Kaffeefilter-Hersteller Melitta: Wie sich ein Unternehmen mit Allerweltsware durch die Krise schlägt

Seite 2/3

Kaffee und Filtertüten sind längst durch weitere Produkte aus dem Hause Melitta ergänzt worden. Quelle: dpa/dpaweb

Ein kleines Plus gab es im vergangenen Jahr nur in den Melitta-Sparten, die etwas mit Kaffee zu tun haben. „Wir profitieren vom Sparzwang vor allem in unserem deutschen Kaffeegeschäft“, sagt der 65-jährige Thomas Bentz. Unter den beworbenen Kaffeemarken sei Melitta vielfach die preiswerteste, was in wirtschaftlich schwierigen Zeiten von den Verbrauchern besonders honoriert werde. „Die Konsumzurückhaltung wird von Woche zu Woche spürbarer, “ sagt Thomas Bentz, der sich nach dem Essen stets einen Espresso aus dem Automaten gönnt. Nur sonntags, da schwört er auf Tradition, da brüht er zum Frühstück seiner Familie den Kaffee von Hand mit einem Keramikfilter, denn „da schmeckt der Kaffee am besten“.

Die traditionsreiche Firma gäbe es nicht, hätte sich Thomas und Stephans Oma vor gut 100 Jahren nicht mächtig geärgert. Aus Wut über den lästigen Kaffeesatz in der Tasse schlägt die Dresdner Hausfrau Melitta Bentz Löcher in den Boden einer Blechdose, legt ein Löschblatt aus dem Schulheft ihres Sohnes hinein, gibt gemahlenen Kaffee hinzu und schüttet heißes Wasser darüber. Fertig ist der Melitta Ur-Kaffeefilter. Im Juni 1908 erhält sie den Gebrauchsmusterschutz für ihre Tüftelei. Ende der Zwanzigerjahre zieht das Unternehmen von Dresden nach Minden. Das Geschäft floriert dank der Söhne Horst und Willy.

Krieg und Nachkriegszeit bei Melitta

Vor allem Horst ist ein umtriebiger Unternehmer – aber auch ein überzeugter Nazi. 1933 tritt er der SS bei, wenige Monate danach der NSDAP. Er fordert in seiner Werkszeitung 1938 zum Boykott jüdischer Geschäfte auf und droht seinen Mitarbeitern bei Nichtbefolgung mit „fristloser Kündigung“. 1939 erhält Melitta ein „Gaudiplom für hervorragende Leistungen“ und zwei Jahre später die „Goldene Fahne“ zum NS-Musterbetrieb.

Dafür wird Horst Bentz nach dem Krieg im November 1945 interniert, hat aber Glück. Das Entnazifizierungsverfahren der Alliierten bringt ihm „volle Bewegungsfreiheit und Verfügung über sein Vermögen“, weil er für den Wiederaufbau der Melitta Werke für unentbehrlich erklärt wird. 1948 kehrt er ins Unternehmen zurück. 1952 trennen sich die Wege der beiden Brüder. Willy bekommt die Papierfabrik in Düren bei Aachen und Horst das Melitta-Werk in Minden. Während der Fünfziger- und Sechzigerjahre baut Horst das Kaffeegeschäft aus, steigt in den Verkauf von Haushaltswaren ein und kauft ein Unternehmen nach dem anderen: die Schokoladenfabrik Haller, einen Porzellanhersteller, den Saftladen Granini, der heute Eckes gehört, und den Zigarrenproduzenten Dannemann. Nach fast 50 Jahren an der Melitta-Spitze übergibt Horst Bentz 1981 die Führung an seine Söhne Jörg und Thomas; später kommt auch sein jüngster Spross Stephan hinzu.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%