In Ihrem Buch kritisieren Sie, das geschaffene Wachstum sei nur quantitativ, aber nicht qualitativ. Wie sähe denn qualitatives Wachstum aus?
Qualitatives Wachstum beruht auf sinnvollen Investitionen aus unternehmerischer Sicht. Die Konjunkturpakete à la Keynes manifestieren sich hingegen beispielsweise in den Geisterstädten Chinas oder Brücken in Japan, die ins Nirgendwo gebaut werden. Das alles passiert nur, um etwas Wachstum zu erzeugen. Das heißt, wenn wir einen Schuldenabbau sehen, dann rumpelt es im System. An diesem Punkt sind wir angekommen.
Wo wird die Krise ihrer Meinung nach diesmal zuerst in Erscheinung treten?
Um unseren Berater im Advisory Board James Rickards, einen der weltweit bekannteste Vertreter der so genannten Komplexitätstheorie, zu zitieren: Es ist nicht möglich, im Vorhinein herauszufinden, welche Schneeflocke die Lawine auslöst. Aber es ist sehr wohl möglich, die Gefahr einer Lawine aufgrund der angehäuften Schneemenge einzuschätzen. Ich kann dieser Analogie einiges abgewinnen. Das System ist seit 2008 definitiv nicht stabiler geworden. Die größten Banken sind noch größer, die Volumen der Wertpapierwetten außerhalb der regulierten Börsen sind ebenfalls weiter gewachsen. Potenzielle „Schneeflocken“ für die nächste Lawine gibt es genug. Die Kredit- und Immobilienblase in China wird immer wieder als Gefahr genannt. Als Indikator für potenziell unruhigere Zeiten würde ich jedenfalls die Risikoprämien für Anleihen genau beobachten, denn wenn die Marktteilnehmer die Sicherheit der Anleihen hinterfragen, könnte die derzeitige Aktienrally zu einem jähen Ende kommen.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
Und was würde im schlimmsten Fall passieren?
Ich bin eigentlich Optimist und glaube nicht an den bevorstehenden Weltuntergang. Nichts desto trotz ist eine stete Sozialisierung des Systems mit immer tieferen Einschnitten in das Privatleben ein Szenario, welches ich fürchte. Eine stetig steigende Staatsquote erfordert immer mehr Einnahmen aus Steuern und Gebühren. Um diese Gelder einzutreiben wird vor immer weniger zurückgeschreckt. Der Staat forciert sukzessiv den bargeldlosen Geldverkehr. Auch eine „Japanisierung“ unserer Wirtschaft kann ich mir gut vorstellen. Das Gefahrenpotenzial aus Japan wird meiner Meinung nach generell unterschätzt. In Japan beträgt die Inflationsrate bereits 3,5 Prozent. Die zehnjährigen Staatsanleihen bringen nur mehr eine Rendite von unter 0,6 Prozent – ein schlechtes Geschäft für die Pensionskassen. Die Schulden müssen früher oder später beglichen werden. Entweder durch einen Schuldenschnitt, unter dem auch die Privatbevölkerung – allen voran die Pensionäre - massiv leiden würde, oder durch eine massive Abwertung der Währung. Es kann auch eine Kombination aus beidem sein. Die finanzielle Repression – also der reale Verlust von Vermögen - wird zunehmen.
Die Inflation ist hierzulande niedrig, im Gegenteil herrscht die Sorge vor fallenden Preisen vor. Besteht also überhaupt die Gefahr stark steigender Inflationsraten?
Man muss fallende Preise, also Preisdeflation, von einer Schrumpfung der Kreditmenge, oder monetärer Deflation unterscheiden. Als Privatperson fürchten wir uns eigentlich gar nicht vor fallenden Preisen, im Gegenteil. Leicht fallende Preise stellen in einem gesunden Geldsystem grundsätzlich kein Problem dar. Unser derzeitiges Schuldgeldsystem benötigt jedoch permanente Geldmengenausweitung und ständige Preisinflation. Preisdeflation ist in diesem Geldsystem ein Symptom von schrumpfenden Kreditmengen und hat unangenehme Auswirkungen auf die Realwirtschaft.
Welche Folgen sehen Sie?
Bei Deflation würden sich die Steuereinnahmen massiv verringern, die Banken hätten weder Spareinlagen noch Kreditnachfrage. Es würde eine Spirale drohen, in der es schnell eine Bank nach der anderen erwischt. Kreditdeflation ist für die Gesellschaft sehr schmerzhaft. Aufgrund der hohen Schulden der Staaten und mittlerweile auch der Unternehmen und Privatleute können die Realzinsen aber nicht mehr ansteigen, weil höhere Zinsen der Todfeind für die hochverschuldeten Staaten ist. Ohne höhere Zinsen fehlt den Staaten wiederum der Anreiz zu mehr Haushaltsdisziplin. Der einzige Ausweg bleibt Inflation. Die systemische Inflationssucht stammt aus unserem derzeitigem Geldsystem.