Samsung Galaxy Note 7 Größter Rückruf der Firmengeschichte zur Imagepflege

Das Galaxy Note 7 mit Iris-Erkennung sollte das neue Vorzeigeprodukt von Samsung werden. Doch explodierende Akkus durchkreuzten den Plan der Koreaner, zu Konkurrent Apple aufzurücken. Die Folgen des Mega-Rückrufs.

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Im neuen Modell der Koreaner sind teilweise Akkus eingebaut, die in Brand geraten. Quelle: Reuters

Samsungs Auftritt auf der IFA Berlin wird vom ersten großen Handyrückruf in der Konzerngeschichte der Koreaner überschattet. Nicht einmal zwei Wochen nach dem Verkaufsstart seines größten Smartphones Galaxy Note 7 muss der Konzern an diesem Freitag vorerst den Vertrieb eines Vorzeigeprodukts einstellen. Auch kündigte der IT-Riese an, die 1,5 Millionen bereits verkauften und eine Million ausgelieferten Smartphones umtauschen zu wollen. Der Grund: In 35 Fällen sind die Akkus in Brand geraten.

Der Fehlstart seines Hoffnungsträgers könnte für Samsung kaum ungelegener kommen. Erstens sollte das neue Gerät mit technischen Innovationen Konkurrent Apple Paroli bieten. Die Kalifornier wollen das iPhone 7 wohl am 7. September der Öffentlichkeit präsentieren. Das Galaxy Note 7 lässt sich mittels Iris-Erkennung entsperren.

Zweitens verhagelt die Nachricht über das Handydebakel die Präsentation weiterer neuer Samsung-Produkte auf dem größten Branchentreff in Berlin – wie etwa die neue Smartuhr Gear S3. Und drittens könnte der Rückruf Anleger verunsichern, die nach einem unerwartet guten zweiten Quartal gerade Hoffnung geschöpft hatten, dass Samsungs Mobilsparte ihre Schwäche überwunden hat.

Der Rückruf werde eine „herzbrechend hohe Summe“ kosten, erklärte Koh Dong-jin, Chef von Samsungs Mobilsparte, am Freitag in Seoul. Doch die schnelle und kostspielige Entscheidung zeigt, dass auch Samsungs Management die Lage als brisant ansieht. „Wir haben die Priorität auf die Sicherheit unserer Kunden gelegt, und uns daher entschlossen, den Verkauf zu stoppen und allen Kunden Ersatzgeräte anzubieten“, sagte Koh.

Dabei gab es nach Informationen südkoreanischer Medien auch Stimmen, die es bei einem Austausch der Akkus belassen wollten. Der Konzern wies darauf hin, dass der Prozentsatz explodierter Handys bei 0,0024 Prozent läge. Zudem hat eine Untersuchung Samsung zufolge ergeben, dass nicht Designfehler im Gerät, sondern die Akkus das Problem seien.

Darüber hinaus seien Rückrufe von Akkus für Notebooks, Handys und andere Geräte beileibe kein Einzelfall. Schon durch kleine Verunreinigungen oder Fehler im Produktionsprozess können die kleinen Energiebündel instabil werden. Aber dass ein Hersteller deshalb gleich weltweit die gesamten Geräte austauscht, sei „beispiellos und revolutionär“, lobte die koreanische Bürgergruppe Green Consumer Network.

Ob das die Kunden überzeugt, bleibt abzuwarten. Doch die schnelle Reaktion scheint zumindest die Aktionäre zu beruhigen. Als Gerüchte über Akku-Problemen bei Samsung am Donnerstag aufkamen, sackte der Aktienkurs um 2,3 Prozent ab. Doch am Freitag ließ Samsung schon recht früh durchsickern, einen Rückruf zu planen. Die Aktie stieg daraufhin um 0,6 Prozent auf 1,595 Millionen Won.

Auch der finanzielle Schaden hält sich für den Konzern wohl in Grenzen – zumindest solange kein massiver Imageschaden das Galaxy Note 7 vom Hoffnungsträger zum Ladenhüter degradiert.

Die Fehler traten unmittelbar nach dem Verkaufsstart auf. Zu dieser Zeit war das Smartphone erst in zehn Ländern im Handel. In Deutschland ging es zum Beispiel noch gar nicht über die Ladentheke. Bei einem Absatz von mehr als 200 Millionen Handys im Jahr fällt der Rückruf noch verhältnismäßig klein aus.

Samsung fordert Apple heraus

Das Ende des Verkaufsstopps ist absehbar. Es werde etwa zwei Wochen dauern, um neue Bauteile zu erhalten und neue Produkte herzustellen, sagte Samsungs Spartenchef Koh. Lee Seung Woo, Analyst der IBK Securities in Seoul, senkte laut Bloomberg seine Absatzprognose für das Note 7 bis Jahresende von 14 auf 12 Millionen Stück.

Noch ist unklar, ob die Kosten für den Rückruf und ein eventuell schwächerer Absatz das Jahresergebnis des Konzerns drücken. Derzeit stehen die Sparte für Smartphones und der Gesamtkonzern nach zwei schwachen Jahren recht solide da.

Mit dem Abebben des Smartphone-Booms und dem Erstarken der Konkurrenten aus China war Samsungs Rekordserie im Jahr 2014 abrupt zuende. Die Mobilsparte, die zu Spitzenzeiten mehr als 70 Prozent des Konzerngewinns eingespielt hatte, fiel im firmeninternen Profitranking sogar hinter die Chipsparte.

Doch eine strikte Kostensenkung, ein starker Fokus aufs Design und weniger Produkte brachten die Wende – zur Überraschung der Analysten. Im zweiten Quartal erzielte Samsung 6,5 Milliarden Euro Betriebsgewinn, 17 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und 5,7 Prozent mehr als der Marktkonsens.

Noch eindrucksvoller sieht die Gewinnmarge aus: Sie stieg binnen Jahresfrist von 14,2 auf 16 Prozent und näherte sich damit wieder an die Spitzenwerte von früher an. Und mehr als die Hälfte der Gewinne stammen wieder von der Mobilsparte.

Diese solide Geschäftsentwicklung beeinflusste die Entscheidung des Samsung-Managements, den größten Rückruf der Firmengeschichte zur Imagepflege anzustoßen. Damit haben die Koreaner Maßstäbe gesetzt – und auch Apple herausgefordert.

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