Sammelklage gegen Mercedes Daimlers Diesel im US-Visier

Droht Daimler das gleiche Schicksal wie Volkswagen? In den USA hat eine renommierte Kanzlei nun eine Sammelklage gegen die Schwaben angestrengt. Auch Daimler soll beim Diesel betrogen haben. Was steckt dahinter?

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Ein Mercedes-Besitzer in den USA verklagt den Autobauer. Quelle: PR

Die Nervosität der Anleger ist groß in Zeiten des Dieselskandals. Schon Verdachtsmomente reichen, um eine Aktie auf Talfahrt zu schicken. Nach Renault hat es nun auch Daimler erwischt. Eine Sammelklage in den USA sorgt für Unruhe unter den Anlegern. Ein Besitzer eines Mercedes-Modells mit „Blue Tec“-Dieselmotor wirft dem Stuttgarter Autobauer vor, dass sein Auto bei niedrigen Temperaturen deutlich mehr giftiges Stickoxid ausstoße – und klagt deswegen vor dem Bezirksgericht Illinois.

Für die Aktionäre werden da Erinnerungen an den VW-Skandal wach. Zum Handelsstart gehörte Daimler zu den ganz großen Verlierern im Dax. Die Angst, dass auch der derzeit sehr erfolgreiche Premiumautobauer in den Strudel des VW-Abgasbetrugs geraten könnte, ist offenbar groß.

Dabei sind viele wichtige Details der Klage noch unklar. Zum einen fehlen bisher die Testergebnisse, auf die sich die Klage bezieht. „Es sieht so aus, dass Mercedes die betroffenen Blue Tec Fahrzeuge so programmiert hat, dass sie schmutziger sind – wie schon Volkswagen”, erklärt die US-Kanzlei Hagens Berman in einer Pressemitteilung. Die Argumentation der Kläger: Daimler habe seine Dieselmodelle als besonders umweltfreundlich und sauber beworben. Bei niedrigen Temperaturen seien die gemessenen Stickoxidwerte aber im Schnitt 19 Mal höher ausgefallen als in den USA erlaubt.

Mit dem Rechtsanwalt Steve Berman dürfte Daimler es mit einem zähen Gegner zu tun bekommen. Der US-Anwalt klagte schon erfolgreich gegen Toyota und General Motors und ist auch an den Sammelklagen gegen VW federführend beteiligt.

Nun suchen die Anwälte weitere Mercedes-Fahrer, die sich der Klage anschließen sollen. Die Liste der angeblich betroffenen Modelle ist lang: von den SUV-Modellen der G-Klasse über den Lieferwagen Sprinter bis zur S-Klasse, Daimlers Oberklassemodell. Umso bemühter ist der Autobauer, die Vorwürfe schnell aus der Welt zu schaffen. Man habe nicht betrogen und betrüge auch nicht, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. „Daher halten wir die Klage für unbegründet”. Man sei dabei, Unterlagen zu sichten und werde sich verteidigen.


Daimler braucht den Diesel

Was die Sache für Daimler einfacher macht: Offenbar ist keine US-Umweltbehörde an der Klage beteiligt. Die im VW-Skandal aktive Bundesbehörde EPA sowie die kalifornische Carb hatten in den vergangenen Monaten immer wieder angekündigt, auch Modelle anderer Hersteller zu prüfen. Zu einer Klage ist es bisher aber nicht gekommen.

Eine technische Erklärung will der Konzern erst abgeben, wenn er über die Details der Tests informiert wurde. Bei modernen Dieselmotoren werden Abgase in den Verbrennungsprozess zurückgeführt, um den Schadstoffanteil zu senken. Allerdings ist die Funktionalität bei niedrigen Temperaturen zum Bauteilschutz geringer ausgeprägt. Das führt zu höheren Stickoxid-Werten – ist aber nicht zwangsläufig ein vorsätzlicher Betrug wie im Fall VW.

Daimler hat den Einsatz einer speziellen Software zur Manipulation von Abgaswerten mehrfach bestritten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte Daimler den Einsatz einer Abschalteinrichtung vorgeworfen, nachdem bei einem Diesel-Fahrzeug der C-Klasse erhöhte Werte festgestellt worden waren. Der Umweltverband bezog sich dabei auf Messungen des niederländischen Prüfinstituts TNO, das bei diesem Fahrzeug hohe Überschreitungen bei Stickoxid-Emissionen gemessen hatte. Daimler stellt die Aussagekraft der Tests infrage.

Die anhaltende Diskussion über den Diesel ist für Daimler mehr als unangenehm. Immerhin hatte der Autobauer erst vor wenigen Tagen die neuste Generation seiner Dieselmotoren präsentiert und angekündigt, in den nächsten Jahren 2,6 Milliarden Euro in den Selbstzünder zu investieren. Der Dieselanteil in der Daimler-Flotte ist durch den hohen Anteil an SUV, großen Limousinen und Nutzfahrzeugen traditionell hoch. Ohne Diesel dürften die Schwaben es schwer haben, den strengen CO2-Grenzwerten der EU auch zukünftig noch gerecht zu werden.

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