Wenn sich doch wenigstens was tun würde! Bei Karstadt in Bielefeld haben die neulich umgebaut. In solch einer Lage rund drei Gehminuten von Kaufhof und Saturn entfernt muss man den Kunden ja schließlich etwas bieten. Die Innovations-Offensive. Und dann, nach der großen Neueröffnung, da waren die Bonbons jetzt vorne links und die Handtücher weiter hinten. Sonst ist mir nichts aufgefallen. Steckt da eine geheime Strategie dahinter, die der Kunde nicht begreifen soll?
Oh Gott, Frau Sjöstedt, kann man da wirklich noch was retten? Das Tafelsilber, also das KaDeWe, das Hamburger Alsterhaus und Oberpollinger in München, wurde ja schon verscheuert und gehört nicht mehr zur Karstadt Warenhaus GmbH.
Sie müssen nun ausgerechnet an die langweiligen, spießigen Dickschiffe in den mittelgroßen Städten ran. Die mit den grauen Linoleum-Böden, den stinkenden Klimaanlagen (Köln!), den niedrigen Decken. Mit Mitarbeitern, denen die Gewerkschaften eingeimpft haben, dass früher alles besser war.
Dabei war damals alles genauso. Und das ist ja gerade das Schlimme!
Früher waren Warenhäuser noch die große weitere Einkaufswelt. Ein Erlebnis! Heute fühlt sich nur noch die Generation an Kunden wohl, die jung war, als die ersten Warenhäuser aufmachten in Deutschland.
Aber was hat Karstadt in den vergangenen Jahren anderes zustande gebracht, als den Schlussverkauf jetzt Sale zu nennen (den viele der Stammkunden übrigens deutsch Saale aussprechen)?
Kein Wunder, dass Karstadt die junge Generation verloren hat. Und wie reagiert jetzt Karstadt? Trennt einzelne Ecken ab, streicht die Wände schwarz, nennt den Bereich statt Karstadt englisch KTown, stellt eine Vitrine mit Muffins dazu und wartet, dass die Teenies kommen. Zu KTown im Karstadt! Die traurige Karstadt-Strategie: halbherzig nachmachen, statt voranzugehen. Motto: Wir haben das jetzt auch.
Und zehn Meter weiter türmen sich Bürotassen mit dummen Sprüchen drauf im Sale. Mein fünfzehn Jahre altes Patenkind Ida nennt es so: "Schlecht!"
Frau Sjöstedt kommt aus Schweden. Wo Kaufhäuser wie NK oder Åléns noch Maßstäbe setzen. Mit Spitzenmarken der erfolgreichsten Designer, sei es bei Glas, Kleidung oder sogar Lampen. In mitunter beeindruckendem Ambiente. Wo man hingeht, um sich inspirieren zu lassen und Einrichtungsideen zu holen. Wo hochmotivierte, gut aussehende junge Menschen die Kleidung, die sie verkaufen, am eigenen Leib präsentieren. Die fast perfekt Englisch sprechen. Dort finden Sie etwa Designer-Tagesdecken, mit denen haben die deutschen Aussteller auf der Kölner Möbelmesse 2014 gerade ihre Neuheiten dekoriert.
Ich darf mal zusammenfassen: Alles muss neu bei Karstadt! Neues Ambiente, neues Sortiment, neuer Service, neue, frische Gesichter. Und gleichzeitig Preise, die mit dem Internet mithalten können. Alles andere braucht kein Mensch.
Summe, die Investor Nicolas Berggruen bisher von eigenem Vermögen in Karstadt investiert hat: einen Euro.
Das wird nichts mehr, Frau Sjöstedt. Machen Sie sich ein paar schöne Monate in Essen und möbeln Sie ein paar Filialen so auf, dass man sie den Mitarbeitern zuliebe wenigstens noch an Kaufhof verschenken kann. In unbändiger Vorfreude darauf ist der Kaufhof-Chef Lovo Mandrac offiziell allerdings nicht. Denn als lahmender Konkurrent ohne Zukunft nutzt Karstadt Kaufhof gerade am allermeisten.