Mittelstands-Finanzierung Die Rechnung ohne die Bank gemacht

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Anleihen vom Kapitalmarkt

Biomöbel-Unternehmer Johannes Genske Quelle: David Klammer für WirtschaftsWoche

Inzwischen sind diese Alternativen nahezu ausgeschöpft – kaum ein Unternehmen hat noch versteckte liquide Mittel in der Bilanz. Und der Finanzierungsspielraum durch Banken wird immer geringer – zumindest für die vielen Mittelständler mit eher dürftiger Eigenkapitalausstattung. Die ist nach einer Faustregel umso geringer, je kleiner das Unternehmen ist.

Größere Mittelständler sind in einer besseren Position: Anders als die kleinen können sie sich über Anleihen Geld am Kapitalmarkt beschaffen. „Bereits im unteren zweistelligen Millionenbereich können Unternehmen Anleihen auflegen“, sagt Peter Bartels, für den Mittelstand verantwortlicher Vorstand der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PwC).

Beim Ernst Klett Verlag hat das so gut funktioniert, dass die erste Anleihe aus dem Jahr 2008 von 25 auf 30 Euro je Anteilsschein aufgestockt werden konnte, weil sie so gut gezeichnet wurde. Bei der zweiten Anleihe 2009 hatte Klett die benötigten 50 Millionen Euro ebenfalls schnell beisammen.

Auch sogenannte Schuldscheindarlehen stehen hoch im Kurs. Anders als bei Anleihen stammt der Kredit in diesem Fall nicht vom öffentlichen Kapitalmarkt, sondern von einem großen Investor – meist von einer Versicherung. Schuldscheindarlehen kommen damit auch für kleinere Betriebe infrage, die keinen Zugang zu den Kapitalmärkten haben. Unternehmen müssen sich stärker als bisher üblich von den Banken unabhängig machen.

Kunden zu stillen Teilhabern gemacht

Das bedeutet aber auch, dass ein zusätzlicher Gesellschafter unter Umständen Mitsprache verlangt. Johannes Genske hat noch eine andere Lösung gefunden. Der Inhaber des Kölner Biomöbel-Hauses Genske machte seine Kunden zu stillen Teilhabern. Die geben zwar Geld, reden ihm aber nicht bei seinen Entscheidungen rein. „Ich stand damals mit dem Rücken zur Wand“, erinnert sich Genske. 2003 musste er eine Filiale dichtmachen, daraufhin kündigte ihm seine Hausbank die Konten. Die Finanzierungslücke von 90.000 Euro schloss der Möbelhändler mithilfe von 13 Stammkunden, die als stille Teilhaber einstiegen. 130.000 Euro zusätzliches Eigenkapital sammelte Genske auf diese Weise ein.

Mittlerweile laufen die Geschäfte wieder so gut, dass Genske seinen Teilhabern sogar höhere Zinsen als vereinbart zahlen kann: Statt der versprochenen vier gibt es jetzt bis zu zehn Prozent.

Auch die Finanzstruktur seines Möbelhauses ist heute deutlich gesünder als vorher, die Eigenkapitalquote liegt bei stolzen 33 Prozent. Nur etwa ein Viertel aller Mittelständler kann eine Quote von mehr als 30 Prozent vorweisen. Dem Unternehmer Genske haben sich damit ganz neue Freiräume eröffnet: „Ich habe gerade einer Bank den Rücken gekehrt, weil sie mir bei den Konditionen nicht flexibel genug war“, freut er sich.

Der Kleidungsspezialist Tom Tailor nutzt eine andere Alternative: Das Hamburger Unternehmen lässt sich die in der Türkei produzierten Polohemden von dem Finanzdienstleister WCF Finetrading vorfinanzieren.

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