Nokia befindet sich mitten in einer Umstrukturierungsphase. Die Finnen haben ob der vergangenen Umsatzzahlen Bescheidenheit lernen müssen. Die brachen im Frühjahr um fast ein Viertel ein. Und das nicht nur bei den High-End-Geräten sondern vor allem der Verkauf der Einfach-Handys in den Schwellenländern nahm rapide ab.
Zudem hat Nokia erst im Frühjahr den 50-Prozent-Anteil des Münchener Industriekonzerns Siemens an der gemeinsamen Netzwerktochter Nokia Siemens Networks für 1,7 Milliarden Euro komplett übernommen. Die Investition schlug zu Buche. Unterm Strich bewertete die Börse danach die komplette Handysparte von Nokia mit nicht einmal vier Milliarden US-Dollar. In dem Wert enthalten sind das globale Vertriebsnetz sowie die Marke und alle Fabriken. So gesehen, hat Microsoft sogar noch drauf gelegt.
Welche Schwächen hat der Handy-Hersteller?
Nokia war einst die unantastbare Nummer Eins am Handymarkt. Noch immer finden sich unter den meistverkauften Mobiltelefonen aller Zeiten neun Nokia-Handys. Ungeschlagen an der Spitze steht bis heute das Nokia 1110. Es kam 2005 auf den Markt und wurde weltweit 250 Millionen Mal verkauft. Bis Mitte der 2000er galt Nokia als Must-Have-Marke. Doch 2007 stellte der damalige Apple-Chef Steve Jobs das erste iPhone vor und krempelte damit den Markt um. Innerhalb von eineinhalb Jahren halbierte sich der Marktanteil von 40 auf 20 Prozent. Heute sind die Finnen nur noch ein Schatten ihrer einstigen Größe. Und damit kämpft Nokia bis heute. Umstrukturierungen und Entlassungen haben den Konzern ordentlich durchgeschüttelt.
Gründe für den Absturz des einstigen Marktführers gibt es mehrere. Apples wichtiger Anbindung an den iTunes-Store hatte Nokia nur wenig entgegenzusetzen. Das einfache und legale Herunterladen von Musik direkt auf das Handy war eines der wesentlichen Kaufargumente für das iPhone. Nokia versuchte ähnliches mit dem Angebot „Come with Music“, das jedoch floppte. Ebenso der Deal mit Nokias Online-Shop „Ovi“, der nur für Käufer bestimmter Handys möglich war.
Bis heute leidet der Konzern daran, nicht rechtzeitig den Schwenk zu intuitiv bedienbaren Smartphones vollzogen, sondern sich zu lange auf technisch beeindruckende aber kaum massentaugliche High-Tech-Telefone konzentriert zu haben.
Zudem zieht sich der Schwenk auf eine einheitliche Softwareplattform immer noch hin. Zwar hat sich Nokia inzwischen von der alten Symbian-Plattform verabschiedet und fährt eine konsequente Doppelstrategie – Windows Phone für Smartphones, Series 40 für billige Standard-Handys, speziell fürs Niedrigpreissegment in Wachstumsmärkten. Doch da die Kunden auch dort zunehmend mehr nach (billigen) Smartphones verlangen, gerät Nokia in diesen Märkten immer mehr unter Druck. Vor r allem chinesischer Anbieter wie Huawei oder ZTE, die ihre billigen, für den nationalen Markt entwickelten Multimedia-Handys auf Android-Basis nun auch in den anderen Wachstumsmärkten anbieten, haben Nokia den Rang abgelaufen.
Hard- und Software aus einem Haus: Greift Microsoft jetzt Apple an?
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass Microsoft noch meilenweit davon entfernt ist eine ernstzunehmende Konkurrenz für Apple zu werden. 31,2 Millionen iPhones sind im dritten Apple-Geschäftsquartal 2013 (bis Juni) verkauft worden. Im gleichen Zeitraum griffen die Kunden weltweit 7,4 Millionen Mal zu Windows Phones von Nokia. Sonderlich schnell wird sich das auch nicht ändern. Die Apple-Kunden steigen nur sehr selten auf ein anderes Betriebssystem um. Die iOS-Welt ist mit weiteren Geräten wie dem Mac, Macbook, iTV und dem iPad insgesamt sehr geschlossen.
Denn die großen Wachstumssprünge für Apple sind vorbei. Nokia hingegen konnte in seinem zweiten Quartal um fast ein Drittel zulegen - vor allem aufgrund des erfolgreichen Verkaufs der Lumia-Reihe. Mit dem Kauf des Handykonzerns ist es Microsoft gelungen, Software- und Hardware unter einem Dach zu vereinen. Außer Apple - und inzwischen mit ersten Geräten auch Google – kann diesen Vorteil kein anderer Hersteller ausspielen. Die meisten kooperieren mit Google und verwenden dessen Betriebssystem Android. Wie sehr Kunden Produkte „aus einem Guss“ schätzen, zeigt der Erfolg von Apple. Spannend wird, was Microsoft künftig aus diesem neuen Vorteil macht.