Neue-Markt-Pleitier Comroad Das fabelhafte Strandleben des Skandalmanagers

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"Luxuriöser Lebensstil liegt mir nicht"

Privat hat Schnabel sich zumindest zeitweise auf den Bahamas niedergelassen, in der elitären Wohnanlage Sandyport. Er lebe dort seit über fünf Jahren, gab Schnabel im vergangenen Jahr bei Wahlen der Eigentümerverwaltung an. Aktuell ist die von ihm bewohnte Villa – schneeweißes Dach, eigener Bootssteg und etwa 350 Quadratmeter Wohnfläche – laut Makleranzeigen für 1,25 Millionen Dollar zu haben. Es handle sich aber nur um ein Ferienhaus, in dem er „einige Wochen pro Jahr“ verbringe, sagt Schnabel. Eigentümer sei „ein Freundeskreis“. Ob und zu welchem Anteil auch er Eigentümer ist, will Schnabel nicht sagen. Fotos im Internet zeigen ihn bei einem Autorennen mit einer Dodge Viper, einem Sportwagen, oder beim Hochseefischen mit Motoryacht. Die Yacht ist laut Schnabel aber nur gechartert, der Sportwagen nicht mehr in seinem Besitz. Unter seinen Facebook-Kontakten tummeln sich Models und Barfrauen aus Nachtclubs. Natürlich gehe er gerne mit Freunden in Restaurants und Bars, sagt Schnabel dazu. Aber: „Ein luxuriöser Lebensstil liegt mir nicht.“

Die größten Anlegerskandale
InfinusAnlagebetrug im großen Stil wird der Dresdener Finanzgruppe Infinus vorgeworfen. Das Unternehmen soll 25.000 Anleger um ihr Geld gebracht haben. Summe: 400 Millionen Euro. Acht Infinus-Mitarbeiter sollen so genannten Orderschuldverschreibungen mit falschen Angaben zum Vermögen und Erträgen von Emittenten ausgegeben haben, gegen sie ermittelt nun die Staatsanwaltschaft. Bild: Infinus Hauptsitz. Quelle: dpa
Ordnerschuldverschreibungen sind Wertpapiere, bei denen sich ein Schuldner verpflichtet, an einen namentlich genannten Gläubiger zu zahlen. Die Forderung ist übertragbar. Die Anlageform gilt als riskant, weil es kein Einlagesicherungssystem vorsieht, das die Anleger vor Totalverlust schützt. Nun prüft die Staatsanwaltschaft, ob es sich um ein Schneeballsystem gehandelt habe. Dabei werden Zahlungen an Anleger durch die Einlagen von Neukunden finanziert. Quelle: dpa
Infinus wurde 2002 in Dresden gegründet und wuchs seitdem rasant. Nach eigenen Angaben hat der Finanzdienstleister im vergangenen Jahr einen Umsatz von knapp 22 Millionen Euro erzielt - das entspricht einem Plus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das verwaltete Vermögen stieg sogar um 47 Prozent auf 820 Millionen Euro, wie das Unternehmen mitteilte. Es ist nicht der einzige Finanzdienstleister, dem die Anleger misstrauen können…Bild: Firmensitz in Dresden. Quelle: dpa
S&KSaga und schreibe 85 Verdächtige und eine 20.000 Seiten dicke Verfahrensakte kann der durch eine bundesweite Großrazzia Februar 2013 bekannt gewordene Skandal um die S&K-Gruppe vorweisen. Die Frankfurter Immobiliengruppe könnte – ähnlich wie der Verdacht bei Infinus – die Anleger mittels eines Schneeball-Systems geprellt haben. Das Geld der Neuanleger sollen S&K-Mitarbeiter nicht investiert, sondern an alte Gläubiger ausgeschüttet haben. Der Schaden bewege sich in dreistelliger Millionenhöhe, schätzen Ermittler. Ob für die Investoren noch etwas zu holen ist, ist fraglich. Allerdings hat das zuständige Frankfurter Amtsgericht zumindest im Fall eines Privatanlegers entschieden, dass dieser mittels eines „Dinglichen Arrest“ in das von der Staatsanwaltschaft sichergestellte Vermögen hineinvollstrecken könne. Quelle: dpa
Eine Liste der beschlagnahmten Dinge ist im Bundesanzeiger veröffentlicht: Drei Rolex, Goldbaren, Motorräder – Die S&K-Chefs Jonas Köller und Stephan Schäfer waren nicht gerade für ihren bescheidenen Lebensstil bekannt. Für eine seiner Veranstaltungen mietete Köller gar einen Elefanten. Die Gelder der Anleger sollen die Firmenchefs laut Staatsanwaltschaft veruntreut haben, um ihren exzessiven Lebensstil zu finanzieren. Weniger glamourös ergeht es den beiden nun: Im September stürzte Stephan Schäfer mit Handschellen gefesselt aus dem ersten Stock im Gebäude des Frankfurter Landgerichts. Der 34-Jährige zog sich schwere Verletzungen zu. Foto: Stephan Schäfer und Jonas Köller mit Partygästen.
Wölbern InvestNoch vor wenigen Monaten galt Wölbern Invest vielen Anlegern noch als eine gute Adresse: Auf seiner Homepage verkaufte sich die Hamburger Gesellschaft als ein „traditionelles Emissionshaus“, das „konservativ kalkulierte geschlossene Fonds“ für Private Equity und Immobilien initiiere. 30 geschlossene Fonds verwaltet das Haus. Gegen den Geschäftsführer Heinrich Maria Schulte ermittelt nun die Hamburger Staatsanwaltschaft – wegen Untreue in mehr als 300 Fällen. Schulte soll 137 Millionen Euro an Anlegergeldern aus den Fonds abgezweigt haben. Bereits im April dieses Jahres wurde Schulte deswegen verhaftet. Zu den Vorwürfen wollte er sich nicht äußern.Foto: Heinrich Maria Schulte Inhaber und Geschäftsführer von Wölbern Quelle: Presse
WGF71 Millionen Euro Bilanzverlust zwangen die Düsseldorfer Immobilienfirma WGF 2012 in die Insolvenz. Ihre Immobilienkäufe und Projekte finanzierte das Unternehmen über Hypothekenanleihen. Zinsen: 6,35 Prozent Zinsen. Zwischen Dezember 2012 und Juli 2017 hätte die WGF Anleihen im Volumen von 194,9 Millionen Euro zurückzahlen müssen. Die spannende Frage vieler Anleger lautet nun, ob die Firma auch insolvent ihre Schulden bedienen kann. Die Insolvenz betreibt die Immobilienfirma in Eigenregie: Anders als bei der Regelinsolvenz bleibt der Vorstand im Amt. Zwischen ihm und den Anwälten der Gläubiger fliegen derzeit die Fetzen. Tritt ein Insolvenzplan in Kraft, können Anleger damit rechnen, zwischen 44 und 60 Prozent ihres Geldes zurückzubekommen. Wird dieser abgelehnt und die Gesellschaft zerschlagen, wären das rund 19 Prozent. Für Unmut sorgte auch die Erfolgsbeteiligung im Falle eines Insolvenzplans der des WGF-Vorstandschefs Bernd Deppin sowie des Beraters der Firma, Arno Hasenhorst.Bild: WGF-Vorstand Pino Sergio. Quelle: Presse

Im Internet hat Fiebig Schnabels Telefonnummer aufgespürt. Er war überrascht, als Schnabel sich wirklich meldete. „Schnabel sagt, dass er kein Geld hat“, sagt Fiebig. Er glaubt das nicht. Im Februar dann bekam er per E-Mail ein Vergleichsangebot: Weniger als 2500 Euro, fünf Prozent von Fiebigs Investment, will Schnabel zahlen. Er bedaure „die entstandenen Probleme bei der Comroad AG“. Das Strafurteil gegen ihn sei aber rechtswidrig gewesen, behauptet Schnabel. Da sich die Schadensersatzklagen auf dieses Urteil stützten, seien Forderungen „streitig und außerhalb Deutschlands auf keinen Fall durchsetzbar“. Fiebig hält die Argumente für „reine Nebelkerzen“, das Angebot sei inakzeptabel. Doch solange Schnabel im Ausland wohnt, kommt er nicht an sein Geld. „Auf den Bahamas vollstrecken zu wollen ist utopisch“, sagt Bernd Jochem, Partner der Kanzlei Rotter, die Hunderte Comroad-Anleger vertreten hat.

Gläubiger tummeln sich

Fiebig versucht sein Glück deshalb auch in Deutschland. Ein Einfamilienhaus, zwischen München und Ingolstadt gelegen, hat er aufgespürt, für das Schnabel als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Mittlerweile hat Fiebig für sich als Gläubiger eine Hypothek eintragen lassen. Allerdings steht er dort nur an Position 19.

Sportlicher Ehrgeiz: Lehrer und Ex-Comroad-Aktionär Fiebig, 40, will sein Geld zurück - vom Ex-Chef Schnabel. Quelle: Nils Hendrik Müller für WirtschaftsWoche

Vor ihm tummeln sich andere Gläubiger, darunter der Freistaat Bayern. Der stand Comroad-Aktionären von Anfang an eher im Weg als zur Seite. So ordneten die Richter bei Schnabels Verurteilung 2002 den Verfall des beschlagnahmten Vermögens an. Rund 20 Millionen Euro sollten so an den Staat fallen. Die Regel soll sicherstellen, dass Straftäter aus ihrer Tat keinen Vorteil ziehen. Doch sie sieht eine Ausnahme vor: Gibt es Geschädigte, denen Schadensersatzansprüche zustehen, ist der Verfall nicht nötig. Schließlich bekommen in diesem Fall die Geschädigten ihr Geld zurück; der Täter hat keinen Vorteil. Die Comroad-Aktionäre wurden aber nicht als Geschädigte angesehen. Die Verfolgung von Insiderhandel und Kursbetrug diene dem Schutz des Wertpapierhandels, nicht dem von Aktionären. In Fiebigs Ohren klingt das wie Hohn. Erst 2010 führte ein Beschluss des Bundesgerichtshofs dazu, dass auch Aktionäre in solchen Fällen als Geschädigte angesehen werden. Rückwirkend gilt das nicht.

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