Schickedanz gegen Sal. Oppenheim Verhandlung wird zur großen Middelhoff-Show

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Wie glaubwürdig ist Schickedanz wirklich?

Um KarstadtQuelle zu sanieren, schwebte Middelhoff vor, den Konzern von der Börse zu nehmen. Sein Kalkül: Wenn das Unternehmen, das einst mehr als 100.000 Mitarbeitern zählte, nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit stehe, ließe es sich leichter sanieren.

Voraussetzung für den Börsenrückzug wäre aber gewesen, dass Schickedanz zuerst die Aktienmehrheit am Konzern erwirbt. Dafür fehlten ihr aber die finanziellen Mittel. Die sollten nun von Sal. Oppenheim und den Kunden von Josef Esch kommen, dem Vermögensverwalter von Schickedanz und Middelhoff.

Die "geborene Insiderin"

Die Details des Plans: Middelhoff beauftragte Goldman Sachs, die Deutsche Bank und die Rechtssozietät Shearman & Sterling, um die finanzielle und rechtliche Machbarkeit eines Börsenrückzugs abzuklären. Wegen einer Klausel in Kreditverträgen wiesen die Berater darauf hin, dass ein Pflichtangebot vermieden werden sollte, weil ansonsten die komplette Refinanzierung des Konzerns in Frage stünde. Der Ausweg hatte einen Namen: Madeleine Schickedanz.


Die Berater beschrieben sie als "geborene Insiderin", schildert Middelhoff. Als Hauptaktionärin wäre sie die einzige Person gewesen, die ohne Übernahmeangebot Aktien zukaufen könne. Weil ihr aber das Geld dazu fehlte, sollte sie als Strohfrau fungieren, wie Middelhoff bestätigte.

Unwissenheit sei "schwerlich plausibel"

Schickedanz sei wegen dieses Plans "ein bisschen besorgt" gewesen und hätte klar gemacht, dass sie keine weiteren Verbindlichkeiten anhäufen wolle. Josef Esch, der Schickedanz in Vermögensfragen beriet, soll laut Leo Herl, Schickedanz Ehemann, daraufhin versichert haben, dass Schickedanz zwar mit ihrem Namen die Aktien kaufe, die Finanzierung aber geregelt sei und sie kein Risiko davon trage.

Diesen Eindruck hatte offenbar auch Middelhoff und bringt damit seinen einstigen Duz-Freund, Josef Esch, in Bedrängnis. "Meine Schlussfolgerung war eindeutig, dass Schickedanz nicht auf eigenes wirtschaftliches Risiko kauften sollte", sagte Middelhoff.

Der Vorsitzende Richter Stefan Singbartl erklärte aber schon beim Prozessauftakt vor zwei Jahren, er halte es für "schwerlich plausibel", dass jemand mit solch einem Hintergrund wie Frau Schickedanz nicht gewusst habe, welches Risiko in Aktienkäufen auf Pump läge. "Sie machte alles mit", sagte Singbartl damals. Es sei nicht zu erkennen, dass die Transaktionen gegen den Willen von Schickedanz über die Bühne gingen.

Weitere Middelhoff-Prozesse

Im Sal. Oppenheim-Prozess geht es am Mittwoch mit der Ladung des Unternehmers Holger Lampatz weiter. Er soll bezeugen – so hoffen Schickedanz Anwälte –, dass Esch sich mehrmals abfällig über Schickedanz äußerte und ihre Kompetenz arg in Zweifel zog. Sinngemäß soll Esch gesagt haben, Schickedanz sei eine Hausfrau, die vom Geschäftlichen nichts verstehe. Esch bestreitet das ebenso, wie alle anderen Vorwürfe.

In Essen beschäftigt sich am Donnerstag ebenfalls ein Gericht mit der Arcandor-Pleite. Middelhoff steht auch dort im Mittelpunkt. Die Staatsanwaltschaft Bochum fordert für den einstigen Chef von Bertelsmann im Strafverfahren wegen schwerer Untreue drei Jahre und drei Monate Haft. Die Staatsanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass der 61-Jährige seine Treuepflichten verletzt und dem pleitegegangenen Arcandor-Konzern in 44 Fällen geschadet habe. So habe Middelhoff etwa mit einer einzigen New-York-Reise für einen Schaden in der Höhe von mehr als 91.000 Euro gesorgt.

Das Schicksal der früher größten europäischen Privatbank und des von Middelhoff geführten Handelskonzerns waren während der Finanzkrise eng miteinander verwoben. Als Großaktionär wurde Sal. Oppenheim von der Arcandor-Insolvenz im Sommer 2009 mit in den Abwärtsstrudel gerissen. Die Deutsche Bank übernahm Sal. Oppenheim schließlich 2010 in stark verkleinerter Form.

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