Boni für VW-Manager VW-Aufsichtsrat Weil im Kreuzfeuer der Kritik

Die Opposition im niedersächsischen Landtag rechnet mit dem Krisenmanagement der Landesregierung bei Volkswagen ab. Vor allem der sozialdemokratische Ministerpräsident Stephan Weil muss sich einiges anhören.

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Die Opposition im niedersächsischen Landtag zeigt wenig Verständnis für das Feilschen um Boni im Topmanagement des VW-Konzerns und. Sie greift Weil hart an. Quelle: AFP

Hannover Sichtlich gelöst betritt Stephan Weil den Plenarsaal des niedersächsischen Landtags. Ein freundliches Schulterklopfen hier, eine herzliche Umarmung da. Gute Laune macht sich breit unter den Abgeordneten der SPD-Fraktion an diesem Mittwoch. Ihr Ministerpräsident und als solcher Mitglied der VW-Aufsichtsrats hat geliefert. So sehen es die Parteigenossen. Offiziell ist es noch nicht, aber es hat sich längst herumgesprochen unter den Abgeordneten: Verzicht ist angesagt in der Führungsetage.

VW-Chef Matthias Müller und seine Vorstandskollegen verzichten. Der langjährige Vorstandschef Martin Winterkorn, der im September wegen der Abgas-Affäre zurücktreten musste und dessen Vertrag erst Ende 2016 ausläuft, verzichtet. Und auch der neue Aufsichtsratschef und frühere Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch, der sein Geld bereits in Form einer Wechselprämie im vergangenen Herbst bekommen hatte, verzichtet. Insgesamt werden die Boni für das Jahr 2015 um mehr als 30 Prozent verringert, erfuhr das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen.

„Den Schritt von Herrn Pötsch begrüße ich sehr“, sagte Weil. Weitere Details zum freiwilligen Verzicht der Manager nannte der Ministerpräsident mit Verweis auf die „verschiedenen Modelle“, die noch im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung am 22. April „diskutiert und abgestimmt“ werden müssten, nicht.

Mehr als eine Woche lang haben Vorstände und Aufsichtsräte gestritten - über die Frage, wie viel Bonus ein Vorstand in Deutschlands größtem Industriekonzern für seine Arbeit der vergangenen Jahre erwarten darf. Wenig, sagten die Arbeitnehmer, vor allem vertreten durch den mächtigen Betriebsratschef Bernd Osterloh. Je weniger desto besser, forderte auch Stephan Weil.

Die Argumentation der Arbeitnehmervertreter und des Großaktionärs Niedersachen, die zusammen über eine Mehrheit im Aufsichtsrat verfügen: Durch das eklatante Versagen der Führungskräfte in der Abgasaffäre sei jeder Anspruch auf eine Auszahlung in Millionenhöhe zwar immer noch legal, aber eben nicht legitim.

Besonders für Weil, der seit gut zwei Jahren als Ministerpräsident amtiert, ist die Lage heikel. Die Umfragewerte seiner Partei sind schlecht, die Niedersachsen und deren Volksvertreter zeigen wenig Verständnis für das würdelose Feilschen um Boni im Topmanagement des VW-Konzerns. Und schließlich hatte Weil die umstrittene Entscheidung, Pötsch seinen Wechsel vom Vorstand in den prestigeträchtigsten, aber weniger lukrativen Posten des Chefkontrolleurs mit bis zu 15 Millionen Euro zu versüßen, mitgetragen - zusammen mit seinem Wirtschaftsminister Olaf Lies.


„Nichts ist unter Kontrolle bei VW“

So ist es kein Wunder, dass sich die Freude in der Opposition über den jetzigen Verzicht der Manager in Grenzen hält. Björn Thümler, Fraktionsvorsitzender der CDU, vermisst die „ordnende Hand in diesem Konzern“. „Wer hat denn die Verträge geschlossen?“, rief er mit bebender Stimme den SPD-Abgeordneten entgegen. „Die Mitglieder der Landesregierung im Aufsichtsrat von Volkswagen sind sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.“

Jörg Bode, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP, ergänzt: „Nichts ist unter Kontrolle bei VW.“ Die Landesregierung lege „die Hände in den Schoß“. Es sei doch ein Skandal, dass die Kontrolleure sich nun „wie Bittsteller“ an das Topmanagement wenden müssten, damit diese auf ihre Boni verzichteten. Auf Zahlungen, die auf Gewinnen beruhten, die mit „betrügerischen Methoden“ erzielt worden seien. Es sei eine „klare Fehlentscheidung“ gewesen, Pötsch zum Aufsichtsrat zu ernennen. „Einen solchen Vertrag hätte der ehemalige Ministerpräsident Wulff niemals unterschrieben“, provozierte er weiter.

Schließlich forderte er die Landesregierung auf, dafür zu kämpfen, dass die Vorstände komplett auf ihre Boni verzichten. Außerdem brauche der Konzern einen neutralen Aufsichtsratsvorsitzenden, der völlig unbelastet von Dieselgate sei. Wirtschaftsminister Lies, der zweite Mann im Aufsichtsrat für Niedersachsen, fiel dagegen mit leisen Tönen auf. Er wolle sich an diesem „öffentlichen Schauspiel“ nicht beteiligen und forderte alle auf, der Gesamtverantwortung für das wichtigste Unternehmen Niedersachsens gerecht zu werden.

Allen Beteiligten ist offenbar bewusst, dass das große Ganze auf dem Spiel steht. Auch dass die bislang veranschlagten 6,7 Milliarden Euro Rückstellungen für Rückrufe und Strafen nicht ausreichen werden, ahnen die Abgeordneten.

Weil hatte bereits zuvor betont, dass es in der Bonifrage nicht nur um Schadensbegrenzung, sondern auch um Moral gehe. Sein Vortrag im Landtag schloss er mit den Worten: „Es sind schwierige und anstrengende Tage und Wochen, die wir derzeit erleben. Das ist die unvermeidliche Folge eines jahrelangen Fehlverhaltens, das einen sehr schweren Schaden ausgelöst hat.“

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