Derivatehandel Wie Zertifikate in die Irre führen

Mit Zertifikaten können Anleger auf alles Mögliche eine Börsenwette abschließen – wenn sie das passende Produkt finden. Aber nicht immer sind Zertifikate das, was ihre Bezeichnungen vermuten lassen.

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Tresor mit Zündschnur Quelle: dpa, Montage

Der deutsche Markt für Zertifikate ist riesig, es gibt Hunderttausende Produkte. Das Gesamtvolumen des Marktes beträgt nach den jüngsten Schätzungen des Deutschen Derivate Verbands 101,4 Milliarden Euro, über 900.000 Produkte stehen Anlegern zur Verfügung – und täglich kommen Hunderte neue Zertifikate auf den Markt. Wenn auf irgendwelche Anbieter von Anlageprodukten die Bezeichnung Finanzindustrie zutrifft, dann ganz sicher auf die Emittenten von Zertifikaten. Die vergleichsweise kleinen spezialisierten Teams der großen Zertifikateanbieter überlassen die Produktentwicklung dabei im wesentlichen Kalkulationsmodellen, Algorithmen und Computern – ein paar ausgesuchte Merkmale und schon wird aus Textbausteinen ein Verkaufsprospekt zur Vorlage beim Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit der Bitte um Marktzulassung eingereicht. Wertpapiere entstehen so weitgehend automatisiert am Fließband.

Allein im Juni sind so mehr als 150.000 neue Zertifikate in den Handel gekommen. Gleichzeitig verschwanden ähnlich viele Produkte wieder aus den Angebotslisten, etwa weil sie ihr Laufzeitende erreichten oder die Marktentwicklung ihre Funktionsweise konterkarierte. Das verfügbare Angebot ist dennoch sehr breit gefächert und dementsprechend unübersichtlich.

Der große Vorteil der Emissionswut der Banken: Für praktisch jede interessante Börsenwette lässt sich ein passendes Zertifikat herausfiltern.

Nicht ohne Risiko

Bei Herausfiltern des richtigen Investmentvehikels ist allerdings Fachwissen vonnöten. „Risikoreichere Zertifikate sind nur etwas für Anleger mit Kapitalmarkterfahrung“, betont daher Lars Brandau, Geschäftsführer beim Deutschen Derivate Verband (DDV) in Frankfurt. „Anleger sollten grundsätzlich keine Zertifikate erwerben, ohne sie verstanden zu haben.“

Zertifikate sind schon deshalb grundsätzlich der höchsten Risikostufe für Anleger zuzuordnen – auch wenn einige von Ihnen weit weniger Verlustrisiko beinhalten, als so mancher Investmentfonds. Aber die Gefahr, dass dem Anleger nach Lektüre der knappen Angaben aus den Listen der Banken- und Börsenseiten immer noch wesentliche Informationen über Funktionsweise und Ausgestaltung fehlen, ist nicht zu unterschätzen. Auch weil Anleger die – fachlich anspruchsvollen - Verkaufsprospekte zu den einzelnen Produkten in aller Regel nicht lesen. Wer sich aber allein auf die Bezeichnungen der Papiere verlässt, wird allzu schnell in die Irre geführt.

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