Mutterkonzern HBC eröffnet am Donnerstag in Düsseldorf die erste Filiale seiner Edel-Outlet-Kette Saks Off 5th. Quelle: dpa
Auf rund 3900 Quadratmetern bietet der Handelskonzern in der Düsseldorfer Innenstadt Markenbekleidung, Accessoires, Schuhe und Schmuck ... Quelle: Patrick Schuch für WirtschaftsWoche
... aus nicht mehr ganz aktuellen Kollektionen mit deutlichen Rabatten auf den empfohlenen Verkaufspreis an. Quelle: Patrick Schuch für WirtschaftsWoche
Auch Dekorationsartikel finden Schnäppchenjäger bei Saks off 5th. Quelle: Patrick Schuch für WirtschaftsWoche
Europa-Chef Wayne Drummond und Chef-Einkäuferin Berna Bartosch (l) in der Düsseldorfer Filiale. Drummond betont, er sehe „großes Potenzial“ für die neue Kette. Quelle: dpa
Oft sind Teile nur in einzelnen Größen vorhanden. Was weg ist, ist weg - und kommt wohl auch nicht wieder rein. Chefeinkäuferin Bartosch findet das positiv: „Durch häufige Wechsel in unserem Sortiment wird Einkaufen bei Saks Off 5th zu einer Entdeckungsreise“, meint sie. Quelle: dpa
Der Flagship-Store in Düsseldorf geht über fünf Etagen. Quelle: dpa

Es blitzt und blinkt im Düsseldorfer Carsch-Haus. Designerware hängt wohlsortiert an der Stange, daneben stapeln sich Accessoires. Das rote Tods-Täschchen kostet 799 statt 1100 Euro, die goldene Versace-Uhr gibt es für 699 Euro, in der Etage darüber stehen Prada-Pantoffeln neben 6500 weiteren Schuhpaaren. Schon vor mehr als 100 Jahren gab es hier „vornehme Herren- und Knabenkleidung, Sport- und Livree-Kleidung“ zu kaufen, in den vergangenen Monaten wurde das Gebäude zur Flaggschifffiliale der amerikanischen Nobel-Outletkette Saks off 5th umgerüstet. Zur Eröffnungsparty am Mittwochabend trippeln Models über den Pink Carpet, bevor die geballte Düsseldorfer Prominenz ins Innere strömt. Von hier aus soll die Kette Deutschland und Europa mit Luxusmarken zu reduzierten Preisen erobern. Der kanadische Handelskonzern Hudson’s Bay Company (HBC), dem auch die Warenhauskette Galeria Kaufhof gehört, will noch in diesem Jahr vier weitere Standorte eröffnen.

Wolfgang-Link Quelle: Patrick Schuch für WirtschaftsWoche

Angeführt wird die Glamouroffensive von einem Mann, der bisher fern des Rampenlichts agierte und den bis jetzt wohl niemand für einen Spitzenjob im Fashionwesen auf der Rechnung hatte – zumindest diesseits des Atlantiks. Anfang Mai machte HBC Wolfgang Link, den ehemaligen Deutschland- und Europachef des Spielzeughändlers Toys’R’Us, zum obersten Statthalter in Europa. Für die Kanadier soll er den hiesigen Outlet-Markt aufrollen und das lahmende Kerngeschäft um Galeria Kaufhof in Schwung bringen.

Fans des Managers hegen keine Zweifel daran, dass die Mission zwischen Bling-Bling-Business und Brot-und-Butter-Geschäft gelingt. Sie rühmen Link als begnadeten Strategen und Multitalent. Seine Gegner indes zeichnen das Bild eines peniblen Sparkommissars, der Personalkosten schleift und sich immer wieder mit Betriebsräten streitet.

Wenige Tage vor der Outlet-Eröffnung sitzt Wolfgang Link in einer Besprechungsnische in der vierten Etage der Kaufhof-Zentrale in Köln. Trotz der Sommerhitze ist seine kupferfarbene Krawatte sorgsam geknotet. Der blaue Anzug sieht nicht nach Kaufhof-Ware aus, auch wenn Link pflichtschuldig betont, sich privat seit Jahren mit Verve durchs Sortiment zu shoppen. Die Marke Kaufhof sei toll, findet ihr Chef, aber im Wettbewerb mit Onlineläden reiche das nicht: „Wir müssen Anlässe schaffen, damit die Kunden zu uns kommen“, sagt Link.

Das ist die Hudson's Bay Company

An denen mangelte es zuletzt. Die Erlöse schrumpften im ersten vollen Geschäftsjahr nach der Übernahme der Kaufhof-Häuser europaweit um 1,2 Prozent. Das Europageschäft brockte HBC einen operativen Verlust von fast 200 Millionen Euro ein. Schon machen in Köln Gerüchte die Runde, dass die Kanadier durchgreifen, Investitionen streichen und Kosten kappen wollen.

Link widerspricht: „Wir sparen, schaffen aber auch Arbeitsplätze“, sagt er. Allein durch das Debüt von Saks off 5th in Deutschland entstünden insgesamt mehr als 300 Jobs in diesem Jahr. Auch Kaufhof werde weiter investieren.

Das hatte jüngst bereits HBC-Konzernchef Jerry Storch bekräftigt. Der ist Links wichtigster Verbündeter, beide kennen sich seit 2007. Damals war Storch Chef von Toys’R’Us und holte Link als Leiter des Deutschlandgeschäfts. Der konnte da schon eine saubere Handelsvita vorzeigen, war unter anderem Geschäftsführer der ElectronicPartner-Gruppe und der MediMax Elektronikmärkte gewesen.

"Arbeitswütiger Perfektionist"

Einen Ruf als „arbeitswütiger Perfektionist“ hatte er sich schon zuvor als Manager in der Metro-Großmarktsparte erarbeitet. Wenige Tage nachdem seine Frau ihr erstes Kind zur Welt gebracht hatte, war Link für Metro nach Spanien geflogen, um dort als Vertriebsgeschäftsführer loszulegen. Die Crew vor Ort begrüßte er mit einer halbstündigen Ansprache auf Spanisch, die er zuvor auswendig gelernt hatte.

Deutschlands beliebteste Waren- und Kaufhäuser

Auch beim damaligen Toys’R’US-Chef Storch punktete er mit akribischer Vorbereitung: Zu seinem Vorstellungsgespräch an einem Sonntag in New Jersey brachte Link eine fertig ausgearbeitete Strategie mit. „Ich fragte ihn, ob er einen Plan für Deutschland habe“, erinnert sich Storch. „Aber er hatte gleich ein Konzept für die USA dabei.“ Da das Programm nahezu deckungsgleich mit Storchs eigenen Ideen war, stellte der Link ein. 2013 stieg er zum Europachef der Spielzeugkette mit insgesamt 300 Geschäften in neun Ländern auf.

Liebe zum Detail lebte er auch da aus. Intern hieß Link, der über „Erfolgspotenziale bei der Internationalisierung“ promovierte, schlicht „der Doktor“, manche Mitarbeiter fühlten sich von seiner „oberlehrerhaften Attitüde“ genervt. Selbst die Verteilung von Parkplätzen soll der Chef persönlich organisiert haben.

Wichtige Begriffe im Textilhandel

Trotzdem blieb genug Zeit und Kraft für Konfrontationen mit den Betriebsräten. So kritisierte die Gewerkschaft Verdi „Schleckermethoden“, nachdem eine Hamburger Toys’R’US-Filiale Beschäftigte einer Leiharbeitsfirma über Werkverträge eingestellt hatte. Umstrukturierungen und Sparpakete versetzten die Zentrale immer wieder in Aufregung. Als 2015 die Beschäftigten einiger Filialen streikten, zahlte das Management eine Prämie, um „einige Mitarbeiter umzustimmen und vom Streik abzuhalten“, wie es in einem internen Schreiben hieß.

Bei Kaufhof gibt Link bisher den Teamspieler. Am ersten Arbeitstag stellte er sich in der Kantine vor, per Videokonferenz begrüßte er Angestellte in den Kaufhäusern, ein paar Wochen später lief er bei einem vom Unternehmen gesponserten Nachtlauf durch Köln mit.

Der Reiz der europäischen Luxuskaufhäuser
Luxuskaufhäuser Quelle: dpa
Harrods Quelle: dpa
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KaDeWe Quelle: dpa
KaDeWe Quelle: dpa
La Rinascente Quelle: dpa
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Basiskontakt kann nicht schaden. Nirgendwo sonst im Handel sind Gewerkschaften und Betriebsräte stärker verankert als hier. Selbstbewusst formuliert Bernhard Franke, der für Verdi im Kaufhof-Aufsichtsrat sitzt, seine Erwartungen: Link solle bei den Kanadiern für Investitionen werben und die „Rabattitis stoppen“. Durch Preisnachlässe verschleudere die Kette Erträge.

„Personalkostensenkungsprogramme“ hält Franke für „kontraproduktiv“. Zuletzt hatte Kaufhof die Einstellung von Aushilfen gestoppt und befristete Verträge nicht verlängert. Link spricht vage davon, dass alle stationären Händler versuchen müssten, „flexibler zu werden und auf die Kosten zu achten“. Dazu werde er „bei Bedarf mit den Betriebsräten das Gespräch suchen, sollte das nötig sein“.

Viel Zeit bleibt ihm nicht. Die kanadischen Eigentümer dürften auf schnelle Ergebnisse drängen, zumal es auf ihrem Heimatmarkt Nordamerika brennt. Onlineanbieter wie Amazon wildern im Warenhausrevier. Schon zweifelt der Kapitalmarkt an der Widerstandskraft des hoch verschuldeten Konzerns. Seit HBC Kaufhof im Herbst 2015 übernommen hat, hat sich der Aktienkurs halbiert.

Links Einsatz wird damit zum diplomatischen Dienst. Er muss zwischen kanadischen Renditewünschen und deutscher Handelsrealität vermitteln, strategische Entscheidungen treffen und sich um das operative Klein-Klein kümmern. Eines steht für ihn schon heute fest: „Es ist sicher genug Arbeit für zwei da.“

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