Börse Jahrhunderttrends der Aktienmärkte

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Ein Winterweizenfeld in der Quelle: dpa

Trotz der bösen Erfahrungen beim Platzen der New-Economy-Blase ist das Muster der Branche noch intakt: Anfang 2008 stiegen die Preise für Weizen und Mais auf Rekordhöhe – und allein bis Mitte 2008 kamen zehn neue Agrar-Aktienfonds. Sie fanden reißenden Absatz: Während deutsche Anleger 2008 rund eine Milliarde Euro aus Aktienfonds abzogen, sammelte der Allianz RCM Global Agricultural Trends in kurzer Zeit 161 Millionen Euro ein.

Anleger machten eine Achterbahnfahrt mit: Der Kurs stieg zunächst bis auf 12,50 Euro, fiel dann 2009 auf 5,00 Euro und liegt jetzt bei 9,50. Auch die Story der Aufsteigerländer Brasilien, Russland, Indien und China (BRIC) ließ sich schön verpacken, in BRIC-Fonds. Anleger, die 2007 einstiegen, als das Thema Fahrt aufnahm, verloren, der Allianz RCM Bric Stars etwa büßte 2008 rund 70 Prozent ein.

Megatrend Schwellenländer

Doch natürlich läuft der Schwellenländer-Trend weiter. Brasilien, China und Indien werden ihre Wirtschaftsleistung bis 2012 um 20 Prozent steigern, doppelt so stark wie die Industrieländer, schätzt Deutsche Bank Research. Ihre Bevölkerung ist jünger und wächst noch; viele Schwellenländer haben Rohstoffe, deren Export die Sanierung der Staatsfinanzen erleichtert.

Andererseits kämpfen Unternehmen in diesen Ländern häufig mit Korruption, politischer Instabilität und staatlicher Willkür. Brasiliens Präsident Lula da Silva schanzte dem Staat jüngst im Zuge einer Kapitalerhöhung beim Ölkonzern Petrobras Anteile des Unternehmens zu. Russlands Ex-Präsident Wladimir Putin zerschlug 2000 den Ölkonzern Yukos und warf dessen Chef Michail Chodorkowski ins Gefängnis.

Einzelne Papiere in Schwellenländern zu kaufen ist riskant – für Privatanleger oft auch gar nicht möglich. Investieren können sie indirekt: „Viele westliche Firmen haben das Potenzial dieser Länder früh erkannt“, sagt Peter Lawrence, Aktienanalyst von JP Morgan. So ist Volkswagen mit 20 Prozent Marktanteil Marktführer in China. Europäische Unternehmen erzielen laut Morgan Stanley bereits 23 Prozent ihrer Umsätze in Schwellenländern, innerhalb von zehn Jahren hat sich der Anteil fast verdoppelt. Anleger, die Aktien etablierter westlicher Unternehmen mit Schwellenländer-Engagements kaufen, „kombinieren hohe hiesige Bilanzierungsstandards mit den Wachstumsraten der Schwellenländer“, so Lawrence.

Der deutsche Maschinenbauer Aixtron etwa verkauft 94 Prozent seiner Spezialanlagen in Asien. Dort werden sie vor allem zur Herstellung von LED-Leuchten genutzt. Selbst größere Unternehmen, wie MAN, setzen bereits 50 Prozent in Schwellenländern um. Empfehlenswert sind der Abfüllanlagenhersteller Krones (Schwellenländer-Umsatzanteil 50 Prozent) und Adidas (45 Prozent). Beide dürften vom steigenden Konsum stark profitieren. Auch der Bierbrauer Heineken erzielt knapp die Hälfte seines Umsatzes auf den stark wachsenden Märkten. Zementgigant Holcim hat in mehreren Schwellenländern börsennotierte Töchter.

Rohstoffe und Ackerland

Eng verbunden mit dem Megatrend Schwellenländer ist die steigende Nachfrage nach Rohstoffen und Agrargütern. Privatanleger investieren vor allem über börsengehandelte Zertifikate in Rohstoffe. Die Anbieter dieser meist unendlich lange laufenden Papiere müssen die Kontrakte, mit denen sie sich absichern, regelmäßig an Terminbörsen erneuern. Doch wenn die Preise der länger laufenden Kontrakte über denen von früh fälligen liegen, handelt man sich Rollverluste ein. Ein Scheffel Weizen zur Lieferung im Dezember 2010 etwa kostet an der Terminbörse in Chicago 7,25 Dollar, der Kontrakt für Dezember 2011 notiert sechs Prozent höher bei 7,67 Dollar. Der Weizenpreis müsste also binnen eines Jahres um sechs Prozent steigen, damit kein Verlust entsteht.

Mögliche Rollverluste ändern aber nichts am fundamentalen Trend: Die Vereinten Nationen rechnen bis 2030 mit einem Anstieg der Weltbevölkerung auf 8,3 Milliarden Menschen. Um zwei Milliarden zusätzlich zu ernähren, muss das Angebot an Agrarrohstoffen um etwa ein Drittel steigen. Höherer Fleischkonsum in den Schwellenländern und Flächenverbrauch für Biokraftstoffe verstärken den Trend. An der Börse sind Unternehmen mit Landbesitz, wie die argentinische Cresud, rar. Eine Alternative sind Aktien von Unternehmen, deren Geschäfte indirekt vom Agrarboom profitieren, etwa Agrochemiker (Bayer), Düngemittelproduzenten (Potash) und Agrarhändler (Baywa).

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