Tablet und iPhone statt Puppen und Klötzchen So ringen Spielehersteller mit der Digitalisierung

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„Nicht alles, was machbar ist, macht auch Sinn“

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Branche an der Digitalisierung ausprobiert. Schon vor sechs Jahren begannen die Hersteller, vermehrt Elektronik in ihre Spielwaren einzubauen oder sie mit Apps zu koppeln. Doch die Versuche misslangen. „Nicht alles, was machbar ist, macht auch Sinn“, sagt Spielwarenexperte Axel Dammler vom Marktforschungsinstitut iconkids & youth. Oftmals überluden die Hersteller ihre Waren mit Sensoren und Funktionen.

So auch Lego: Die ersten „NXT Mindstorms“-Bausätze, mit denen Kinder Roboter bauen konnten, waren zu kompliziert – und floppten. Der Aufwand, es weiter mit Digitalexperimenten zu probieren, lohnt sich aber. Digitalisiertes Spielzeug bringt im Durchschnitt höhere Preise und bessere Margen, sagt Marktbeobachter Schäfer von idee+spiel. Legos Hoffnung heißt nun Boost und besteht aus 840 Teilen. Es ist ein neuer Roboterbausatz, das rund 160 Euro teure Set repräsentiert die Blaupause für die Zukunft. Kinder ab sieben Jahren können aus 1000 Steinen Roboter bauen, die über eine App auf dem Tablet oder über den Laptop zum Leben erweckt werden.

Das Programmieren soll spielerisch verlaufen – Lego will die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Der neue Roboter scheint besser anzukommen. Im Oktober schob sich Boost auf den Spielwaren-Verkaufsranglisten nach vorne. Deutschland-Chef Lehmann hofft auf einen Jahresendspurt. „Die ersten Zahlen zum Geschäft der vergangenen Wochen stimmen mich zuversichtlich, dass wir das Jahr 2017 mit leichtem Wachstum beenden werden“, sagt er.

Im 210 Kilometer entfernten Ravensburg hat die Nummer zwei des deutschen Spielwarenmarktes bereits 2007 mit der Digitalisierung begonnen – das Vorhaben aber falsch umgesetzt: Das Digital- und das Stammgeschäft wirtschafteten lange Zeit getrennt voneinander. „Das ist nicht gerade vorteilhaft gewesen“, sagt Clemens Maier, Vorstandsvorsitzender und Urenkel des Firmengründers. Während der Spielwarenmarkt wuchs, herrschte bei Ravensburger lange Stillstand. Erst seit 2014 geht es rasant vorwärts.

Das Rezept: Die Digitaleinheit arbeitet jetzt mit den Kernsparten zusammen. Das bringe bessere Produkte hervor, sagt Maier. Das Team umfasst 20 Mitarbeiter – Programmier, Produktdesigner und Marktforscher. Sie arbeiten etwa daran, das haptische Spielerlebnis einiger Ravensburger-Marken um das Digitale zu erweitern. Beispielsweise für Gravitrax, eine Art Kugelbahn. Über eine App können Kinder nun Baupläne verschiedener Versionen visualisieren und so planen, wie ihre Bahn genau aussehen soll.

Klassiker digitalisieren

Das klassische Spielzeug hat deswegen aber noch lange nicht ausgedient. Als besonders erfolgreich haben sich jene Hersteller erwiesen, die ihre stärksten Marken um neue Digitalfunktionen erweitern. Besonders gut ist das dem deutschen Hersteller Zapf mit seinen Baby-Born-Puppen gelungen. Seit diese auch von sich aus kundtun können, wann sie gefüttert werden wollen, und auf ihre Besitzerin reagieren, „konnte Zapf den Absatz um 50 Prozent steigern bei einem gleichzeitig höheren Preis pro Baby-Born-Puppe“, sagt Marktexperte Schäfer. Der Umsatz ist von 52,6 Millionen im Jahr 2013 auf knapp 70 Millionen Euro im vergangenen Jahr gestiegen.

In Kalifornien wiederum setzen sie auf Techexpertise von draußen. Seit Januar 2017 führt Margo Georgiadis, eine ehemalige Google-Managerin, Mattel, den Erfinder der Barbie. Auch hier herrscht Krise: Seit 2013 ist der Umsatz des einstigen Weltmarktführers um mehr als eine Milliarde US-Dollar auf 5,5 Milliarden gesunken. Viel Zeit für die Wende bleibt der Techexpertin nicht. Die Aktien haben seit Jahresanfang fast 50 Prozent verloren, Konkurrent Hasbro will Mattel schlucken. Es gibt viel zu modernisieren: Barbie und Ken bringen noch immer den höchsten Umsatz. Die erste Barbie aber wurde bereits 1959 der Welt vorgestellt.

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