Unternehmenskrisen kommen zumeist plötzlich, unerwartet und bergen eine erhebliche Eigendynamik. Die regulären Gesetzmäßigkeiten und Prozesse in den Unternehmen finden dann keine Berücksichtigung mehr. Alles muss in der Krise ganz schnell gehen.
Die Krise verschärft sich zumeist durch den Druck der Medien, die rasante Verbreitung und Skandalisierung in sozialen Medien sowie kritische Behörden und nicht zuletzt Stakeholder, die sich möglicherweise in einem undifferenziert öffentlich wahrgenommenen Haftungsverbund mit der betroffenen Institution sehen und wiederum um die eigene Reputation besorgt sind.
In einer solchen Situation ist es erforderlich, dass das Krisenmanagement funktioniert. Die Mehrzahl der großen Unternehmen verfügen über vorsorgliche Pläne zur Bewältigung von Notfällen. Fraglich ist jedoch, ob die Unternehmen und Finanzinstitute auch auf komplexe Szenarien vorbereitet sind und über Fähigkeiten sowie Ressourcen verfügen, zunächst unplanbare Ereignisse bewältigen zu können. Wird bei der Vorbereitung der Aspekt der Kommunikation oder vielmehr des Reputationsmanagements ausgeklammert, ist das höchste immaterielle Gut eines Unternehmens in Gefahr: der gute Ruf.
Dies gilt umso mehr aufgrund der dynamischen Entwicklung der medialen Berichterstattung und deren rasanter Verbreitung über Social Media. Wenngleich sich der monetäre Reputationsschaden von Krisen nur schwer bestimmen lässt, so sind die Auswirkungen in der Realität zumeist massiv spürbar. Es ist davon auszugehen, dass das Reputationsmanagement zukünftig eine stärkere Beachtung finden wird. Gerade in der Finanzdienstleistungsbranche ist die Reputation ein Katalysator allen wirtschaftlichen Handelns.
Angesichts sehr vertrauensempfindlicher und zum Teil erklärungsbedürftiger Dienstleistungen am Absatzmarkt und des hohen Stellenwerts einer Vertrauensbeziehung zu Refinanzierungspartnern, kann eine Rufschädigung unmittelbare Auswirkungen auf Liquidität und Ertragskraft entfalten. Vor diesem Hintergrund hat die Bankenaufsicht das Thema Reputation bereits in der nationalen und internationalen Regulierung verankert.
Doch was zeichnet ein angemessenes Reputationskrisenmanagement aus und wie ist es in die Organisationsstruktur zu integrieren?
Spielraum durch frühe Einbindung
Eine frühzeitige Berücksichtigung kommunikativer Elemente zum Schutz der Reputation im Rahmen des Krisenmanagements steigert die Handlungsfähigkeit der Unternehmen. Ein interessanter Ansatz ist das Issue-Management. Dabei handelt es sich nicht um eine aktuelle Modeerscheinung, vielmehr hat der amerikanischen PR-Manager Howard Chase den Begriff im Jahr 1976 geprägt, als er Unternehmen in Krisen beriet. Sein Ansatz war, den betroffenen Unternehmen durch kommunikative Maßnahmen größere zeitliche Spielräume zur Behebung der Krisenursachen zu verschaffen, indem kritische Themen frühzeitig identifiziert und Handlungsrahmen für eine aktive Auseinandersetzung mit den Herausforderungen zu definieren.
Das Issue-Management empfiehlt ein vergleichbares Vorgehen, wie die Notfallpläne von zahlreichen Kreditinstituten. Beide bieten den Vorteil, dass neben der Öffentlichkeit auch Mitarbeiter sensibilisiert und im Umgang mit den Medien diszipliniert werden. Dennoch greift ein rein auf die mediale Wahrnehmung ausgerichtetes Vorgehen zu kurz, da andere relevante Stakeholder wie Kunden, Aufsichtsbehörden und Ratingagenturen, die möglicherweise im direkten Dialog mit dem Unternehmen stehen, vernachlässigt werden. Der methodische Ansatz des Issue-Managements muss daher mindestens um die Schlüsseladressaten erweitert werden, um ein effektives Instrument des Reputationskrisen-Managements darzustellen.