Beim Öl ist die Marktlage jedoch weit weniger konjunkturgetrieben. Die Ölpreise für amerikanisches Leichtöl der Sorte WTI erklomm gerade erst die Marke von 102 Dollar und näherte sich damit weiter an den Preis für die Nordseesorte Brent an, die zuletzt für 105 Dollar je Barrel zu haben war. Seit Sommer 2011 schwankt der Brent-Preis zwischen 100 und 120 Dollar je Barrel, während sich WTI in dieser Zeit mit deutlichem Auf und Ab zwischen 80 und 110 Dollar bewegte. Insbesondere in den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Abstand zum Brent-Preis jedoch immer weiter verringert. "Wir haben diese Entwicklung vorhergesehen", sagt Weinberg. "Aber wir sind überrascht, dass der Preisunterschied so schnell dahingeschmolzen ist."
Weinberg zufolge wird Öl derzeit mit einer Prämie für die geopolitischen Risiken gehandelt, man dürfe den hohen Ölpreis daher nicht als Zeichen einer aufblühenden Konjunktur werten. Das gelte lediglich für die USA, die vorrangig WTI-Öl produzieren und zugleich der größte WTI-Verbraucher sind. In den vergangenen Monaten hatte sich die Konjunktur in den USA merklich erholt und so auch den Ölpreis für WTI stärker getrieben.
Dass der Regierungssturz in Ägypten dem Ölpreis nun nochmals Schubkraft verlieh, passt in die geopolitische Gemengelage. Ägypten ist zwar kein wichtiger Ölproduzent, aber für die Transportwege des Öls aus dem arabischen Raum ein wichtiges Transitland. "Es gibt noch keine Verwerfungen am Ölmarkt, aber die Risiken in den arabischen Ländern bestehen fort, so dass der Aufschlag auf den Ölpreis weiter hoch bleiben könnte", so Weinberg. "Außerdem fühlt sich die OPEC mit einem Barrelpreis unterhalb der 100-Dollar-Marke unwohl, so dass sie Produktion in so einem Fall drosseln könnte, um den Ölpreis zu stützen. Dazu ist die OPEC jederzeit bereit."
Während der Ölpreis somit mit Ausnahme der USA keine Erholung der Konjunktur anzeigt, sind die Industriemetalle wie Kupfer vor allem ein Indiz für die Schwäche Chinas - und damit der nach wie vor enttäuschenden Weltkonjunktur.
Vor allem der angekündigte geldpolitische Wechsel von US-Notenbankchef Ben Bernanke und die wenig später aufkommenden Sorgen wegen wachsender Risiken im chinesischen Bankensystem haben laut Rohstoffexperten Weinberg die Rohstoffpreise für Industriemetalle stark unter Druck gesetzt. "Wir gehen jedoch nicht von weiteren deutlichen Preisrückgängen aus, sondern sehen die aktuell niedrigen Preisniveaus als langfristig attraktive Kaufgelegenheiten an", resümiert Weinberg. "Unterm Strich sind die Entwicklungen an den Rohstoffmärkten zwar sehr unterschiedlich, aber bei genauerem Hinsehen logisch. Man darf nur nicht den Fehler machen, alle Rohstoffmärkte über einen Kamm zu scheren."