Die Zinserhöhung in den USA kam wie erwartet. Deutlich fällt das Statement von Fed-Chefin Janet Yellen über die weitere Geldpolitik aus. Ihr zufolge könnten es 2017 nun sogar mehr als die bisher angenommenen zwei Erhöhungen geben.
Natürlich bleibt auch das hypothetisch. Derzeit herrscht großer Optimismus über die Folgen der lautstark verkündeten Trump-Politik. Ob sich das eines Tages wirklich in den Zahlen so positiv auszahlt, bleibt abzuwarten. Viele Beobachter blenden derzeit die riskante Seite dieser Maßnahmen aus: Die dämpfende Wirkung auf den internationalen Handel, Folgen eines starken Dollars, schlechtere Beziehungen zu China, Unsicherheiten über die technologischen Megatrends und die Förderung alter, überkommener Techniken und Wirtschaftszweige.
Yellen dürfte gut damit fahren, weiter steigende Zinsen zwar an die Wand zu malen – aber nur, wenn die Rahmendaten stimmen: also Wirtschaftswachstum, stabiler Arbeitsmarkt, moderate Inflation. Dass sich Yellen von dieser Linie auch nicht durch Trump abbringen lässt, kommt ihrem Renommee zugute.
Für die Märkte heißt das: Wenn sich die Konjunktur weiterhin gut entwickelt, dürfte es 2017 alle paar Monate einen kleinen Zinsschritt geben – und der wird nicht so dramatisch ausfallen, dass er die Wirtschaft abwürgt
Bemerkenswert ist, dass Janet Yellen damit fast geräuschlos etwas geschafft hat, vor dem die Märkte jahrelang gezittert haben: Die Zinswende einzuleiten, ohne dass es zu einem finalen Zusammenbruch kommt.
Verkäufe am US-Anleihemarkt haben gerade erst begonnen
Indessen, an den Anleihemärkten gibt es sehr wohl tiefe Spuren. Die Abflüsse dort sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Den Aktienmärkten kommt dies zugute.
Dabei steht der Zinsanstieg wahrscheinlich erst am Anfang. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sind mit 2,6 Prozent zwar auf den höchsten Stand seit 2014 angelangt; im langfristigen Bild jedoch (das Top war 1984 mit fast 14 Prozent) rangieren sie immer noch auf extrem niedrigem Niveau.
Wenn die amerikanischen Zinsen in ähnlicher Weise, wie sie drei Jahrzehnte gesunken sind, nun nach oben ziehen, könnte es 2017 bei den zehnjährigen Bonds zunächst auf drei Prozent gehen und dann, nach einer mehrmonatigen Konsolidierung, in Richtung vier Prozent. Die von Yellen angedachten zwei bis drei Leitzinserhöhungen am kurzen Ende würden gut dazu passen.
Für Anleiheinvestoren ist das eine schwierige Situation. Denn einerseits sind selbst drei oder vier Prozent Nominalrendite nicht viel, wenn es dazu wieder eine steigende Inflation gibt und die Aussicht besteht, dass die Zinsen in den nächsten Jahren noch weiter steigen. Selbst erhöhte Kupons werden dann nicht so leicht neue Käufer finden.
Andererseits trifft es dann Besitzer von Altbeständen erst recht. Vor allem Papiere mit langen Laufzeiten und niedrigen Kupons, die in den vergangenen Jahren schöne Buchgewinne angehäuft haben, kommen dann unter die Räder. Um das zu vermeiden, werden sie verkauft. Diese große Umschichtung hat gerade erst begonnen.
Wohin geht es mit Bundesanleihen?
Spannend wird die Frage, inwieweit sich steigende US-Zinsen auf die Zinsen in Europa niederschlagen. Derzeit bringen US-Anleihen 2,2 Prozentpunkte mehr als zehnjährige Bundesanleihen. Das ist der größte Zinsunterschied seit 30 Jahren.
Angesichts der europäischen Krisen wird die EZB alles tun, die Zinsen in Europa unten zu halten. Am kurzen Ende funktioniert das durch die Leitzinsen, am langen durch Anleihekäufe. So, wie in den vergangenen drei Monaten die Zinsen auch am langen Ende in Europa ein wenig anstiegen, dürften sie auch in den nächsten Jahren der dominierenden US-Tendenz in abgeschwächter Form folgen.
Der Druck auf den Euro nimmt weiter zu
Die große Zinsdifferenz zwischen Amerika und Europa wird auf absehbare Zeit bestehen bleiben – und dieser Zinsvorteil der Amerikaner ist der Hauptgrund, der den Euro drückt.
Und es gibt weitere Hypotheken, die auf dem Euro lasten: Denn aus der europäischen Finanzkrise ist schon lange eine Krise Europas geworden. Wenn der politische Konsens dahinschwindet, wirkt sich das auch auf den wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenhalt aus – und der spiegelt sich letztlich in der gemeinsamen Währung wider.
Dazu kommt als dritte Belastung die konjunkturelle Unsicherheit. Während in Amerika in manchen Branchen Aufbruchsstimmung herrscht, macht sich in Europa vielfach Abbruchstimmung breit.
Immerhin, der Währungsausgleich zwischen Dollar und Euro funktioniert. Damit wird der schwache Euro der EZB bei ihrem Inflationsziel helfen - vor allem durch höhere Energiepreise, die in Dollar notieren. Zugleich bekommen die deutschen und europäischen Unternehmen auf den internationalen Märkten Rückenwind.
Konkret bedeutet das: Nachdem der Euro unter das Tief der vergangenen zwei Jahre gerutscht ist (das bei 1,05 Dollar liegt), dürften die Märkte in den nächsten Monaten die Parität ansteuern. Als der Euro zur Jahrtausendwende startete, pendelte er zwischen 82 und 95 Dollarcent. Solche Notierungen wären auch jetzt in einer Schwächephase nicht mehr ausgeschlossen.
Bald mehr als 20.000 Punkte im Dow Jones möglich
Mit 19.852 Punkten hat der Dow Jones am Donnerstag (15. Dezember) die Fed-Zinserhöhung mit einem Kursrekord quittiert. Die 20.000er-Marke ist zwar noch nicht ganz erreicht, dennoch dürfte dies nur eine Frage der Zeit sein.
Die 200-Tage-Linie im Dow zieht dynamisch nach oben, bei 24 von 30 Dow-Aktien verlaufen die aktuellen Notierungen oberhalb dieses mittelfristigen Durchschnitts. Im marktbreiten S & P 500 ist die Verfassung ähnlich stabil. Technologieaktien hinken aus Angst vor Trump-Repressionen etwas hintenher, von einem Absturz, wie vielfach befürchtet, kann im Nasdaq aber keine Rede sein. Insgesamt ist der amerikanische Aktienmarkt in einer stabilen Hausse-Verfassung. Es gibt keinen Grund, langfristige Trendinvestments zu verkaufen.
Verschnaufpause und Schwankungen voraus
Kurzfristig gibt es zwei Hürden. Zunächst besteht im Dow seit Anfang November ein lupenreiner Aufwärtszyklus mit drei Phasen (erster Anstieg, kurze Gegenreaktion, zweiter Anstieg). Nach einer solchen Kursbewegung wäre eine mehrwöchige Verschnaufpause nicht verwunderlich.
Das würde auch gut zum klassischen Zeitmuster passen, bei dem die Notierungen bis zum Jahreswechsel nach oben tendieren, spätestens ab Mitte Januar dann eine Korrektur einleiten.
Zudem sind im Bereich um die Marke von 20.000 Dow-Punkten längere Schwankungen möglich. Als der Dow 1999 zum ersten Mal die Marke von 10.000 übersprang, kam es danach zwischen 10.000 und 11.500 Punkten zu zähen Schwankungen, die nach dem Platzen der High-Tech-Hausse 2001 eine große Baisse einleiteten. Letztlich dauerte es mehr als fünf Jahre, bis der Dow Jones den weiten Bereich um 10.000 Punkten hinter sich ließ.
Die wichtigsten Dax-Aktien im stabilen Bullenmarkt
Auch im Dax läuft die Jahresendrally. Das Umfeld für deutsche Aktien ist gut: Die Konjunktur und die Unternehmensgewinne ziehen an (ohne zu überhitzen), das Zinsniveau ist niedrig, Liquidität ist (nicht zuletzt durch Migrations-Bewegungen vom Anleihemarkt) reichlich vorhanden, zusätzliche Unterstützung kommt vom günstigen Euro.
Das fundamental positive Bild spiegelt sich in der stabilen Marktverfassung wider: Mit dem Anstieg auf mehr als 11.300 Punkten wurden die zahlreichen Kaufsignale der vergangenen Monate bestätigt.
Dax-Favoriten: günstig und dividendenstark
Von den sieben großen Aktien im Dax zeigen fünf einen vielversprechenden Kursverlauf:
SAP drängt in der Seitwärtsbewegung zwischen 75 und 82 Euro deutlich nach oben. Dank führender Marktposition beim Wachstumsthema Digitalisierung ist das Unternehmen ein Favorit für die nächsten Jahre.
Allianz hat den wichtigen Anstieg über 140/145 Euro geschafft. Leicht steigende Zinsen und operative Fortschritte im Kerngeschäft machen die Aktie zu einem günstigen und dividendenstarken Dax-Investment.
Siemens gab mit dem Anstieg über 110 Euro ein starkes Kaufsignal. Der Industrieklassiker gehört zu den Gewinnern des Infrastruktur-Booms. Das Comeback des Ölpreises hilft bei der Integration des Zukaufs Dresser-Rand.
BASF wird mit steigenden Energiepreisen und einem keineswegs schwachen Chemiegeschäft nach oben befördert. Kurzfristig mag die Aktie überkauft sein, langfristig stimmt der Aufwärtstrend.
Daimler überzeugt durch seine Kombination aus starkem Autogeschäft, besseren Aussichten bei E-Mobilen und robustem China-Markt. Selbst in einer Korrektur sollte die Aktie sich oberhalb der wichtigen 65er-Marke halten.
Zwei der sieben Schwergewichte im Dax bieten gedämpfte Aussichten: Bayer-Aktien leiden unter dem umstrittenen Monsanto-Deal; und der Deutschen Telekom fällt es nicht leicht, die hohen technischen Anforderungen an den Netzausbau und den Kostendruck des Telekom-Markts unter einen Hut zu bringen.
Fazit: Der Dax ist mittel- und langfristig in einer stabilen Verfassung. Dax-Favoriten wie SAP, Allianz, Daimler oder Siemens sind werthaltige Investments und an schwachen Tagen ein Kauf. Selbst wenn es im Januar eine Korrektur geben sollte, sind derzeit die Aufwärtschancen für den Gesamtmarkt größer als die Risiken. Die wichtige Untergrenze dafür verläuft weiterhin bei 10.800 Punkten.