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Quelle: imago images

Diese Studie legt die Wunden im deutschen Marketing offen

Ist Marketing fit für die Zukunft? Mitnichten! Die Verantwortlichen treffen einsame Entscheidungen ohne ausreichende Datenbasis. Ein fataler Blindflug. Eine Kolumne.

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Selten haben Marketingverantwortliche vor so vielen Herausforderungen gestanden wie in diesen Zeiten. Eine Studie von Nielsen im Auftrag von HubSpot und LinkedIn kommt nun zum Ergebnis, dass Marketingchefs in ihren Unternehmen am liebsten alleine entscheiden – und das zu allem Überfluss ohne ausreichende Datenbasis. Wieder einmal manövriert sich ein Großteil der Marketingleute so völlig ohne Not selbst ins Aus.

Für die Studie „Die Zukunft des Marketings im EMEA-Raum“ wurden 2016 Entscheiderinnen und Entscheider im Marketing zu ihren Herausforderungen und Prioritäten befragt. Aus dem DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) antworteten 640 Befragte.

Deutschland kann am besten „Allwetter-Marketing“

In der Auswertung der Studie für die DACH-Region heißt es: „Deutschland nutzt die wenigsten Marketingkanäle und verzeichnet von allen Ländern unserer Studie die geringsten Ermüdungserscheinungen bei bestimmten Kanälen. Marketingverantwortliche in diesem Markt scheinen auch in Zeiten der Ungewissheit ihre Ruhe zu bewahren – ein Ansatz, den LinkedIn als „Allwetter-Marketing“ bezeichnet. Anstatt das Rad neu zu erfinden, konzentrieren sie sich auf Stabilität und investieren in Strategien, die im Laufe der Zeit dazu beitragen können, Vertrauen bei potenziellen Kundinnen und Kunden sowie bei der Bestandskundschaft aufzubauen.“

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Eine zentrale Erkenntnis der Studie stellt ONEtoONE heraus: „70 Prozent der Marketingverantwortlichen im EMEA-Raum entscheiden laut einer Umfrage über Marketingservices und -strategien ihres Unternehmens allein. Der Trend zu Silo-Entscheidungen hat sich zuletzt durch große Umschichtungen des Arbeitsmarkts verschärft. Die Studienergebnisse zeigen, dass Marketingentscheider unter zunehmendem Leistungsdruck stehen. Ressourcen- und Zeitmangel erschweren es, eine Full-Funnel-Marketingstrategie zu entwickeln – doch genau das ist für Marken das Gebot der Stunde, um im Gedächtnis zu bleiben.“ Allein und datenlos, das hat selbstverständlich Konsequenzen.

Entscheidungen aus dem Silo

Die Ergebnisse der Studie geben ein, gelinde gesagt, erschreckendes Bild über den Zustand des Marketings ab. Sie bestätigen, dass die Disziplin in einem selbsterschaffenen Silo gefangen ist und ein Austausch mit anderen Bereichen des Unternehmens wie Vertrieb oder Kundendienst offenbar nicht stattfindet. Auch Horizont stellt diese zentrale Erkenntnis heraus und titelt: „So viele Marketingchefs entscheiden in ihren Unternehmen auf eigene Faust“.

Je tiefer man in die Studie eintaucht, desto erschreckender werden die Erkenntnisse. Wer Entscheidungen trifft, muss auf Informationen und Daten, mithin auf bestimmte Datenquellen zurückgreifen. Zunächst ist auffällig, dass ausgerechnet im detailverliebten Deutschland weniger Quellen als in anderen Ländern genutzt werden.

Verkaufsdaten aus dem Vertrieb nutzten ganze 47 Prozent aller Marketingentscheider, in Deutschland sind es nur 42 Prozent. Immerhin beziehen ein Drittel der Marketer „Vertriebsdaten aus unseren Filialen“ (zumindest sofern eigene Filialen vorhanden sind). Spätestens an dieser Stelle stellt sich die Frage, wie man im Marketing überhaupt zu Entscheidungen über Marketingziele kommt, ohne auf Vertriebsdaten zurückzugreifen? Die Frage beantwortet die Studie nicht.

Daten aus Umfragen/Marktforschung nutzen nur 36, in Deutschland 35 Prozent. Kundenfeedback oder CRM-Software setzen weniger als ein Drittel ein, Kundenforen nur jeder siebte Entscheider in Deutschland. Die DACH-Region bildet bei der Nutzung von Datenquellen häufig das Schlusslicht. Das ist äußerst schwer nachzuvollziehen – und noch schwerer zu erklären.

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