Chinesische Automarke enttäuscht Chaos bei Qoros

Der chinesische Autobauer Qoros scheitert wieder einmal an den eigenen Ansprüchen. Nun nimmt der nächste Chef nach nur einem Jahr seinen Hut. Verlieren die Investoren die Geduld?

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Qoros ließ viele Chinesen vom Aufstieg des Landes zur Automacht träumen. Doch mittlerweile kehrt Ernüchterung ein. Quelle: Reuters

Der Traum einer chinesischen Automarke mit weltweitem Erfolg scheint wieder einmal ausgeträumt. Nach nur einem Jahr nimmt Phil Murtaugh, der neue Chef des chinesischen Autobauers Qoros, seinen Hut. Die Marke, die mit westlichem Qualitätsanspruch und finanzkräftigen Investoren im Rücken die Autowelt erobern will, wirkt nach dem zweiten Chefwechsel innerhalb weniger Monate nicht sonderlich bedrohlich für die westlichen Konkurrenten.

Mit 14.000 verkauften Fahrzeugen wurde das ausgerufene Ziel von 35.000 Auslieferungen auch im Jahr 2015 deutlich verpasst. Von einigen hunderttausend Autos, von denen man bei der Gründung des Autobauers noch sprach, ist man weit entfernt. Im chinesischen Millionenmarkt ist Qoros nicht mehr als eine Randnotiz. Mit dem Abgang von CEO Phil Murtaugh nach nur einem Jahr strebt die Krise des Autobauers einem neuen Höhepunkt zu.

Der erfahrene Automanager sei „aus persönlichen Gründen“ gegangen, heißt es in der offiziellen Mitteilung des Unternehmens. Doch im Hintergrund scheint es angesichts der mageren Bilanz zu rumoren. „Was gefehlt hat und was unsere Anteilseigner sehen wollten, waren zum einen höhere Verkaufszahlen und zum anderen ein Unternehmen, das nicht einfach nur ein weiterer Autobauer ist, sondern ein einzigartiger Marktteilnehmer“, wird Aufsichtsrat Dan Cohen in der Financial Times zitiert. Nun wünsche man sich einen Chef „mehr vom Typ Silicon Valley“.

Dabei gilt Murtaugh als ausgewiesener Kenner des Marktes. Der ehemalige China-Chef von General Motors war erst vor einem Jahr vom chinesischen Elektroauto-Start-up Coda Automotive abgeworben worden und hatte seinen erfolglosen chinesischen Vorgänger Guo Qian abgelöst. Unter der Führung von Murtaugh wurde das Marketingkonzept überarbeitet und ein neuer SUV mit E-Antrieb vorgestellt.


Qoros kaufte 400 Experten aus aller Welt ein

Die Investoren, zu denen neben dem chinesischen Autobauer Chery auch die israelische Investmentgesellschaft Israel Corp. gehört, drängen auf eine neue Strategie. Die allerdings ist bereits in ihren Grundzügen zu erkennen. Zwei neue Unternehmensabteilungen wurden geschaffen; eine soll sich auf die Entwicklung von Elektroautos konzentrieren, die andere auch alternative Mobilitätsmodelle und das autonome Fahren vorantreiben. Die Verkaufszahlen dürfte das kurzfristig kaum steigern. In China hat Qoros nur etwa 100 Händler – und damit sogar weniger als Marken wie Volvo. Den meisten Chinesen ist die Marke gänzlich unbekannt.

Dabei hatte alles vielversprechend begonnen. 400 Experten aus mehr als zehn Ländern hatte Qoros eingekauft, um die Marke auf einem weißen Blatt Papier zu erfinden - von VW, BMW, Jaguar, Volvo, Saab, General Motors und Fiat. In den ersten Jahren leitete der ehemalige VW-Manager Volker Steinwascher die Geschäfte. Die Modelle stammen aus der Feder des BMW-Designers Gert-Volker Hildebrand – und sorgten durchaus für Aufmerksamkeit.

Nach der Europapremiere des 3 Sedan auf dem Autosalon in Genf folgten ein Hatchback und ein SUV. Die Motoren kommen ebenfalls aus Europa: Sie basieren auf einer Konstruktion der österreichischen AVL und wurden von den Qoros-Ingenieuren umgebaut. Beim NCAP-Crashtest war der Qoros im Jahr 2013 sogar das sicherste aller getesteten Autos. Alle Erfolge scheinen aber nicht zu den gewünschten Erfolgen geführt zu haben. Anfangs geäußerte Expansionspläne nach Europa dürften mittlerweile auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben worden sein.

Bisher bleibt Qoros ein Zuschussgeschäft. Denn bisher ist die Produktion im Werk in Changshu, 80 Kilometer nordwestlich von Shanghai, kaum ausgelastet – dort können theoretisch bis zu 150.000 Fahrzeuge gebaut werden. Offen bleibt nach dem Abgang von Murtaugh daher die Frage, wie geduldig die Investoren sind. Seit Gründung wurden rund 2,5 Milliarden Dollar in die Entwicklung von Qoros gesteckt.

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