Konjunkturindikator Rohstoffe Rohstoffmarkt sendet verwirrende Signale

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"Nicht alle Rohstoffmärkte über einen Kamm zu scheren"

Wo das Rohöl herkommt
Die Förderung, Verarbeitung und Lieferung von Rohöl ist nicht ungefährlich, wie das Unglück im Golf von Mexiko im Jahr 2010 zeigte. Zudem gewinnen alternative Quellen wie durch „Fracking“ gewonnenes Schiefergas an Bedeutung. Doch die Weltwirtschaft ist nach wie vor auf Öl angewiesen. Welche Nationen den wichtigste Treibstoff der Weltwirtschaft liefern. Quelle: BP, Produktionsdaten für das Jahr 2011. Quelle: dpa
Rang 10: Brasilien Eine Ölbohr-Plattform in einer Bucht bei Rio de Janeiro: Brasilien fördert 2,9 Prozent der weltweiten Ölproduktion. Aus den Ölquellen des Landes strömen täglich rund 2,2 Millionen Barrel Öl. Ein Barrel oder Fass entspricht 159 Litern. Quelle: REUTERS
Rang 9: KuwaitEin kuwaitischer Tanker auf dem Weg nach Texas. Mit einer täglichen Produktion von 2,8 Millionen Fass Rohöl stammen 3,5 Prozent der Weltproduktion aus dem Wüstenstaat. Quelle: AP
Rang 8: MexikoIn Mexiko hält der Staatskonzern Pemex den Treibstoffmarkt weitgehend im Griff. Das Land produziert rund 2,9 Millionen Barrel Öl. Das sind 3,6 Prozent der Weltproduktion. Quelle: REUTERS
Rang 7: Vereinigte Arabische EmirateDie Vereinigten Arabischen Emirate bereiten sich zwar auf die Zeit nach der Öl-Hausse vor. Doch immer noch fördert das Land 3,8 Prozent der globalen Produktion. Das sind rund 3,3 Millionen Fass Öl täglich. Quelle: AP
Rang 6: KanadaDer Künstler Hugh Patterson nimmt die Bedeutung des Öls für Kanada aufs Korn. Insbesondere die Gewinnung des Treibstoffs aus Ölsand steht wegen der Umweltschäden in der Kritik. Das Land steuert 4,3 Prozent der Weltproduktion bei und fördert 3,5 Millionen Fass. Quelle: AP
Rang 5: ChinaDer Energiehunger Chinas klettert mit dem wirtschaftlichen Aufstieg. Das Land produziert auch selbst und schafft es mit einer Tagesproduktion von rund 4 Millionen Barrel auf Rang fünf der Ölförderer. Auf das Reich der Mitte entfallen 5,1 Prozent der Weltproduktion. Quelle: rtr

Beim Öl ist die Marktlage jedoch weit weniger konjunkturgetrieben. Die Ölpreise für amerikanisches Leichtöl der Sorte WTI erklomm gerade erst die Marke von 102 Dollar und näherte sich damit weiter an den Preis für die Nordseesorte Brent an, die zuletzt für 105 Dollar je Barrel zu haben war. Seit Sommer 2011 schwankt der Brent-Preis zwischen 100 und 120 Dollar je Barrel, während sich WTI in dieser Zeit mit deutlichem Auf und Ab zwischen 80 und 110 Dollar bewegte. Insbesondere in den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Abstand zum Brent-Preis jedoch immer weiter verringert. "Wir haben diese Entwicklung vorhergesehen", sagt Weinberg. "Aber wir sind überrascht, dass der Preisunterschied so schnell dahingeschmolzen ist."

Weinberg zufolge wird Öl derzeit mit einer Prämie für die geopolitischen Risiken gehandelt, man dürfe den hohen Ölpreis daher nicht als Zeichen einer aufblühenden Konjunktur werten. Das gelte lediglich für die USA, die vorrangig WTI-Öl produzieren und zugleich der größte WTI-Verbraucher sind. In den vergangenen Monaten hatte sich die Konjunktur in den USA merklich erholt und so auch den Ölpreis für WTI stärker getrieben.

Dass der Regierungssturz in Ägypten dem Ölpreis nun nochmals Schubkraft verlieh, passt in die geopolitische Gemengelage. Ägypten ist zwar kein wichtiger Ölproduzent, aber für die Transportwege des Öls aus dem arabischen Raum ein wichtiges Transitland. "Es gibt noch keine Verwerfungen am Ölmarkt, aber die Risiken in den arabischen Ländern bestehen fort, so dass der Aufschlag auf den Ölpreis weiter hoch bleiben könnte", so Weinberg. "Außerdem fühlt sich die OPEC mit einem Barrelpreis unterhalb der 100-Dollar-Marke unwohl, so dass sie Produktion in so einem Fall drosseln könnte, um den Ölpreis zu stützen. Dazu ist die OPEC jederzeit bereit."

Während der Ölpreis somit mit Ausnahme der USA keine Erholung der Konjunktur anzeigt, sind die Industriemetalle wie Kupfer vor allem ein Indiz für die Schwäche Chinas - und damit der nach wie vor enttäuschenden Weltkonjunktur.

Vor allem der angekündigte geldpolitische Wechsel von US-Notenbankchef Ben Bernanke und die wenig später aufkommenden Sorgen wegen wachsender Risiken im chinesischen  Bankensystem haben laut Rohstoffexperten Weinberg die Rohstoffpreise für Industriemetalle stark unter Druck gesetzt. "Wir gehen jedoch nicht von weiteren deutlichen Preisrückgängen aus, sondern sehen die aktuell niedrigen Preisniveaus als langfristig attraktive Kaufgelegenheiten an", resümiert Weinberg. "Unterm Strich sind die Entwicklungen an den Rohstoffmärkten zwar sehr unterschiedlich, aber bei genauerem Hinsehen logisch. Man darf nur nicht den Fehler machen, alle Rohstoffmärkte über einen Kamm zu scheren."

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