VW im Abgas-Skandal US-Tochter verspricht Kooperation bei Sammelklagen

Betrug, Vertragsbruch, Wettbewerbsverzerrung: Die Vorwürfe von US-Behörden gegen den Volkswagen wiegen schwer. Der Autokonzern verspricht den Ermittlern volle Kooperation – und beauftragt eine zweite Anwaltskanzlei.

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VW will den Behörden entgegenkommen und ließ über seine Anwälte verlauten, nach einem Weg zu suchen, die US-Ermittler auch datenschutzsensible Dokumente einsehen zu lassen. Quelle: AFP

Herndon/San Francisco/Berlin Volkswagen hat vor der ersten Anhörung im US-Mammut-Prozess um manipulierte Abgaswerte an diesem Donnerstag (Ortszeit) volle Kooperation versprochen. „Wir unterstützen das Bemühen von Richter Charles Breyer [...] eine rasche und faire Lösung zu finden“, teilte eine Sprecherin der US-Tochter Volkswagen of America mit.

VW sehe sich verpflichtet, den US-Ermittlern bei einer schnellstmöglichen Aufklärung zu helfen. „Unser Fokus liegt darauf, Vertrauen wieder herzustellen“, sagte die Sprecherin

Bei Breyers Gericht in San Francisco sind Hunderte Zivilklagen von US-Autobesitzern und -händlern gebündelt, die am Montag in drei Sammelklagen zusammengeführt wurden. So soll das komplizierte Verfahren, indem es um Vorwürfe wegen Betrugs, Vertragsbruchs und Wettbewerbsverzerrung geht, vereinfacht werden.

Die Kläger fordern Schadenersatz und zusätzliche Strafen wegen Hunderttausender Diesel-Wagen, die VW in den USA mit Betrugsprogrammen zum Austricksen von Emissionstests ausgerüstet hat. Der tatsächliche Schadstoff-Ausstoß übertraf die gesetzlichen Grenzwerte nach Angaben des US-Umweltamts EPA um ein Vielfaches.

Die Klagen richten sich gegen VW, die Konzerntöchter Audi und Porsche sowie den Zulieferer Bosch, der die zur Manipulation nötige Software geliefert haben soll. Außerdem sollen mehrere amtierende und ehemalige Top-Manager wie Matthias Müller und Martin Winterkorn persönlich haftbar gemacht werden.

Aus Gerichtsdokumenten, die der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegen, geht hervor, dass die VW-Anwälte auch zugesichert haben, sich um einen Ausweg aus dem Datenschutz-Dilemma zu bemühen, das die Aufarbeitung des Falls bislang erschwert. Die US-Ermittler haben Probleme, an Protokolle und andere Informationen zu kommen, die von deutschen Gesetzen geschützt sind.


„Alles kommt auf den Tisch“

Für die Aufarbeitung des Skandals hat der Konzern eine weitere Rechtsanwaltskanzlei beauftragt. Der vom Aufsichtsratspräsidium eingesetzte Sonderausschuss Dieselmotoren habe die Mandatierung weiterer externer Rechtsexperten empfohlen, um die Ergebnisse der Ermittlungen gesellschaftsrechtlich zu bewerten, sagte ein Sprecher des Kontrollgremiums am Donnerstag in Wolfsburg. Das Präsidium habe dem zugestimmt. Eine auf solche Fragen spezialisierte Kanzlei, deren Namen VW nicht nannte, soll die Dimension einer möglichen Haftung bewerten. Sie soll die Arbeit der US-Kanzlei Jones Day ergänzen, die seit Herbst daran arbeitet, die Hintergründe und Verantwortlichen des Abgasskandals zu ermitteln.

Jones Day berichtet dem engeren Führungszirkel von Volkswagen regelmäßig über den Fortgang ihrer Untersuchungen. Sie soll in der zweiten Aprilhälfte einen Zwischenstand der Ergebnisse vorlegen. Daneben ermittelt die Braunschweigers Staatsanwaltschaft in dem Fall.

Der Sprecher von Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch bekräftigte, Volkswagen werde die gesamte Thematik schonungslos aufklären. „Alles kommt auf den Tisch, nichts wird unter den Teppich gekehrt.“ Die damit betrauten internen und externen Spezialisten ermittelten ohne Ansehen von Personen und ohne Tabus.

VW hatte zugegeben, millionenfach Stickoxid-Werte mit einer illegalen Software geschönt zu haben und muss nun mit hohen Strafen und Schadensersatzforderungen rechnen. Der Konzern hatte bereits im vergangenen Jahr 6,7 Milliarden Euro für Fahrzeugrückrufe zur Seite gelegt. Unklar ist, wie viel Europas größter Autobauer wegen drohender Geldstrafen und Schadensersatzforderungen in den USA zurückstellen muss. Dabei spielt auch eine Rolle, inwieweit der Konzern gesellschaftsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Kläger in den USA werfen Verantwortlichen von Volkswagen vor, von den Manipulation gewusst, sie zum Teil sogar befördert, zumindest aber davon profitiert zu haben.

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