Stimmrechtsberater Bündnis gegen üppige Boni

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Boni werden zunehmend kritisch betrachtet

Das Negativ-Votum war kein Einzelfall. „Wir stimmen in dieser HV-Saison nur rund einem Drittel der Vergütungssysteme deutscher Konzerne zu“, sagt von Oehsen. Auch andere Berater sehen Boni zunehmend kritisch. „Das Thema steht in Deutschland, aber auch in anderen Ländern ganz oben auf der Agenda“, sagt Andrew Gebelin, Senior Director beim ISS-Konkurrenten Glass Lewis. Das Unternehmen aus San Francisco ist mit 1200 Kunden, die 32 Billionen Euro verwalten, die Nummer zwei unter den Aktionärsberatern.

Sicher: Die Abstimmungen („Say on Pay“) sind hierzulande nicht bindend. Dennoch ignoriert kein Aufsichtsrat, der es bleiben will, das Votum der Eigentümer. So bot Pischetsrieder noch auf der Hauptversammlung in München Gespräche an.

Auch andere Aktionärsberater gehören zur Allianz gegen üppige Boni. So kündigte Hans-Christoph Hirt im April an, auf die Abwahl von Aufsichtsräten zu drängen, die Exzesse nicht korrigieren. Hirt ist Co-Chef der britischen Hermes EOS, die Investoren mit einem Kapital von rund 310 Milliarden Euro berät. Verärgert ist Hirt insbesondere über den Softwarekonzern SAP, dessen Vorstandschef Bill McDermott für 2016 rund 15 Millionen Euro kassierte. Leider habe der Aufsichtsrat „erhebliche Bedenken bezüglich des Vergütungssystems“ ignoriert, kritisiert Hirt – und empfahl, wie auch seine Kollegen von ISS, das Gremium auf der HV am vergangenen Mittwoch nicht zu entlasten. Was fast gelang: Nur 50,49 Prozent der Aktionäre entlasteten den Aufsichtsrat.

Die Berater nehmen Aufsichtsräte ins Visier – nicht nur wegen der Managergehälter. In den „Voting Guidelines“ sind detaillierte Anforderungen zementiert. Glass Lewis etwa fordert, dass mindestens die Hälfte der Aufsichtsräte der Kapitalseite „keine finanziellen, familiären oder anderen Verbindungen zum Unternehmen“ haben. ISS drängt sogar auf zwei Drittel. Besonders empfindlich reagieren die Aktionärsberater auf Skandale.

Bei dem Dax-Konzern Deutsche Börse stoßen den Governance-Wächtern die Ermittlungen gegen Carsten Kengeter übel auf. Der Vorstandschef steht unter dem Verdacht des Insiderhandels, weil er Aktien gekauft haben soll, obwohl er schon von der geplanten, inzwischen aber geplatzten Fusion mit der London Stock Exchange wusste.

Auch bei der Deutschen Bank rufen die Berater zur Aktionärsrevolte auf: Bei Deutschlands größter Privatbank sei die Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten ein Indikator für „weitverbreitetes Führungsversagen“.

Das Ergebnis wird deshalb mit Spannung erwartet; folgen die Aktionäre mehrheitlich den Vorschlägen der Berater, wäre das ein Signal für eine zunehmend geschlossene Phalanx von Beratern und Großaktionären.

Wie viel die Investoren auf die Waage bringen, die von ISS und Glass Lewis beraten werden, ist unklar; die Berater halten sich bedeckt. Die Deutsche-Bank-Großaktionäre Blackrock und HNA halten mehr als 20 Prozent, was bei einer unterstellten HV-Präsenz von 36 Prozent wie im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte aller anwesenden Stimmrechte wäre.

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