Das Wort „bekömmlich“ hat in der Werbung für Bier nichts zu suchen. Das hat das Landgericht Ravensburg am Dienstag entschieden. Es berief sich auf eine Verordnung der Europäischen Union, die gesundheitsbezogene Angaben zu Bier in der Werbung verbietet. Das Wort „bekömmlich“ suggeriere, dass Bier für den Körper verträglich sei, und sei damit gesundheitsbezogen, hieß es zur Begründung.
Die Brauerei Clemens Härle aus Leutkirch hatte auf ihrer Internetseite drei Biersorten mit dem Begriff "bekömmlich" beworben. "Für uns heißt das im Zusammenhang mit unseren Bieren, dass sie gut fürs Wohlbefinden sind", sagt der Brauerei-Chef Gottfried Härle. Das sieht der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) aus Berlin anders: Für ihn ist der Begriff eine "gesundheitsbezogene Angabe" - und die sei im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken nicht erlaubt, vor allem weil der Begriff die Gefahren des Trinkens von Alkohol verschweige. Deshalb untersagte er per einstweiliger Verfügung die Werbung mit dem Begriff. Diese Anordnung bestätigte nun das Landgericht Ravensburg.
Verband und Landgericht berufen sich damit auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2012. Der entschied damals: Winzer dürfen nicht mit Werbeslogans wie "bekömmlich", "sanfte Säure" oder "Edition Mild" für ihren Wein werben. Das sei eine gesundheitsbezogene Angabe, die auf den geringen Säuregehalt und die leichtere Verdauung hinweise, aber die Gefahren beim Trinken von Alkohol verschweige. Das EU-Recht verbietet für Getränke mit mehr als 1,2 Prozent Alkohol Angaben, die eine Verbesserung des Gesundheitszustands suggerieren. Zum Schutz der Verbraucher dürfen Hersteller weder auf dem Etikett noch in der Werbung solche Begriffe verwenden.
Bislang gab es keine vergleichbaren Rechtsprechungen zum Bier. "Mir ist dazu bislang kein anderer Rechtsstreit bekannt", sagte der Geschäftsführer des Verbands der Privaten Brauereien in Deutschland. Roland Demleitner arbeitet neben seiner Tätigkeit für den Bier-Verband auch als selbstständiger Anwalt - und vertrat in dieser Funktion die Brauerei Härle vor dem Ravensburger Landgericht. Er schloss nun weitere rechtliche Schritte nicht aus. Man werde die Urteilsbegründung prüfen und dann entscheiden, ob man beim Oberlandesgericht Berufung einlege, sagte er. Das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht.
Er halte weiter für fraglich, ob die bloße Verwendung des Wortes „bekömmlich“ schon gesundheitsbezogen sei, sagte Demleitner, der auch Geschäftsführer des Verbands der Privaten Brauereien in Deutschland ist. Der Kontext der Werbung sollte immer mit berücksichtigt werden. Die Brauerei Härle habe mit dem Wort „bekömmlich“ lediglich den Geschmack des Bieres bewerben wollen.
VSW-Geschäftsführerin Angelika Lange sagte, Werbeslogans wie „bekömmlich“ für Alkohol seien aus gutem Grund verboten. Mit Alkoholkonsum seien viele Gesundheitsrisiken verbunden. Die Zahl der Alkoholabhängigen sei groß. Die volkswirtschaftlichen Kosten für ihre Behandlung seien enorm, ganz abgesehen vom persönlichen Leid, das mit Alkoholismus verbunden sei.
Bier dürfe beworben werden, nur eben nicht mit angeblichen gesundheitlichen Vorteilen, sagte Lange. Normalerweise hielten sich die Brauereien auch an diese Vorgaben. Der aktuelle Fall sei nur ein Ausreißer. Dem Verband lägen derzeit keine ähnlichen Beschwerden mehr vor.