Türkei
Wichtiges Anlageziel für einige Osteuropafonds ist die Türkei. Nachdem die türkische Wirtschaft 2011 um 8,5 Prozent gewachsen war, dürfte sich das Wachstum im laufenden Jahr auf 2,8 Prozent abschwächen. Doch das ist im Vergleich immer noch hoch – vor allem vor dem Hintergrund enger Handelsbeziehungen in Europa und der anhaltenden Euro-Krise. Seit der Heraufstufung des Landes durch die Ratingagentur Fitch in die Investmentklasse Anfang November gelten türkische Staatsanleihen erstmals seit 18 Jahren nicht mehr als Ramsch-Investment, sondern als durchschnittlich gute Anlage.
Davon haben vor allem Banken profitiert, deren Notierungen an der Börse schon die Hälfte des Aktienmarktes ausmachen. Der große Türkei-Hype könnte damit zwar schon wieder vorbei sein, und die engen Wirtschaftsbeziehungen zum Iran und Syrien sowie der derzeit schwelende Konflikt mit dem Assad-Regime bereiten Investoren Sorgen. Doch auch wenn die Türkei 2013 nicht wieder der Überflieger wird, können Anleger weiter auf gute Einzelwerte setzen. Aktien in Märkten mit lokalem Wachstum und Profiteure des Niedrigzinsumfelds haben Chancen.
Das sieht auch ING-Manager Griffiths so: "Dank ihrer jungen Bevölkerung profitiert die Türkei von starken Wachstumsimpulsen. Die Nähe zu den bevölkerungsreichen Märkten des Nahen und Mittleren Osten sowie Afrikas bietet zudem ein erhebliches Potenzial." Auch die Privatwirtschaft in der Türkei sei gut entwickelt, erklärt Griffiths weiter. "Damit sind die Weichen gestellt, um künftige Chancen zu nutzen und weiter zu expandieren." Derzeit ist vor allem für Banken das Umfeld gut. Der Türkei-lastige Renaissance Ottoman Fund etwa setzt vor allem auf die Finanzwerte Turkiye Garanti Bankasi, Akbank, Vakiflar Bankasi und die Raffinerie Tupras.
Boombranchen im Osten
Es sind also vor allem die Sektoren Energie, Banken und Rohstoffe, die sich für ein Investment empfehlen – vor allem aus Polen, Tschechien und Russland. Vielversprechend sind auch die Märkte in Ländern wie Kasachstan, dem Baltikum und Rumänien. In Kasachstan sind vor allem Minenunternehmen für Eisenerz und Kupfer vielversprechend. Im Baltikum sind es hingegen schon eher die Konsumwerte, in die ein Investment lohnen könnte - vom estnischen Casinobetreiber, über den Fährschiffbetreiber bis hin zum Wäscheproduzenten. Nachdem die Region schwierige Anpassungen vorgenommen hat und seine Wettbewerbsfähigkeit weiter steigern konnte, brechen gute Zeiten an.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Verdrängungswettbewerb drückt die Preise
Einige Wirtschaftsbereiche sind in Osteuropa allerdings schon so gut entwickelt, dass Anleger Zurückhaltung üben sollten. „Vorsichtig sind wir allerdings bei Telekommunikationsunternehmen“, gibt Fondsmanager Brück zu. „Die Unternehmen in Osteuropa stehen hier vor ähnlichen Herausforderungen wie unsere westlichen Märkte vor ein paar Jahren. Der Verdrängungswettbewerb drückt die Preise und damit auch die Gewinnmargen der Unternehmen. Wir rechnen damit, dass in diesem Bereich auch die Dividenden gekürzt werden. Gleiches gilt für die Energieversorger. In Polen etwa sind die Strompreise in diesem Jahr um 25 Prozent gefallen.“
Banken hingegen sind in osteuropäischen Ländern trotz Eurokrise noch immer ein solides Investmentthema. Die Bankbilanzen und Geschäftsmodelle sind klassisch: Banken vergeben die Spareinlagen als Kredite an die Wirtschaft. Polen etwa hat den Bankensektor am besten reguliert. Dort sehen wir ein solides Kreditwachstum um fünf bis zehn Prozent. Zudem stabilisiert sich der Anteil notleidender Kredite. Aktien wie die der tschechischen Komerční Banka oder der Bank Pekao sind auch wegen ihrer Dividendenrendite von vier bis 4,5 Prozent für Anleger interessant.
Anleger, die an einem Investment in Osteuropa interessiert sind, können aus zahlreichen Fonds auswählen oder sich mit Einzelaktien versuchen. Fonds bieten den Vorteil, dass die Manager zum Teil auch in kleine oder mittelgroße Werte investieren können, ohne ihre Risikostreuung zu gefährden. An den Aktienmärkten ist allerdings Timing gefragt. „Die derzeit günstigen Bewertungen können Anleger nutzen, um sich bis zum Jahresende erste Positionen aufzubauen“, so Brück. „Kommt es wie erhofft zu einer Stabilisierung der Konjunktur im Frühjahr, ist dann die Zeit gekommen, den zweiten Fuß ebenfalls durch die Tür zu schieben.“