Im Verhandlungsmarathon mit Telefónica gaben die Choulidis-Brüder offenbar die besseren Abnahmegarantien ab. Auch United Internet und Freenet hätten gern ein Viertel der Netzkapazitäten der O2-/E-Plus-Gruppe abgenommen. Sie wollten aber auch Klauseln im Vertrag aufnehmen, die einen Teil der damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken abfedern.
Denn wie bei jedem Prozentwert hängt die tatsächliche Höhe der von O2/E-Plus abzugebenden Übertragungskapazitäten von den künftigen Netzausbauplänen ab. „Wenn Telefónica stärker investiert und die Netzkapazitäten erweitert, müsste der neue Partner auch mehr abnehmen“, berichtet ein Teilnehmer aus den Verhandlungen. Und da habe Drillisch offenbar die verbindlicheren Zusagen gemacht.
Warum der Ausbau des Internets für die Deutsche Telekom so teuer ist
Deutsche Telekom: Kupferkabel im Ortsnetz
Kabel Deutschland/ Unitymedia: Koaxialkabel im Ortsnetz
Deutsche Telekom: 40 Millionen
Kabel Deutschland/ Unitymedia: 24,6 Millionen
Deutsche Telekom: Telefonie, Internet, Fernsehen
Kabel Deutschland/ Unitymedia: Telefonie, Internet, Fernsehen
Deutsche Telekom: VDSL
Kabel Deutschland/ Unitymedia: Docsis 3.0
Deutsche Telekom: Beschleunigung auf 50 Megabit pro Sekunde in 51 Städten mit 12 Millionen Haushalten; Investition: 2–3 Mrd. Euro
Kabel Deutschland/ Unitymedia: Internetfähigkeit im gesamten Kabel-TV-Netz herstellen; Geschwindigkeit: 150 Megabit/Sekunde; Investition: 5,5–6 Mrd. Euro
Deutsche Telekom: Beschleunigung auf 100 Megabit pro Sekunde für 24 Millionen Haushalte bis zum Jahr 2016; Investition: 6 Mrd. Euro
Kabel Deutschland/ Unitymedia: Mit marginaler Investition Beschleunigung auf 200 bis 300 Megabit pro Sekunde jederzeit möglich; Investition: <1 Mrd. Euro
Deutsche Telekom: Einstieg ins Gigabit-Zeitalter durch den kompletten Austausch von Kupfer durch Glasfaser in allen Ortsnetzen; Investition: bis zu 80 Milliarden Euro
Kabel Deutschland/ Unitymedia: Einstieg ins Gigabit-Zeitalter, aber nur marginale Investition erforderlich, da die vorhandenen Koaxialkabel auf den letzten Metern im Ortsnetz weiter genutzt werden
Deutsche Telekom: bis zu 80 Mrd. Euro
Kabel Deutschland/ Unitymedia: bis zu 1 Mrd. Euro
Deutsche Telekom: pro Anschluss 5-10 Euro/ Monat
Kabel Deutschland/ Unitymedia: pro Anschluss 0-5 Euro/ Monat
Ausgerechnet Drillisch. Seit Jahren verlassen sich die Choulidis-Brüder allein darauf, dass preisbewusste Kunden im Internet den günstigsten Flatrate-Tarif finden und dann zu ihnen wechseln. Zwölf der rund 50 in Deutschland aktiven Discount-Marken haben die beiden aufgelegt. Die meisten tragen skurril anmutende Namen wie Maxxim, Discotel, hellomobil, McSim, Phonex oder DeutschlandSIM.
„Wichtig ist“, erzählen sie freimütig, „die Präsenz unserer Marken im Internet und dass wir in den Ranglisten der Vergleichsportale die Top-Positionen mit unseren Marken besetzen.“ Da die Konkurrenz oft nur mit einem Produkt auf den hinteren Plätzen vertreten ist, stehen die Drillisch-Marken als günstigste Anbieter da: „Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Interessenten ein Produkt von uns kaufen.“
Mit dieser Masche gewinnt Drillisch rund 50.000 Neukunden pro Quartal. Die derzeit erfolgreichsten Discounter Alditalk, blau.de und Congstar glänzen allerdings mit weit höheren Zuwachsraten. Die Folge: Selbst gemeinsam kommen alle zwölf Drillisch-Marken nur auf 1,8 Millionen Kunden. Congstar, die Discount-Tochter der Telekom, zählt alleine 3,4 Millionen Nutzer.
Quasi über Nacht müssen die Choulidis-Brüder jetzt beweisen, dass sie schneller Marktanteile gewinnen können. Mit dem Zugriff auf bis zu 30 Prozent der Netzkapazitäten ließen sich gut zehn Millionen Mobilfunkkunden bedienen. Rund acht Millionen Kunden muss Drillisch also in den nächsten Jahren hinzugewinnen.
Denn richtig profitabel ist der Deal mit Telefónica erst, wenn die zur Verfügung gestellten Kapazitäten voll ausgelastet werden. Binnen weniger Jahre den Kundenbestand verfünffachen, das ist in einem mit mehr als 116 Millionen aktiven Mobilgeräten (1,4 pro Einwohner) fast schon gesättigten Markt ein ehrgeiziges Unterfangen.
Strategie auf den Kopf stellen
Möglich ist das nur, wenn die Choulidis-Brüder ihre Strategie auf den Kopf stellen. Bisher verzichten sie auf alles, was Geld kostet. Kein eigenes Netz, keine Shops, keine Werbung – das war die in Stein gemeißelte Firmenphilosophie.
Die gilt jetzt nicht mehr. Die ersten Shops sollen Anfang 2015 öffnen, kündigt Vlasios Choulidis an. Unter welcher Marke sie firmieren, ist noch offen. Auch die Produktpalette wird überarbeitet.
Eine eigene Premiummarke soll künftig auch in den Kampf um die Smartphones und Tablets viel surfender Geschäftskunden eingreifen.
Auch die ganz auf die Choulidis-Brüder ausgerichtete Führungsstruktur von Drillisch steht auf dem Prüfstand. Mit dem Aufstieg in die Beletage des deutschen Mobilfunks finde auch die traute Zweisamkeit im Vorstand, so heißt es aus dem Drillisch-Umfeld, ein baldiges Ende.