Tatsächlich?
Bisher kann die EZB den Zins nur begrenzt in den negativen Bereich senken, weil es sonst zu Fluchtreaktionen ins Bargeld kommt. In einer Rezession braucht eine Notenbank aber die Möglichkeit, den Realzins zumindest kurzfristig tief in den negativen Bereich drücken zu können. Das geht allerdings nicht, wenn die Inflationsrate so niedrig ist und der Nominalzins schon an der Nullzinsgrenze liegt. Dann bleiben der Notenbank nur Anleihekäufe.
Der Kampf der EZB gegen die Krise
Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers öffnen die großen Zentralbanken die Geldschleusen, um mitten in der Panik an den Finanzmärkten die Geschäfte am Geldmarkt am Laufen zu halten.
Die wichtigsten Notenbanken der Welt senken gemeinsam die Zinsen - ein historischer Schritt.
Die EZB senkt ihren Leitzins überraschend um einen dreiviertel Prozentpunkt auf 2,5 Prozent. Es ist der größte Zinsschritt seit der Einführung des Euro.
Die EZB stellt den Banken der Euro-Zone erstmals für ein ganzes Jahr Liquidität zur Verfügung. Mehr als 1000 Banken rufen 442 Milliarden Euro ab.
Die EZB beginnt mit dem Ankauf von Anleihen Italiens und Spaniens. Beide Länder waren zuvor ins Visier der Märkte geraten.
Der neue EZB-Präsident Mario Draghi startet seine Amtszeit mit einem Paukenschlag und senkt den Leitzins auf 1,25 Prozent. Unter seinem Vorgänger Jean-Claude Trichet hatte die EZB den Schlüsselzins zuvor in zwei Schritten von einem auf 1,5 Prozent angehoben.
In einer koordinierten Aktion stellen die EZB, die amerikanische Fed sowie die Zentralbanken Kanadas, Japans, Großbritanniens und der Schweiz den von der Krise gebeutelten europäischen Banken Dollar zur Verfügung. Den Instituten fiel es zuvor schwer, sich Dollar-Kredite zu beschaffen - viele US-Investoren hatten ihnen aus Angst vor den Folgen der Schuldenkrise den Geldhahn zugedreht.
Die EZB senkt den Leitzins auf ein Prozent. Zudem werden die Refinanzierungsgeschäfte für die Banken angekündigt.
Die EZB stellt den Geschäftsbanken in zwei Tranchen zusammen mehr als eine Billion Euro an Liquidität zur Verfügung.
Die EZB senkt den Leitzins auf 0,75 Prozent. Sie kappt zudem den Einlagesatz auf null Prozent. Sie will damit die Institute ermuntern, mehr Geld an Unternehmen und Haushalte zu verleihen.
Draghi erklärt in einer mittlerweile berühmten Rede, die Zentralbank werde "alles tun, was nötig ist, um den Euro zu retten". Dieses Versprechen gilt bis heute vielen Experten als Wendepunkt in der Krise. Seitdem haben die Schwankungen an den Finanzmärkten deutlich abgenommen und die Länder können sich wieder günstiger verschulden.
Der EZB-Rat beschließt gegen den Widerstand der Bundesbank neue umfangreiche Staatsanleihenkäufe am Sekundärmarkt. Ziel des sogenannten OMT-Programms ist es, die Zukunft des Euro in der Schuldenkrise zu sichern. Tatsächlich wurden aber bis heute keine Anleihen aus dem Programm gekauft.
Die EZB senkt ihren Leitzins auf 0,25 Prozent. Als Grund nennt sie die Gefahr einer zu langen Periode zu niedriger Teuerungsraten - sie will also mit noch billigerem Geld verhindern, dass die Wirtschaft der Euro-Zone in einen Teufelskreis aus sinkenden Preisen und Investitionen gerät.
Die EZB senkt den Leitzins auf 0,15 Prozent. Erstmals ist zudem der Einlagesatz für Banken negativ. Das hat zur Folge, dass Institute, die lieber Geld bei der Notenbank parken als es an Unternehmen und Haushalte zu verleihen, künftig eine Strafgebühr von 0,1 Prozent zahlen müssen.
Die EZB senkt die Leitzinsen auf das Rekordtief von 0,05 Prozent. Sie will zudem mit zusätzlichen milliardenschweren Geldspritzen die schlappe Konjunktur in der Währungsunion anschieben und die für den Geschmack der Notenbank viel zu niedrige Inflation anheizen. Die EZB kündigte an, ab Oktober den Banken Kreditverbriefungen und auch Pfandbriefe abzukaufen.
Die EZB kündigt an, monatlich für 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und andere Wertpapiere zu kaufen. Bis Herbst 2016 dürften auf diese Weise mehr als eine Billion Euro zusammenkommen.
Genau deshalb fordern einige Ökonomen, das Bargeld abzuschaffen. Richtig?
Ich glaube nicht, dass wir uns in absehbarer Zeit von Scheinen und Münzen trennen, dafür bietet Bargeld zu viele Vorteile und Sicherheiten. Aber vielleicht haben wir ja in vielen Jahren alle ein Konto bei der EZB und zahlen mit digitalem Geld, welches die Notenbank uns bereitstellt.
Eine Art Bitcoin von der Notenbank?
Ja genau. Bisher sind das akademische Diskussionen, aber die gibt es.
Gefährliche Kreditblasen gebe es dann nicht mehr, weil Banken keine eigene Geldschöpfung mehr betreiben dürften, sondern nur noch Darlehen vergeben könnten, wenn sie auch entsprechende Einlagen hielten.
Das klingt zwar spannend, aber das Vertrauen der Sparer in die EZB ist dafür doch viel zu niedrig, oder?
Ja. Schon komisch, einerseits vertrauen die Menschen der EZB nicht, andererseits wollen sie das Bargeld behalten, welches die Zentralbank ihnen gibt.
Der Zentralbank fehlen eben sichtbare geldpolitische Erfolge.
Es wäre zu kurz gedacht, allein den Notenbanken die Schuld an den niedrigen Zinsen zu geben.
Die sind nur die Getriebenen der Entwicklung. Der eigentliche Druck auf den Kapitalmarktzins entsteht durch die weltweite Sparflut.
Aber wir haben doch ein Verschuldungsproblem. Nun sparen wir zu viel?
Grundsätzlich ist Sparen nicht verkehrt, aber wenn gleichzeitig nicht mehr investiert wird, entsteht ein Ungleichgewicht. Sichtbar wird der Sparüberschuss etwa an der hohen Nachfrage nach sicheren Assets wie Bundesanleihen. Das drückt den Zins. Hebt die EZB die Zinsen über dieses natürliche Niveau, drohen Deflation und eine Rezession.