In ihrem Haus in Amsterdam probiert die Kaufhof-Schwester Hudson's Bay aus, was das Warenhaus wieder attraktiv machen könnte. Innerhalb von nur zwei Stunden liefert der Händler die in der Filiale gekaufte Ware nach Hause, Kunden können einen Personal Shopper buchen, der sie durch das Haus begleitet. Selbst Betten für einen Powernap gibt es, wenn der Einkauf zu anstrengend war.
In den deutschen Kaufhof-Filialen sucht man einen solchen Service noch vergebens. Ein Blick auf die Website von Galeria Kaufhof zeigt, was die Kunden locken soll. „Sale Finale“ schreit es auf rotem Grund, mit Nachlässen von „bis zu 70 Prozent“. Neben Mondscheinangeboten und Sommer Sale gibt es bis zu 40 Prozent auf ausgewählte Küchenartikel.
Auch Konkurrent Karstadt bewirbt angebliche „Topseller“ mit massiven Rabatten. Minus 55 Prozent für die Waschmaschine von Bauknecht, gar 59 Prozent Nachlass gibt es auf die Carrera-Bahn. Und den Badewannenlift gibt es 249 Euro statt für 699 Euro.
Das ist die Hudson's Bay Company
Die Hudson´s Bay Company ist Kanadas größtes Kaufhaus und gilt als ältestes Unternehmen Nordamerikas. Die Geschichte von HBC begann 1670, als Charles II von England der Company Eigentum über Land und Bodenschätze in Kanada übertrug. Der damals vollständige Name der Unternehmung: „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“.
Rund 200 Jahre kontrollierte HBC vor allem den lukrativen Handel mit Pelzen, dann kaufte Kanada der Gesellschaft die Rechte wieder ab. HBC änderte daraufhin die Ausrichtung, stieg in den Großhandel ein und versorgte Siedler. Auch in der Schifffahrt und im Handel mit Öl und Gas war HBC tätig, bevor sich die Gesellschaft in den 1990er Jahren wieder auf den klassischen Einzelhandel konzentrierte.
Die Hudson’s Bay Company fokussierte sich stets auf Aktivitäten in Kanada und Nordamerika - bis 1970 war ihr Sitz aber London.
Die Historie der HBC ist derart eng mit der Kanadas verknüpft, dass seine Chefs bis heute Gouverneure heißen. Heute hat diesen Posten der US-Amerikaner Richard Baker inne, der das Unternehmen 2008 erwarb. Baker gilt als strategischer und ehrgeiziger Konzernlenker
Schon vor der HBC-Übernahme hatte Baker 2006 amerikanisch Traditionskaufhauskette Lord & Taylor für knapp eine Milliarde Euro gekauft und das Geschäft durch Beleihung der Immobilien finanziert. Auch den vollständigen Kauf der Hudson’s Bay Company im Jahr 2008 finanzierte Baker hauptsächlich durch Schulden. Für rund 2,2 Milliarden Euro kaufte HBC 2013 schließlich die amerikanische Nobelkette Saks Fifth Avenue und deren Ableger OFF 5th. Erneut die entscheidende Geldquelle: beliehene Immobilien. 2015 machte der Konzern klar, in Zukunft auch außerhalb des nordamerikanischen Marktes wachsen zu wollen - durch Zukäufe wie Kaufhof. Neuestes Projekt ist die Einführung der Discount-Luxuskette Saks Off 5th in Deutschland.
Neben der namensgebenden Hudson’s Bay Company gehören zum HBC-Imperium eine ganze Reihe von Handelsunternehmen in Nordamerika. In Kanada ist es die Einrichtungshauskette Home Outfitters. In den USA hat HBC das Luxuskaufhaus Lord & Taylor, die Edelkaufhauskette Saks Fifth Avenue und deren Discount-Designer-Ableger Saks Fifth Avenue OFF 5th übernommen.
Als starkes Rückgrat der Hudson’s Bay Company gelten die Warenhausimmobilien im Besitz des Konzerns. Ihr Wert wird auf etwa 9,6 Milliarden kanadische Dollar geschätzt, rund 6,7 Milliarden Euro. Allein der Saks Fifth Avenue Flagship Store in New York soll mehr als drei Milliarden Euro wert sein.
Mit Saks Fifth Avenue, der Kernmarke Hudson's Bay, der Modekette Lord & Taylor und dem Haushaltswarenhändler Home Outfitters machte HBC zuletzt einen Umsatz von gut neun Milliarden Euro und rund 420 Millionen Euro Gewinn.
Der erste Laden der amerikanischen Luxux-Kaufhauskette wurde 1924 von Horace Saks zusammen mit einer Geschäftspartner auf der New Yorker 5th Avenue eröffnet. 1992 gründete das Unternehmen sein erstes Outletgeschäft in Pennsylvania. Als 1995 weitere Läden eröffnet werden sollten, wurde das Geschäft in Saks Off 5th umbenannt. 2013 übernahm HBC das Unternehmen. Im Jahr 2016 gab es weltweit 41 Fililalen von Saks Fifth Avenue und 117 von Saks Off 5th.
Die Rabatt-Orgie ist ein Versuch von Notwehr. Angesichts der immer schwächer werdenden Besucherzahlen in den Innenstädten stehen die Warenhauskonzerne enorm unter Druck. Karstadt und Kaufhof reagieren darauf mit Discounts in Serie. Eine riskante Strategie. „Das zieht zwar kurzfristig Kunden in die Läden, aber die Unternehmen zahlen dafür einen hohen Preis in Form von sinkenden Gewinnen“, warnt Michael Hauf, Geschäftsführer der renommierten Branchenberatung Hachmeister + Partner.
In der Tat hat Galeria Kaufhof im vergangenen Jahr rote Zahlen geschrieben. Und auch Karstadt hat unter dem Strich einen Verlust erzielt. Schon geistern wieder Gerüchte über einen möglichen Zusammenschluss von Kaufhof und Karstadt zu einer Deutschen Warenhaus AG durch die Branche. Das aber würde höchstens helfen, überflüssige Flächen und unrentable Häuser schneller stillzulegen. Ein Zukunftskonzept wäre das noch nicht.
Doch welche Maßnahmen sichern tatsächlich den Fortbestand von Karstadt und Galeria Kaufhof? Wie müsste ein Entwurf für das Warenhaus der Zukunft aussehen?
Was hilft ist ein Blick über die Landesgrenzen. Hachmeister + Partner hat sich in einer Studie weltweit Warenhäuser angesehen und Erfolgsfaktoren für Kaufhäuser identifiziert. Und dabei eine ernüchternde Erkenntnis gewonnen. „Karstadt und Kaufhof sind weit weg von dem, was nach internationalen Maßstäben möglich wäre“, resümiert Hachmeister-Geschäftsführer Hauf.
Was möglich wäre, zeigt beispielsweise ein Blick nach Großbritannien. Da macht etwa die Kette Selfridges mit nur vier Filialen einen Umsatz von umgerechnet 1,54 Milliarden Euro und einen Gewinn von knapp 180 Millionen Euro. Neben einem schlanken, sehr hochwertigen Sortiment und einer spektakulären Inszenierung der Ware ist es vor allem die konsequente Verknüpfung von E-Commerce und stationärem Geschäft, die Wachstum bringt. So ist der Onlineumsatz im vergangenen Jahr um 38 Prozent gewachsen.
Deutschlands beliebteste Waren- und Kaufhäuser
Mit 2,05 Millionen Besucher in sehcs Monaten kommt Breuninger auf Rang 5 der Waren- und Kaufhäuser in Deutschland
Zur Umfrage: Das Ergebnis einer Umfrage zu den beliebtesten Waren- und Kaufhäusern in Deutschland zeigt, wie viele Menschen innerhalb von sechs Monaten im vergangenen Jahr in den verschiedenen Warenhäusern eingekauft haben.
Quelle: Statista / IFAK, Ipsos
Strauss Innovation landet 2014 auf dem vierten Platz der beliebtesten Waren- und Kaufhäuser mit rund vier Millionen Kunden in sechs Monaten.
Platz drei geht mit rund 8,4 Millionen Kunden an die Einzelhandelskette Woolworth mit rund 260 Filialen in Deutschland.
Mit einer Kundschaft von 17,35 Millionen hat es die Karstadt Warenhaus GmbH mit Sitz in Essen auf Platz zwei der beliebtesten Kaufhäuser geschafft.
Die meisten Kunden konnte die Galeria Kaufhof in sechs Monaten im Jahr 2014 in ihre Filialen locken. Rund 21,72 Millionen Deutsche über 14 Jahre haben dort eingekauft.
Davon profitiert auch das stationäre Geschäft. Während Kaufhof und Karstadt verzweifelt versuchen, ihre Verkaufsflächen zu reduzieren, baut Selfridges selbstbewusst aus. In diesem und dem kommenden Jahr will das Unternehmen die Verkaufsfläche um ein Viertel erweitern. Investitionsvolumen: Rund 300 Millionen Pfund (332 Millionen Euro).