Eine verhängnisvolle Annahme
Das Beispiel verdeutlicht, dass Werte bei angehenden Führungskräften immer höher einzustufen sind als fachliche Qualifikationen. Die Erfüllung dieser Werte, also dessen, was jemandem bei der Arbeit wichtig ist, bestimmt seine grundsätzliche Zufriedenheit; der Verlust dieser Werte erzeugt Frustration, die Verletzung Ärger.
Ursprünglich ist Christian Lehmann Ingenieur geworden, um tüfteln, um entwickeln zu können – sein oberster Wert war Kreativität. Holte er sich früher die Anerkennung, die Freude an seinem Beruf über den Erfolg bei seiner Entwicklungsarbeit und seinen Patenten, ist sein Wertesystem durch die Beförderung zum Abteilungsleiter verloren gegangen. Das Resultat: Er reagiert enttäuscht, verärgert, frustriert.
Wollte das Unternehmen hier nun eingreifen und versuchen, Lehmann aktiv zu unterstützen, müssten seine Vorgesetzten eine immense Energie aufwenden: Beispielsweise einen Coach hinzuziehen, um ihm dadurch neue Impulse, Ideen oder Strategien zu vermitteln, wie er trotz veränderter Tätigkeit sein Wertesystem erfüllen kann. Das Wertesystem selbst, also der Sinn dafür, worauf jemand Wert legt, ist allerdings nicht veränderbar.
Die richtigen Weichen stellen
Die einzige Möglichkeit, solche Mühen und Anstrengungen zu vermeiden, ist von vornherein zu überprüfen, welche Werte angehende Führungskräfte haben: Arbeiten sie gerne mit Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten zusammen? Suchen Sie den Austausch? Oder sitzen sie lieber an ihrem Computer und beschäftigen sich Stunden damit, kniffelige Aufgaben zu lösen und zum Beispiel den nächsten Prototyp eines Turboladers zu entwerfen? Mögen sie zwischenmenschliche Herausforderungen oder sind ihnen derlei Dinge eher lästig? Bei letzterem ist ganz klar eher die Fachkarriere anzuraten. Denn gute Führungskräfte müssen vor allem eines gut können: Führen. Und das bedeutet, nicht all das selbst zu können, was Mitarbeitern abverlangt wird. Es bedeutet in erster Linie Vorbild für Menschenführung zu sein.
Deshalb der Rat für Unternehmen: Wählt Führungskräfte, die überdurchschnittlich gut mit Menschen umgehen können und die auch Führen wollen – und nicht automatisch die Besten ihres Fachs.