Goldpreis-Rekord Kommt jetzt die große Gold-Hausse?

Der Goldpreis hat seinen Höhenflug fortgesetzt und jüngst ein Rekordhoch erreicht. Quelle: imago images

Ohne Begleitschutz der Fed droht den USA eine Staatsschuldenkrise. Gleichzeitig steigt der Inflationsdruck. Die Absicherung: Gold.

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Weil es das US-Schatzamt verschlafen hatte, die bis 2022 niedrigen Zinssätze zu nutzen und die Fälligkeiten der US-Staatsschulden zu verlängern, rollt jetzt ein Emissions-Tsunami auf den US-Staatsanleihenmarkt zu. In den nächsten zwölf Monaten muss die US-Regierung gut 8,9 Billionen Dollar alter Schulden refinanzieren. Obendrauf kommen Neuschulden von vermutlich über 1,1 Billionen Dollar. Das sind zusammen fast 29 Prozent der aktuell ausstehenden Staatsschulden der USA, rund 38 Prozent des Gesamtvolumens aller am Markt handelbaren US-Schatzpapiere. Diese gewaltige Summe entspricht 35 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA.

Käufer für diese Papiere zu finden, könnte zu einer Herausforderung werden, warnt Torsten Sløk. Er war bis 2020 globaler Chefökonom bei der Deutschen Bank in New York und ist heute Partner bei der US-Private-Equity-Firma Apollo Global Management. Die größten Halter von Treasuries sind ausländische Investoren, darunter die Bank of Japan, die People's Bank of China und Notenbanken anderer Schwellenländer wie Brasilien, Indien oder Saudi-Arabien. Das Ausland baue seine Bestände seit einiger Zeit sukzessive ab, so Sløk. Käme eine Flut von Staatsanleihen mit Laufzeiten von fünf bis 30 Jahren auf den Markt, bestehe das Risiko, dass die langfristigen Zinsen stiegen.

Vermutlich deshalb setzt das US-Finanzministerium verstärkt auf die Schuldenfinanzierung via T-Bills. Das sind kurzfristige Schatzwechsel mit Laufzeiten von bis zu zwölf Monaten. Bisher verfolgte das US-Schatzamt die Leitlinie, den Anteil von T-Bills an den ausstehenden Schuldverschreibungen auf 20 Prozent zu begrenzen. Diese Grenze werde aber jetzt überschritten. Das räumt das US-Schatzamt selbst ein. Die zunehmende Ausgabe von T-Bills soll außerdem Geldmarktfonds dazu bewegen, ihre über das Reverse-Repo-Programm (RRP) bei der Distriktnotenbank New York geparkte Überschussliquidität abzuziehen und in Bills zu packen. Das bedeutet eine Zufuhr von Liquidität für das Finanzsystem.

Doch keine Zinssenkungen?

Seit Anfang des Jahres sind die RRP-Einlagen von 2200 Milliarden Dollar auf aktuell 444 Milliarden Dollar geschrumpft. Ursprünglich wurde das Programm aufgelegt, um die durch die Anleihekaufprogramme geschaffene Liquidität abzuziehen. Die gewaltige Liquiditätszufuhr hat den jüngsten Börsenboom und die wachsende Zockermentalität, etwa bei Kryptowährungen, befeuert.

Bis vor wenigen Wochen gingen die Finanzmärkte noch davon aus, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen in diesem Jahr wegen nachlassender Inflationsraten spürbar senken werde. Angesichts des gewaltigen Finanzbedarfs der US-Regierung und der Sorge des Washingtoner Establishments – einschließlich der meisten Mitglieder der Fed – vor einem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl im November wären Zinssenkungen eigentlich wahrscheinlich gewesen.

Aber: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Ursprünglich wurde für März mit einer ersten Lockerung gerechnet, dann für Mai. Jetzt sei es gar fraglich, ob die Fed im Sommer den ersten Schritt macht, sagt Sløk. An den Terminmärkten liege die Wahrscheinlichkeit dafür nur noch bei gut 50 Prozent. Sollte der Inflationsdruck wieder zunehmen, wäre die Fed womöglich gezwungen, die Zinsen oben zu halten oder gar zu erhöhen.

Inflation sei wie Zahnpasta, sagte der langjährige Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl zu Beginn seiner Amtszeit 1980. „Ist sie erst mal heraus aus der Tube, bekommt man sie kaum mehr rein“, so Pöhl, der zwischen 1965 und 1968 das Bonner Büro des WirtschaftsWoche-Vorläufers „Der Volkswirt“ leitete. Wenn zu fest auf die Tube gedrückt werde, entwickelte die Inflation ihre eigene Dynamik.

Die Inflation zieht wieder an

Tatsächlich gehen die Inflationserwartungen in den USA seit Wochen wieder nach oben, auf Sicht von zwei Jahren von 1,77 Prozent im Oktober 2023 auf zuletzt 2,82 Prozent. Das signalisiert die so genannte Zwei-Jahres-Breakeven-Inflationsrate. Sie wird ermittelt aus der Differenz zwischen der nominalen Rendite einer US-Staatsanleihe mit zwei Jahren Restlaufzeit und der realen Rendite einer indexgebundenen Anleihe mit einer vergleichbaren Laufzeit.

Der Goldpreis ist ebenfalls gestiegen, seit Oktober 2023 um gut 17 Prozent. Für den Preisschub in dieser Woche um zeitweise über 100 Dollar auf ein Rekordhoch von 2141,79 Dollar pro Feinunze haben allerdings nicht die anziehenden Inflationserwartungen gesorgt, sondern eine Rede von Fed-Gouverneur Christopher Waller am vergangenen Freitag auf dem U.S. Monetary Policy Forum in New York.

Offenbar liebäugeln die Fed-Verantwortlichen angesichts der prekären Lage aus zunehmender Inflation und drohendem Treasuries-Tsunami wieder mit einem Griff in die geldpolitische Zauberkiste. Waller sähe es beispielsweise gern, wenn die Fed ihre Bestände an mit Hypotheken besicherten Wertpapieren, so genannten Mortgage-Backed Securities (MBS), auf null reduzierte. Aktuell hält die US-Notenbank noch MBS im Volumen von 2400 Milliarden Dollar.

Waller spricht hier nicht von einer Bilanzverkürzung. Die Fed hätte Pulver für Käufe anderer Vermögenswerte. Sie könnte so umschichten durch einen Aktivtausch, ohne ihre Bilanz auszuweiten. Außerdem wünscht sich Waller eine Umschichtung der Bestände an Staatsanleihen hin zu einem größeren Anteil an Wertpapieren mit kürzeren Laufzeiten. Die Fed hält aktuell lediglich gut 210 Milliarden Dollar an T-Bills mit Laufzeiten von bis zu zwölf Monaten. Das sind weniger als fünf Prozent des gesamten Bestandes an Staatsschuldpapieren auf der Fed-Bilanz und etwa drei Prozent ihres gesamten Wertpapierbestandes.

Waller argumentiert, eine Umstellung auf mehr Schatzwechsel gliche die Laufzeitstruktur stärker an den Leitzins an und ermöglichte, dass Einnahmen und Ausgaben gemeinsam steigen und fallen, wenn die Fed die Zinsen erhöhe oder senke. Übersetzt heißt das: Das Schatzamt wird mehr Schatzwechsel ausgeben, und die Fed sollte mehr davon kaufen.

Waller sagte außerdem: „Dieser Ansatz könnte auch ein künftiges Programm zum Ankauf von Vermögenswerten unterstützen, da wir die kurzfristigen Wertpapiere aus dem Portfolio auslaufen lassen könnten, ohne die Bilanz auszuweiten.“ Dazu passt auch eine Aussage von Lorie Logan, ebenfalls vom vergangenen Freitag. Es sei wahrscheinlich angebracht, das Tempo der Bilanzverkürzung zu verlangsamen, so die Präsidentin der Federal Reserve Bank of Dallas.

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Werden bei der Fed wieder quantitative Lockerungsübungen vorbereitet? Der jüngste Sprung des Goldpreises deutet darauf hin. Gold ist ein ideales Instrument, um Geld in Sicherheit zu bringen – vor einer Kaufkraftentwertung des Dollar oder vor einem größeren Finanzunfall wie einem Crash am US-Bondmarkt. Sollte der Goldpreis jetzt über der Marke von 2100 Dollar konsolidieren und sich über dieser Marke behaupten, wird dem Edelmetall wohl eine lange Hausse bevorstehen.

Lesen Sie auch: Die Sorge vor einem unkontrollierten Anstieg der US-Staatsschulden wächst

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